"Die Belgier wollen mehr Verkehrskontrollen", schreibt La Dernière Heure auf ihrer Titelseite. Het Nieuwsblad meint: "Belgier fordern strengere Regeln, darunter Nulltoleranz für Alkohol am Steuer".
Was auffällt, bemerken beide Blätter: Gleichzeitig geben viele Belgier zu, regelmäßig gegen Verkehrsregeln zu verstoßen. Das geht aus der aktuellen Umfrage zur Verkehrssicherheit vom zuständigen Institut IBSR hervor.
Demnach halten sich die Befragten nicht immer an Geschwindigkeitsbegrenzungen, steigen ab und zu unter Alkoholeinfluss hinters Steuer und tragen nur selten einen Helm beim Radfahren.
Das ist schon merkwürdig, hebt Het Nieuwsblad hervor. Auf der einen Seite fordern wir mehr Kontrollen, auf der anderen Seite geben wir aber zu, uns nicht immer an die Straßenverkehrsordnung zu halten. Jeden Tag aufs Neue müssen wir uns zu mehr Disziplin und Verantwortung zwingen.
Het Belang Van Limburg fügt hinzu: Nicht nur die anderen Autofahrer sind die Bösen, auch wir begehen jeden Tag unnötig Fehler. Mehr Kontrollen, aber zugleich auch mehr Selbstdisziplin sind nötig, um unsere Straßen sicherer zu machen.
Der Bürgermeister und sein Alkohol-Scherz
Passend dazu berichtet De Morgen: Beim Neujahrsempfang seiner Kommune hat der Bürgermeister des ostflämischen Ninove erklärt, am Abend gebe es keine Alkoholkontrollen. Die unterschwellige Botschaft: Wer beim Umtrunk zu tief ins Glas schaut, hat nichts zu befürchten. Die Opposition spricht von einem Skandal. Innenministerin Jöelle Milquet hat eine Untersuchung des Vorfalls angeordnet. Der Betroffene selbst, Bürgermeister Michel Casteur von der Open Vld erklärte, er habe nur einen Scherz gemacht.
Immer mehr Wallonen arbeiten in Flandern
De Standaard berichtet auf Seite eins, dass immer mehr Wallonen täglich die Sprachengrenze passieren, um in Flandern arbeiten zu gehen. Inzwischen sind es 50.000. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren waren es ein Viertel weniger, im Jahr 2000 sogar zehn Mal weniger.
Für die Zunahme gibt es mehrere Gründe: Das Jobangebot im Norden des Landes ist größer, in einigen Wirtschaftszweigen herrscht Fachkräftemangel. Außerdem arbeiten das VDAB und das Forem, die Arbeitsämter von Flandern und der Wallonie enger zusammen.
"Endlich wird Belgien ein normales Land", findet De Standaard. In allen anderen Staaten der Welt sind solche Kooperationen selbstverständlich - hierzulande hat es lange gedauert, ehe wir das begriffen haben. Beide Seiten profitieren: Flandern ist zufrieden, weil die freien Stellen besetzt werden; und die Wallonie, weil sie einige Arbeitslose weniger hat.
Nach der Staatsreform…
"Belgien ist dabei, ein neues Land zu werden", hebt La Libre Belgique hervor. Die Föderalregierung hat gestern die Gesetzestexte der Staatsreform den Ministerpräsidenten der Teilstaaten offiziell überreicht. Damit ist die Sechste Staatsreform besiegelt. Gemeinschaften und Regionen erhalten dadurch deutlich mehr Zuständigkeiten und mehr Macht, meint L'Avenir.
Jedoch wird die größte Föderalismusreform seit Jahrzehnten in Belgien auf beiden Seiten der Sprachengrenze unterschiedlich bewertet, hebt L'Echo hervor. Während sie im Norden des Landes als große Chance verstanden wird, wird sie im Süden teilweise als Gefahr angesehen, die man zudem nicht unbedingt gewollt hatte.
Trotzdem: Die wallonischen Politiker täten gut daran, jetzt nach vorn zu blicken. So oder so, sie werden mit dieser Staatsreform leben müssen. Besser wäre deshalb, ihre ganze Energie in die positive Umsetzung zu stecken, statt der Vergangenheit nachzutrauern, findet L'Echo.
… beginnt der Wahlkampf
Le Soir meint: Jetzt, wo die Staatsreform endgültig besiegelt ist, wird das Kriegsbeil ausgegraben. Aus den einstigen Koalitionären werden Konkurrenten. Gut zwei Jahre nach ihrem Antritt hat die Föderalregierung den Koalitionsvertrag so gut wie abgearbeitet. Die sechs Parteien haben von nun an nur noch die Wahlen von 25. Mai im Kopf. Das Blatt sagt voraus, dass der Zusammenhalt auf das Mindeste beschränkt und jetzt jeder für sich um die Gunst der Wähler buhlen wird.
Gazet Van Antwerpen schreibt: Die Regierung Di Rupo hat mehr erreicht als zu Beginn befürchtet. Erinnern wir uns, die Koalition war unter schwierigen Umständen nach der längsten politischen Krise in Belgiens Geschichte entstanden. Um ihr Programm zu verwirklichen, hatte sie nur zweieinhalb Jahre. Die Koalition hat für Stabilität gesorgt und Belgien international wieder glaubwürdig gemacht. Allerdings scheint die Zeit jetzt vorbei zu sein. Vier Monate vor dem Urnengang wird der Wahlkampf bereits eingeläutet. Nichts geht mehr in der Rue de la Loi. Anscheinend waren zweieinhalb Jahre noch zu viel für diese Regierung, urteilt das Blatt.
Pauwels nimmt Abschied von der Welt
Het Laatste Nieuws nimmt Abschied von Belgiens ältestem Athleten. Der 95-jährige Emiel Pauwels gilt als Lauf-Legende. Noch bei der Senioren-EM im vergangenen Jahr in Spanien holte er mehrere Medaillen. Doch Pauwels leidet an einer unheilbaren Krebserkrankung und hat sich entschieden, die aktive Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Kurz vor seinem Ableben hat er gestern ein Fest mit zahlreichen Verwandten und Bekannten organisiert und auf sein - wie er sagt - "erfülltes Leben" ein letztes Mal angestoßen…
Foto: Dirk Waem (belga)