"Kraftprobe um die Bankenreform", titelt La Libre Belgique. "Die Regierung knöpft sich die Bonuszahlungen vor", so die Schlagzeile von L'Echo. Finanzminister Koen Geens hat gestern seine Pläne für die vielbeschworene Bankenreform vorgestellt. Zwei Schwerpunkte: Zum einen soll das Spargeld der Bürger geschützt werden, indem man das spekulative Investmentbanking von den klassischen Bankgeschäften trennt. Darüber hinaus will die Regierung aber auch die Bonuszahlungen in der Branche deckeln. Die frankophonen Sozialisten PS haben aber sogleich signalisiert, dass ihnen die Pläne nicht weit genug gehen.
Ideologische Scharmützel um Bankenreform?
Diese Akte kann noch für erhebliche Spannungen innerhalb der Koalition sorgen, orakelt La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Das Problem ist immer das Gleiche: Jede Partei will am Ende ihre Trophäe präsentieren können. Dies, zumal es gerade im Zusammenhang mit der Bankenreform um ideologische Grundsätze geht. Doch Ideologie hin oder her: Die Regierung wäre gut beraten, mit der Reform ein deutliches Zeichen zu setzen. Im Finanzsektor muss aufgeräumt werden, das ist die wichtigste Lehre aus der Krise. Und wo ein Wille ist, da sollte auch ein Weg sein.
Auch L'Avenir sieht hier politischen Zündstoff. Dabei sollte man aber Schwarz-Weiß-Malerei vermeiden. Man kann nicht nur unterscheiden zwischen Investmentbanking und klassischen Bankgeschäften, zwischen "gutem" und "schlechtem" Geld. Wichtig ist allein, dass die Geldhäuser vornehmlich im Sinne der Realwirtschaft agieren. Und das möglichst transparent und mit klaren Regeln
… oder doch allgemeiner Konsens?
Le Soir sieht seinerseits in dem Vorschlag von Koen Geens durchaus schon viele positive Aspekte. Zwar schwebt dem Finanzminister keine 100-prozentige Trennung von Investment- und Geschäftsbanken vor. Den Banken bliebe jedoch nur noch ein sehr überschaubarer Spielraum für Spekulationsgeschäfte. Im Zusammenhang mit der Deckelung der Bonuszahlungen gibt es demgegenüber noch Nachbesserungsbedarf. Es waren doch letztlich die astronomischen Prämien, die die Banker dazu gebracht haben, unverhältnismäßig große Risiken einzugehen. Hier muss die Regierung konsequent durchgreifen.
L'Echo glaubt derweil nicht daran, dass die Reform des Banksektors für die Regierung sehr problematisch wird - Beispiel Bonuszahlungen. Dies ist ja eigentlich nur ein Steckenpferd der PS. Doch dürfte sich keiner der anderen Koalitionspartner dem widersetzen, aus Angst, es sich mit der öffentlichen Meinung zu verscherzen. Ähnlich ist die Diskussion um die Eindämmung von Spekulationsgeschäften gelagert. Eigentlich herrscht in diesen Fragen Konsens.
Politischer Seitenwechsel mit Symbolcharakter?
In Flandern sorgt ein politischer Seitenwechsel für Diskussionsstoff: Die flämische Abgeordnete Annick De Ridder verlässt nach 15 Jahren die OpenVLD und tritt der N-VA bei. Mal ehrlich, notiert Gazet Van Antwerpen: Den Abgang von Annick De Ridder kann man nur schwerlich als herben Schlag für die flämischen Liberalen bezeichnen. Bis gestern war sie eigentlich ein eher unbeschriebenes Blatt. Und doch trifft sie die OpenVLD da, wo es weh tut. Hier zeigt sich jedenfalls, wie ähnlich die Parteiprogramme von N-VA und OpenVLD auf sozialwirtschaftlicher Ebene sind.
De Morgen sieht in dem Seitenwechsel den Beweis dafür, dass die N-VA jetzt systematisch im liberalen Teich fischen will. Nachdem die Nationalistenpartei schon die LDD und den Vlaams Belang geplündert hat, startet sie jetzt einen Frontalangriff auf die OpenVLD.
Das Ganze ist jedenfalls ein hörbares Störsignal, glaubt Het Belang Van Limburg. Gerade am Wochenende erst hatte die OpenVLD bei ihrem Parteikongress demonstrativ Selbstbewusstsein an den Tag gelegt. Da passt der Abgang von Annick De Ridder nicht wirklich ins Bild.
