Im Einzelnen:
Fast alle flämischen Zeitungen kommentieren den Vorschlag von Finanzminister Koen Geens, die Regeln für Steuerfreibeträge für Sparbuch-Zinsen zu ändern. Künftig soll es nicht mehr möglich sein, mehrere Sparkonten bei unterschiedlichen Banken zu führen, um jeweils in den Genuss des Steuerfreibetrages zu kommen.
De Standaard hat dafür wenig Verständnis: Natürlich ist es ein günstiger Zeitpunkt, diese unpopuläre Maßnahme voranzutreiben. Die Zinsen auf Sparguthaben sind momentan so niedrig, dass nur ganz Wenige von der Veränderung betroffen sein werden. Trotzdem ist das Vorhaben ein wiederholtes Armutszeugnis. Die Föderalregierung macht mal wieder einen Vorschlag, durch den ein bisschen mehr Geld in die Staatskassen fließt. Den Schritt, eine grundlegende Reform des Steuerwesens anzugehen, wagt sie wieder nicht, kritisiert De Standaard.
Falscher Ansatz
Ähnlich De Morgen: Der Ansatz ist falsch. Wenn man mehr Geld bekommen möchte, sollte man an andere Dinge denken, als an die Ersparnisse der Menschen zu gehen. Dafür haben sie meistens hart gearbeitet. Man könnte zum Beispiel die Mehrwertsteuer erhöhen oder für Umweltverschmutzung mehr zur Kasse bitten. Nach dem Motto: Wer verschmutzt, zahlt auch dafür. Aber vor allem muss sich grundlegend etwas ändern. Zurzeit werden Einkommen aus Vermögen noch sehr milde behandelt, während Arbeit mit mehr als 50 Prozent besteuert wird. Diese Schieflage gilt es endlich zu korrigieren, findet De Morgen.
Het Laatste Nieuws stößt in das gleiche Horn, kommentiert aber auch den Streit zwischen Geens und der Liberalen Gwendolyn Rutten. Die Parteichefin der flämischen Liberalen hatte die Pläne des Finanzministers kritisiert. Die Zeitung schreibt: Nicht nur politisch-strategisch hat Rutten mit ihrer Kritik gepunktet, sondern auch inhaltlich. Geens Vorschlag ist ein Versuch, den Bürger mit seinem Vermögen transparent für den Staat zu machen. Bitte bewahrt uns davor, fordert Het Laatste Nieuws.
Het Belang van Limburg meint: Die Liberalen von Open Vld versuchen sich jetzt im Endspurt vor den Wahlen erneut als die Partei zu profilieren, die gegen Steuermehrbelastung kämpft. Das Sparbuch ist dabei ein Symbol. Ob die Strategie gelingt, werden wir am 25. Mai wissen, prophezeit Het Belang van Limburg.
Brüssel braucht Belebung
Zum Bürgermeisterwechsel am Freitag in Brüssel schreibt Le Soir: Auf Yvan Mayeur warten große Aufgaben. Brüssel braucht Belebung, Wandel und Wagemut. Denn Brüssel leidet. Hohe Arbeitslosigkeit, vor allem unter Jugendlichen, ungelöste Verkehrsprobleme, kaum öffentliche Plätze, wo Menschen gerne zusammenkommen. Wie es gehen kann, haben Patrick Janssens in Antwerpen und Daniel Termont in Gent gezeigt, findet Le Soir.
La Libre Belgique kritisiert eine Äußerung des neuen Bürgermeisters zum Gehalt der Leiterin der sozialen Hilfsdienste: Das Netto-Gehalt von 4500 Euro ist für Yvan Mayeur ein mittleres Einkommen und in dieser Höhe absolut gerechtfertigt. Vor allem im Vergleich zum Bankensektor, wo man viel weniger verdienen sollte. Mit dieser Äußerung hat Mayeur einen schlechten Start hingelegt. Denn mit dem Argument, dass die eigene Arbeit viel mehr wert ist als das, was Banker machen, und dass man deshalb auch viel mehr verdienen sollte, könnte man zahllose Gehaltserhöhungen rechtfertigen. Bei den 4500 Euro hat man jedoch eher den Eindruck, dass hier ein Freundschaftsdienst erwiesen wird in einem Sektor, der seinen Mitarbeitern normalerweise viel weniger bezahlt. Statt das viele Geld zu rechtfertigen, hätte Mayeur lieber ein Zeichen setzen sollen für mehr Transparenz bei solchen Entscheidungen, so La Libre Belgique.
Fortis-Saga: Nächstes unrühmliches Kapitel
L'Echo berichtet, dass die Staatsanwaltschaft einen Brief an mehrere Kleinaktionäre geschickt hat, die als Nebenkläger im Fortis-Prozess auftreten. Das Schreiben wird als Einschüchterungsversuch gewertet. Dazu meint die Wirtschaftszeitung: Das ist ein weiteres unrühmliches Kapitel in der Fortis-Saga. Man versteht zwar, dass die Staatsanwaltschaft von vornherein es als kompliziert und lästig empfindet, sich mit den Nebenklagen von hunderten verärgerten Kleinanlegern zu beschäftigen. Aber sie mit so einem Einschüchterungsschreiben mit Geringschätzung zu behandeln, ist auch ein schlechter Rat, findet L'Echo.
Zu den Steuererhöhungen in Eupen schreibt das GrenzEcho: Die blau-grün-rote Mehrheit in Schutz zu nehmen, wäre falsch. Denn Karl-Heinz Klinkenberg und Werner Baumgarten hatten im Wahlkampf Steuererhöhungen ausgeschlossen. Versprechen, die nun wie ein Bumerang auf sie zurückfallen. Fest steht: die neuen Stadtoberen haben ihren Kredit bei vielen Wählern nach nur einem Jahr nahezu aufgebraucht. Zum Teil aufgrund falscher Versprechen, zum anderen auch in Folge einer zu euphorischen Erwartungshaltung der Bürger. Von richtungsweisenden Neuerungen ist man derzeit indes so weit entfernt, wie das Wetzlarbad von seiner Fertigstellung, meint das Grenzecho.
Bild: Eric Lalmand (belga)