"Die Löhne werden in diesem Jahr nicht an den Index angepasst", lautet die Schlagzeile bei Het Laatste Nieuws. Die Zeitung wertet die Entscheidung, die Gehälter nicht wie gewohnt an die gestiegenen Lebenshaltungskosten anzugleichen, in ihrem Kommentar als langsamen Abschied von dem Indexsystem allgemein und schreibt: Von der OECD über die Europäische Kommission bis hin zum Internationalen Währungsfonds, alle raten Belgien dazu, das Indexsystem abzuschaffen.
Auch andere Staaten haben das gemacht, und die Armut ist dort deshalb nicht gestiegen. Warum sollte es in Belgien anders sein? Doch statt den klaren Schnitt zu machen, geht Premierminister Elio Di Rupo vorsichtig vor. Nicht nur, dass zwischen 2013 und 2015 die Löhne überhaupt nicht mehr ansteigen werden, sondern auch die Berechnung der Lebenshaltungskosten wird langsam ausgehöhlt.
Tabak und Alkohol werden schon längst nicht mehr mitberechnet. Mittlerweile ist der Warenkorb auf ein "Aldi-Format" geschrumpft, wo die Preise von Couscous und Salz zum Maßstab genommen werden. Zwar ist die Entscheidung, die Gehaltsanpassung auszusetzen, nicht sehr pädagogisch - was sonst immer ein Anliegen von Di Rupo ist - aber an Klarheit lässt sie nichts zu wünschen übrig, findet Het Laatste Nieuws.
Private Videoaufnahmen: sinnvoll oder kriminell?
Het Nieuwsblad und Het Belang Van Limburg greifen das Thema Privatsphäre auf. Anlass sind private Videoaufnahmen von Verkehrsdelikten. Innerhalb einer Woche konnten zwei Verkehrsrawdies identifiziert werden, weil andere Verkehrsteilnehmer sie gefilmt hatten.
Het Nieuwsblad schreibt dazu: Auf der einen Seite sind diese Aufnahmen eine gute Sache. Sie haben geholfen, die Übeltäter zu fassen. Auf der anderen Seite werfen die Aufnahmen Fragen auf. Was soll und was darf alles gefilmt werden? Und wozu werden die Aufnahmen, die im Internet veröffentlicht werden, noch führen?
Schnell könnte es dazu kommen, dass es neben der Privatermittlung auch zu einer Selbstjustiz kommt. Zumal unser Vertrauen in die Polizei sowieso nicht das größte ist. So weit darf es in einem Rechtsstaat nicht kommen. Es ist wichtig, dass hier bald Grenzen gezogen werden, meint Het Nieuwsblad.
Het Belang Van Limburg ist noch kritischer: Wir fordern von der Politik den Schutz unserer Privatsphäre. Aber was machen wir selbst? Wir respektieren die Privatsphäre unserer Umgebung nicht. Wir filmen einfach alles und stellen es ins Internet. Egal, ob der Gefilmte das will oder nicht.
So wird unser ganzes Leben zu einem öffentlichen Spektakel. Alles kann und wird potentiell aufgenommen und veröffentlicht. "Big Brother is watching you" wird so zur Wirklichkeit. Ist das nicht auch eine Form des kriminellen Handelns?, fragt Het Belang Van Limburg.
Kriminalität: Brüssel ohne Plan
De Morgen macht sich Gedanken zum Ruf von Brüssel als Stadt mit hoher Kriminalitätsrate. Das Thema wird immer emotional geführt und jede neue Schießerei, wie kürzlich geschehen, facht die Debatte wieder an. Dabei sinkt die Zahl der Straftaten, und eigentlich ist klar, wie man das Image von Brüssel aufpolieren kann.
Berlin, New-York, Amsterdam, auch viele Städte in Flandern haben das gezeigt. Man braucht ein langfristig angelegtes Projekt und den Willen der Bürgermeister, um Veränderungen zu erreichen. Ergebnis: Die Städte werden sicherer, bunter und die verschiedenen Bevölkerungsgruppen sind besser integriert.
In Brüssel fehlt so ein Projekt. Schuld daran ist die unsichere politische Zukunft der Hauptstadt. Sie ist das größte politische Problem, das Belgien zurzeit hat, glaubt De Morgen.
L'Echo fragt sich, ob die kurzzeitig entbrannte Diskussion um einen neuen Schuljahreskalender Konsequenzen haben wird, und schreibt: Die Debatte wird schnell wieder verstummen. Neue Zeitstrukturen in der Schule sind ein zu heißes Eisen. Vor den Wahlen wird es keiner anpacken wollen.
Viel leichter war es, die Namen der Ferien zu ändern. Aus Weihnachts- wurden Winterferien, aus Oster- wurden Frühlingsferien. Und für Karneval sagt man jetzt… Entspannung. Diese Veränderung verdanken wir der Föderalregierung. Gestritten wurde darum nicht, denn es hört sich ja schön politisch korrekt an, so die Wirtschaftszeitung.
Türkei: Korruptionsskandal hilft
La Libre Belgique wirft ein Blick auf die Türkei: Der Kampf von Premierminister Erdogan gegen Bestechung und Korruption in höchsten politischen Kreisen ist auf der einen Seite ein Skandal, auf der anderen Seite ein heilender Prozess. Skandal, weil Erdogan sich von Leuten trennt, die ihn bisher unterstützt haben. Sein eigenes Image leidet darunter. Heilender Prozess, weil die Säuberung für mehr Transparenz sorgen wird. Für die Demokratie in der Türkei kann das nur gut sein, findet La Libre Belgique.
Bild: Matthieu Capoen (belga)