Zwei Themen beherrschen heute die Kommentare der Zeitungen: die Ergebnisse der Pisa-Studie sowie die Bilanz der Föderalregierung.
Zur Pisa-Studie schreibt Le Soir: Pisa 2013 zeigt deutlich: Wir sind besser geworden. Das hat natürlich auch mit den äußerst schlechten Ergebnissen von Pisa 2000 und 2003 zu tun, und bemerken wir auch: Die Verbesserung ist nur leicht spürbar. Das zeigt wieder einmal, dass die Schule ein träger Körper ist. Reformen brauchen viel Zeit. Und Leute, die sagen, dass man das Schulwesen schnell reformieren kann, verkennen die Realität, sind Lügner, oder Politiker im Wahlkampf, meint Le Soir.
La Libre Belgique freut sich über den leicht positiven Trend, der für die Föderation Wallonie-Brüssel aus der Pisa-Studie zu erkennen ist. Aber die Zeitung vermerkt auch: Der Abstand zwischen Schulen mit guten und schlechten Ergebnissen wird größer. In den Niederlanden ist dieses Phänomen nicht zu erkennen. Dort kann man in jeder Schule alle möglichen Fachrichtungen belegen, kann man den allgemeinen, den technischen oder den beruflichen Zweig unter einem Dach belegen. Bei uns wird dafür jeweils eine eigene Schule aufgemacht. Das müssen wir ändern. Wir brauchen die Zusammenführung aller unterschiedlichen Ausrichtungen, um gleiche Qualitätsstandards zu erreichen, so La Libre Belgique.
Deutschland zeigt, wie's geht
Die Wirtschaftszeitung L'Echo sieht kaum Fortschritte: Der Pisa-Schock von 2001 hat in Belgien nicht wirklich etwas bewegt. Das ist zu bedauern. Denn andere Länder zeigen, dass ein solcher Schock sehr wohl grundlegende Reformen anstoßen kann. Schauen wir nur nach Deutschland: 2001 lag das Bildungswesen dort am Boden. Dank einer gemeinsamen Politik der Länder und des Bundes hat sich Deutschland wieder aufgerichtet und steigt regelmäßig in den Wertungen. So etwas ist also möglich, schreibt L'Echo.
Die flämischen Zeitungen nehmen sich vor allem das Abschneiden des nördlichen Landesteils vor. De Morgen bemerkt dazu: Zwar gehört Flandern weiter zur europäischen Spitzengruppe. Aber um eins müssen wir uns große Sorgen machen: Unsere Schulen helfen nicht dabei, Kinder mit Migrationshintergrund in unsere Gesellschaft zu integrieren. Ganz im Gegenteil: Die Schulen sind eine Hürde für Integration. Die Zweiteilung unserer flämischen Gesellschaft wird dadurch zementiert. Auf Jahrzehnte. Und schuld daran sind wir selbst, findet De Morgen.
Gute Lehrer sind der Schlüssel
De Standaard schreibt: Flandern ist, weltweit betrachtet, aus der Spitzengruppe herausgefallen. Aber besser als jetzt wieder über neue Strukturen nachzudenken oder den Sinn von solchen Pisa-Studien grundsätzlich in Zweifel zu ziehen, ist es, sich dem wichtigsten Punkt des Unterrichtswesens anzunehmen: nämlich den Lehrern. Wir brauchen gute Lehrer. In ihre Ausbildung und Karrierechancen müssen wir investieren. Das ist der Schlüssel zu guter Schulbildung, glaubt De Standaard.
L'Avenir meint zur Bilanz von zwei Jahren Föderalregierung unter Premierminister Elio Di Rupo: Die Regierung stellt ihre Erfolge jetzt ins Rampenlicht, und das darf sie ruhig tun. Denn zu Recht kann sie stolz sein auf das, was sie in so kurzer Zeit an so vielen Fronten erreicht hat. Aber das Prahlen ist auch Taktik. Die Regierung muss ihre Erfolge ins Rampenlicht stellen, um zu überzeugen. Um Steine in den Weg der N-VA zu legen, um sich gegen den flämischen Nationalismus zu positionieren, glaubt L'Avenir.
Um vieles gekümmert, um vieles aber auch nicht
Hart ins Gericht geht Het Laatste Nieuws mit der Regierung: So viele Firmenpleiten wie noch nie, hohe Arbeitslosigkeit, Leiharbeit, die zum festen Bestandteil des Arbeitsmarkts geworden ist, Gemeinden, die ihre Mitarbeiter entlassen, und vieles mehr. Sieht so der Modellstaat aus, den Di Rupo auf den Weg gebracht haben will?
Die Politik der Regierung ist getrieben von ad hoc-Entscheidungen, nicht von langfristigen Strategien. Der Verkauf der Fortis-Anteile, um die Schuldenlast unter 100 Prozent zu drücken, ist dafür symptomatisch. Weiter ungelöst ist das demographische Problem: Die Gesellschaftspyramide steht auf den Kopf. 3,1 Millionen Belgier tragen den ganzen Rest, der Sozialstaat ist bedroht. Um dieses Problem hat sich die Regierung fast gar nicht gekümmert, kritisiert Het Laatste Nieuws.
Het Nieuwsblad hingegen wägt ab: Gut oder nicht gut - Die Wahrheit liegt in der Mitte. Tatsächlich hat die Regierung Di Rupo viel getan, aber es hätte tatsächlich noch mehr sein können. Verhindert hat das die politische Agenda. Die Parteien waren immer getrieben von Wahlen. Letztes Jahr die Kommunalwahlen, jetzt die anstehenden Regional- und Föderalwahlen. Es ist zu hoffen, dass die nächste Regierung diesem Druck weniger ausgesetzt sein wird und Zeit hat, sich in Ruhe allen anstehenden Aufgaben zu widmen, schreibt Het Nieuwsblad.
Foto: Jeff Pachoud (afp)