"Regierung einigt sich doch noch auf Finanzmarkt-Reform", titelt L'Avenir. Bei Het Laatste Nieuws heißt es: "Banken werden strenger kontrolliert - Beim Sparkonto ändert sich vorerst nichts". L'Echo meint: Die strengeren Regeln sollen das Geld der Sparer schützen und eine neue Bankenkrise verhindern.
Pünktlich zum Start in die Weihnachtsferien ist es der Koalition doch noch gelungen, sich zu einigen. Kurz gefasst: Die Banken müssen ihre Geschäftsbereiche klar voneinander trennen. Damit soll verhindert werden, dass Finanzhäuser das Spargeld ihrer Kunden "verzocken". Die Aufsicht durch die Notenbank wird verstärkt. Auch die Bonusregelung für Banker wird verschärft. Das Ziel: Bankangestellte sollen nicht mehr aus reiner Profitgier unkalkulierbare Risiken mit dem Geld ihrer Kunden eingehen, sagt Finanzminister Koen Geens.
Open VLD hat sich durchgesetzt
Bei der Besteuerung von Finanzprodukten gab es dagegen keine Einigung. Alles bleibt wie gehabt, bemerkt De Morgen. Damit konnten sich die flämischen Liberalen also durchsetzen. Die Open VLD ist strikt gegen die Offenlegung der Kapitalerträge. Sie sieht darin einen ersten Schritt in Richtung einer Reichensteuer. Finanzminister Geens wollte die Quellensteuerbefreiung für Erträge bis 1.880 Euro bei Sparkonten auf andere Produkte wie Kassenbons oder Wertpapiere erweitern.
De Standaard meint: Vor allem Premierminister Elio Di Rupo dürfte sich über die Einigung in Sachen Finanzmarktreform gefreut haben. Die sechs Parteien sind doch noch zu einem Kompromiss fähig - in den letzten Tagen hatte es nicht danach ausgesehen. Vielleicht ist es sogar gut, dass sich kurzfristig bei der Steuerbefreiung nichts ändert. Denn Belgien braucht eine allgemeine Steuerreform. Das wird eine der Hauptaufgaben der nächsten Regierung.
Jetzt geht der Wahlkampf los
De Morgen schreibt: Die Finanzmarktreform war die letzte große Baustelle der föderalen Koalition. Nach dem Jahreswechsel beginnt der Wahlkampf. Wobei: Wenn man sich das Theater der letzten Tage anschaut, haben die Vorbereitungen auf die Superwahl im Mai 2014 längst angefangen. In der Wallonie sind Sozialisten und Liberale auf Konfrontationskurs. In Flandern sind es zurzeit vor allem CD&V und Open Vld. Die Christdemokraten flirten neuerdings wieder mit der N-VA. Kein Wunder, meint das Blatt, die CD&V hält sich damit alle Optionen offen. Falls die Regierungsparteien gut wegkommen, ist sie dabei. Wenn die Nationalisten aber einen haushohen Wahlsieg einfahren, hat die CD&V ebenfalls gute Karten und dürfte der erste Gesprächspartner sein.
De Wevers Kannibalen und die Staatsreform
Apropos N-VA: Parteichef Bart De Wever richtet sich heute in einem Gespräch mit L'Echo an die Französischsprachigen. Ihm sei bewusst, dass sich niemand gerne mit einem Kannibalen an den Tisch setzt. Würde die N-VA 35 Prozent und mehr holen, wäre sie für die anderen Parteien ein solcher Kannibale. Im Interview sagt De Wever auch, wir sollten Belgien eine Chance geben. Was der N-VA-Chef aber verschweigt - so die Zeitung - ist, dass das Ziel seiner Partei die Unabhängigkeit Flanderns ist. Die N-VA will Belgien zu einem langsamen, aber sicheren Tod verhelfen. Das sollte niemand vergessen.
L'Avenir befasst sich mit der Sechsten Staatsreform, die am Donnerstag im Parlament endgültig besiegelt wurde. Davon hat aber kaum jemand etwas mitbekommen. Schon merkwürdig: Da drohte vor drei Jahren das Land auseinander zu brechen, und jetzt, wird das "Allheilmittel Staatsreform" in aller Stille von Kammer und Senat verabschiedet. Das Blatt sieht mehrere Gründe dafür: Die N-VA hat sich längst ein neues Spielfeld ausgesucht, die MR will nicht mehr für den Sozialisten Di Rupo werben und bei der PS haben einige den Eindruck, dass die Reform den Bürgern über den Kopf wächst. Problematisch dürfte vor allem die konkrete Ausführung der Staatsreform werden. Vor allem in der Wallonie sind Sorgen in diesem Zusammenhang nicht unbegründet, findet L'Avenir.
Electrabel und Einbruchsplage
Le Soir berichtet über den überraschenden Rückzug von Sophie Dutordoir an der Spitze von Electrabel. Über die Hintergründe wird heftig spekuliert; es ist von Spannungen innerhalb des Unternehmens die Rede. L'Echo bemerkt, dass Dutordoir bereits als neue Chefin von Bpost genannt wird.
Laut De Standaard ist Belgien ein Paradies für Einbrecher. Mehr als 300 osteuropäische Banden sind hierzulande aktiv. Im Schnitt wird belgienweit 200 Mal pro Tag eingebrochen. Jetzt in der dunklen Jahreszeit nehmen die Einbrüche zu. Belgien sei für Diebe vor allem interessant wegen der guten Straßeninfrastruktur und Verkehrsverbindungen. Außerdem könnte man hier leicht gute Beute machen.
Philippes Charme-Offensive in Flandern
Het Nieuwsblad befasst sich mit König Philippe. Das neue Staatsoberhaupt ist sehr aktiv, so das Blatt. Gestern haben Philippe und Mathilde in Gent mit bedürftigen Menschen gespeist. In Brüssel hat der König die Männer von der Müllabfuhr besucht. Was auffällt, ist nicht nur das soziale Engagement, sondern auch, dass der König vor allem Termine in Flandern wahrnimmt. Man kann von einer regelrechten Charme-Offensive sprechen.
In der "Höhle des Löwen", in der Provinz Antwerpen, der Hochburg der N-VA war Philippe in den letzten Monaten am häufigsten präsent. Politische Statements darf der König nicht abgeben. Auf die Menschen zuzugehen, kann ihm aber niemand verbieten. Das ist ohnehin seine einzige Waffe im Kampf um sein geliebtes Belgien. Het Nieuwsblad findet: Da müssen sich selbst seine Gegner eingestehen: Phillipes Arbeitseifer und seine Kontaktfreudigkeit ehren ihn.
Bild: Laurie Dieffembacq (belga)