"Jeder hackt auf Labille herum", titelt De Morgen. "Die Deckelung der Manager-Gehälter gerät zur politischen Schlammschlacht", so die Schlagzeile von Le Soir. Der Minister für Staatsbetriebe, Jean-Pascal Labille (PS), ist im Zentrum einer Polemik.
Labille hatte Obergrenzen festgelegt für Manager in Staatsbetrieben und auch in börsennotierten Unternehmen, bei denen der Staat die Mehrheit hält. Demnach dürfen die Geschäftsführer von Belgacom und Bpost höchstens 650.000 Euro pro Jahr verdienen. Postchef Johnny Thijs nahm daraufhin seinen Hut. Er fühlt sich nach eigener Aussage respektlos behandelt.
Seit der Ankündigung von Johnny Thijs hagelt es nun Kritik. Vor allem die flämischen Koalitionspartner CD&V und Open VLD lassen kein gutes Haar an Jean-Pascal Labille. Der CD&V-Altpremier Jean-Luc Dehaene und auch EU-Kommissar Karel De Gucht (Open VLD) übten öffentlich Kritik an der Haltung Labilles, dem sie im wesentlichen Dogmatismus vorwerfen. Die Open VLD behauptet gar, dass der Minister sich nicht an die Absprachen gehalten hat, wie unter anderem Het Laatste Nieuws berichtet. Das wäre also ein Vertrauensbruch. Auch die flämischen Arbeitgeber, allen voran der VOKA, laufen Sturm gegen Jean-Pascal Labille, wie Le Soir hervorhebt.
Die Rückkehr der RTT?
Het Laatste Nieuws schließt sich in seinem Leitartikel den Kritikern an: Wenn Jean-Pascal Labille so weiter macht, dann haben wir bald die alte RTT zurück, durch und durch politisierte Staatsbetriebe. Es sitzt ein Hugo Chavez in der Regierung. Und die Liberalen schauen tatenlos zu. Die Parteichefin und auch die Minister der Open VLD schweigen jedenfalls, ebenso wie die Verantwortlichen der CD&V. So gewinnt man die zu N-VA abgewanderten Unternehmer nicht zurück.
Auch De Standaard kritisiert die Haltung von CD&V und Open Vld. Der Eindruck, der hier entstanden ist, ist desaströs. Beide Parteien kritisieren zwar die Entscheidung von Labille, konnten sie aber offensichtlich nicht verhindern. Sie vermitteln also das Bild der kleinen flämischen Parteien, die sich von der PS herumkommandieren lassen. Wenn das so weiter geht, dann braucht die N-VA gar keinen Wahlkampf mehr zu führen. Elio Di Rupo hat die Sprengkraft der Akte offensichtlich unterschätzt.
Lagerwahlkampf um Managerbezüge?
Für Le Soir hingegen ist hier viel Scheinheiligkeit im Spiel. Vor nicht allzu langer Zeit waren sich alle einig, dass mit den astronomischen Gehältern Schluss sein müsse. Jetzt, wo Johnny Thijs seinen Abgang angekündigt hat, gehen plötzlich alle in Deckung. Durch ihre feige Haltung spielen die Mitte-Rechts-Parteien wie die Open Vld, die CD&V und auch die MR aber den beiden stärksten Parteien des Landes in die Karten. Labille hat mit Erfolg einen Lagerwahlkampf provoziert: Rechts gegen Links. Das ist das Traum-Szenario der N-VA und auch der PS.
Die Debatte ist offenkundig entgleist, glaubt Het Nieuwsblad. Wahrscheinlich hat sich die Politik tatsächlich Johnny Thijs gegenüber respektlos verhalten. Er hat die Post erst entstaubt und dann auch noch an die Börse geführt. Doch muss man immer noch über seine Bezüge reden dürfen. Plötzlich wird so getan, als seine 650.000 Euro ein Almosen und Jean-Pascal Labille ein Außerirdischer. Dazu nur so viel: Johnny Thijs ist bestimmt ein taltentierter CEO, aber auch nicht unersetzlich.
Ideologie und Naturgesetz
L'Avenir sieht das ähnlich: Johnny Thijs alleine für die positive Entwicklung bei der Post verantwortlich zu machen, wäre zu kurz gegriffen. Das Personal hat wohl einen ebenso großen Anteil an dem Erfolg. Und der Preis war hoch: erschwerte Arbeitsbedingungen, zahllose Schließungen von Postämtern. Johnny Thijs war nicht alleine, und er ist nicht unersetzlich.
De Morgen ärgert sich über die Argumente, die da teilweise ins Feld geführt werden. Wenn ein Sozialist gemäß seiner Überzeugungen handelt, dann ist er ein Dogmatiker. Auf der anderen Seite werden schreiende Ungerechtigkeiten flugs zum Naturgesetz umgedeutet. Dass ein Prozent der Bevölkerung immer reicher wird auf dem Rücken einer neuen unterbezahlten Unterklasse, die flexibel sein muss und keine Jobgarantie genießt, das ist aber nicht so normal, wie es so mancher aussehen lassen will. Im Grunde ist das genauso ideologisch motiviert wie das Vorgehen eines Jean-Pascal Labille.
Staatsbeihilfe für Airlines?
"Brussels Airlines bekommt Unterstützung für 2013", titelt heute L'Echo. 15 Millionen Euro soll die Fluggesellschaft erhalten, auch Jetairfly und Thomas-Cook-Airlines sollen staatliche Unterstützung bekommen. Gerade Brussels Airlines braucht das Geld, die Gesellschaft ist im Augenblick knapp bei Kasse. Da gibt es nur ein Problem: Die EU könnte die Zuwendungen als illegale Staatsbeihilfen betrachten. Die Airlines müssen also noch zittern.
Kommentierend meint L'Echo dazu: Diese Unterstützung ist so plump, dass eine Klage der EU-Kommission quasi vorprogrammiert ist. Belgien gibt sich gar nicht erst die Mühe, eine offensichtliche Staatsbeihilfe zu tarnen.
Fußball: Sport oder Geschäft?
"Millionenklage wegen brutaler Grätsche", schreibt Het Nieuwsblad. Im Mittelpunkt steht hier das Foul von Björn Ruytinx von OH Leuven gegen Mehdi Carcela von Standard Lüttich. Ruytinx hat Carcela quasi mit Ansage ins Krankenhaus befördert. Standard Lüttich will den Spieler jetzt auf Schadensersatz verklagen, man verlangt 1,6 Millionen Euro von Ruytinx.
La Libre Belgique kann das in Teilen nachvollziehen: Die Aktion von Ruytinx gehört bestraft. Die Argumentation von Standard Lüttich ist allerdings fehl am Platz. Der Verein spricht von einem "Gewinnausfall" aufgrund des zeitweiligen Verlustes seines Spielers. Standard Lüttich bezeichnet sich selbst als eins der wichtigsten "Freizeit-Unternehmen" des Landes. Das alles hat allerdings nur noch wenig mit Fußball zu tun. Ist Fußball jetzt ein Sport oder ein Geschäft? Irgendwann muss man sich entscheiden.
Bild: Laurie Dieffembacq (belga)