Die Entscheidung von Annick De Ridder ist mehr als nur eine Fußnote, glaubt auch Het Laatste Nieuws. Sie streut gewissermaßen Salz in die Wunde der Liberalen. Laut De Ridder kann nur die N-VA die Wirtschaft wieder flott machen. Und damit spricht sie dem rechten Flügel der OpenVLD aus der Seele, der von der Dauerkoalition mit der PS die Nase gestrichen voll hat.
Coene für Indexsprung
"Wir werden an den sozialen Errungenschaften rütteln müssen", das sagt Nationalbankchef Luc Coene in Le Soir. Coene zieht in einem Interview mit der Zeitung die Alarmglocke: Die belgische Wirtschaft müsse wieder konkurrenzfähig werden. Und da gebe es nicht so viele Möglichkeiten. Dem Nationalbankchef schwebt da unter anderem ein so genannter Indexsprung vor.
De Morgen macht mit einer Studie auf, die einige bemerkenswerte Resultate zum Vorschein gebracht hat: Vier von 10 Flamen finden demnach, dass der Islam unsere Kultur bedroht; 45 Prozent der Menschen, also fast die Hälfte, wollen nur Nachbarn, die belgischer Herkunft sind.
Perverse Auswirkungen der Migrationspolitik
Die belgische Asylpolitik beschränkt sich nur noch auf das Sich-Einmauern, beklagt De Morgen in seinem Leitartikel. Von einer wirklich effizienten Einwanderungspolitik kann keine Rede sein. Der Arbeitsmarkt etwa bleibt den Nicht-Europäern weitgehend verschlossen. Belgien hinkt damit den europäischen Realitäten hinterher. Wer allein auf Repression setzt, der nimmt weitere Massengräber vor Lampedusa in Kauf.
Migrationspolitik auch auf Seite eins von De Standaard: "Junge Türken zieht es in ihre ursprüngliche Heimat", so die Schlagzeile. Demnach träumen viele junge Belgier mit türkischen Wurzeln von einem neuen Leben in ihrem Mutterland. Für unsere Gesellschaft wäre das ein herber Verlust, glaubt De Standaard in seinem Leitartikel. Es sind nämlich vor allem die Gutausgebildeten, die Migrantenkinder mit Vorbildcharakter, die sich mit Abwanderungsgedanken tragen.
Zurückbleiben würden nur diejenigen, die am Arbeitsmarkt geringe Chancen haben. Daran sind wir selbst schuld. Diese jungen Leute fühlen sich hier offenbar unerwünscht. Dass wir gute, brauchbare Kräfte nicht einsetzen, ist falsch und dumm. Hoffentlich lernen wir jetzt daraus.
"Das nationale Fußballstadion ist finanziell nicht tragbar", schreiben De Standaard und Het Nieuwsblad. Demnach steht die Finanzierung des neuen Stadions, das ja das König Baudouin-Stadion ersetzen soll, auf äußerst wackligen Beinen. Es sei denn, die Regionen beteiligen sich finanziell an dem Projekt. Anscheinend ist nach dem derzeitigen Stand der Dinge selbst die billigste Variante ohne Leichtathletik-Bahn und mit offenem Dach immer noch unbezahlbar.
"Jährlicher physischer Test für Feuerwehrleute", titeln Gazet van Antwerpen und Het Belang van Limburg. Innenministerin Joëlle Milquet will einen solchen Test vorschreiben. Da gibt es nur ein Problem: Einen solchen Test würden 80 Prozent der freiwilligen Feuerwehrleute nicht bestehen, befürchtet der flämische Feuerwehrverband.
Belgische Fritte?
Ketzerische Schlagzeile schließlich auf Seite eins von La Dernière Heure: "Die Fritte ist nicht belgisch!". Anscheinend soll die Fritte jedenfalls zum Weltkulturerbe gemacht werden. Die Frage ist nur: Wer soll den Antrag stellen? Der Angelsachse spricht ja von "french fries"; das würde also für eine Herkunft aus Frankreich sprechen.
Belgische Forscher hingegen, darunter der MR-Politiker Richard Miller, glauben, den Ursprung der Fritte im Maas-Tal ausgemacht zu haben, genauer gesagt in Namur, Dinant und Andenne. Doch müssen die auch einräumen: Dafür gibt es keinerlei handfeste Beweise. Die Vereinigung der belgischen Frittenbuden bleibt jedenfalls dabei: Die Fritte ist belgisch...
Bild: Olivier Vin (belga)