"Der Iran verlässt die internationale Isolation", titelt Le Soir. "Einigung im Atomstreit mit dem Iran: Die internationale Gemeinschaft lockert den Würgegriff", so die Schlagzeile von La Libre Belgique. Die USA, Russland und einige EU-Staaten haben sich mit dem Iran geeinigt. Nach jahrelangen Verhandlungen gibt es im Atomstreit eine Übergangslösung. Demnach verpflichtet sich der Iran, sein Atomprogramm auf Eis zu legen. Im Gegenzug werden die Sanktionen gegen das Land gelockert. Im Mittleren Osten gab es sogleich scharfe Kritik. Allen voran Israel, aber auch einige arabische Staaten glauben nicht an die Aufrichtigkeit der Ayatollahs. "Historisches Abkommen oder tragischer Irrtum?", bringt De Standaard die unterschiedliche Wahrnehmung auf den Punkt.
Iran: "Die Welt ist sicherer"
Le Soir sieht in seinem Kommentar die Anzeichen für eine spürbare Beruhigung in den internationalen Beziehungen. In diesen meist so beängstigenden Zeiten gibt es tatsächlich manchmal auch noch wirklich gute Neuigkeiten. Klar leben wir nicht in der heilen Welt der Glücksbärchis; klar muss man den Iran genauestens im Auge behalten. Es kann aber nur positiv sein, wenn die Verteufelung und die Isolation von einer Kulturnation wie dem Iran aufhören. Heute - Montagmorgen: Die Woche beginnt gut, die Welt ist sicherer.
Die Einigung im Atomstreit mit dem Iran ist eine gute Sache, glaubt auch La Libre Belgique. Viel zu lange hat diese Akte die internationalen Beziehungen vergiftet; viel zu lange hat dieser Cocktail aus Verdächtigungen und bösem Willen dazu geführt, dass der Iran von der internationalen Gemeinschaft ausgeschlossen war. Natürlich war der Iran da nicht ganz unschuldig, die Sanktionen haben das Land dafür bestraft. Jetzt muss man dem Iran aber auch eine Chance geben.
Ähnlich sieht das Het Belang Van Limburg. Der Westen braucht Gesprächspartner im Mittleren Osten. Dies, zumal viele der bisherigen Verbündeten im Zuge des so genannten Arabischen Frühlings ins Chaos gestürzt sind. Übrig blieben am Ende nur noch die arabischen Fürstentümer, die sich noch halbwegs im Mittelalter befinden. Verglichen damit ist der Iran der Ayatollahs fast noch ein modernes Land. In erster Linie ist das Abkommen von Genf aber das Verdienst des neuen iranischen Präsidenten Hassan Rohani. Die Iraner haben im Juni den richtigen Mann gewählt.
Umfragen sind… Umfragen
La Libre Belgique veröffentlicht heute den zweiten Teil ihres traditionellen Politbarometers. Diesmal also die Rangliste der populärsten Politiker. In der Wallonie führt Premier Elio Di Rupo vor dem PS-Vorsitzenden Paul Magnette und dem MR-Außenminister Didier Reynders. In Brüssel belegt Di Rupo ebenfalls Platz eins, vor Didier Reynders und der cdH-Innenministerin Jöelle Milquet. In Flandern ist weiterhin Bart De Wever Popularitäts-Spitzenreiter vor dem CD&V-Ministerpräsidenten Kris Peters. Die Asylstaatssekretärin Maggie De Block ist im Gegensatz zur jüngsten Umfrage von Le Soir nur auf den vierten Platz.
Erstaunlich ist, dass die beiden Umfragen von Le Soir und La Libre Belgique so unterschiedliche Ergebnisse zeigen, notiert L'Avenir in seinem Leitartikel. Offensichtlich wurde das diesmal, weil die beiden Erhebungen zeitgleich erschienen sind. Die Unterschiede sind mitunter flagrant: Laut Le Soir rutscht die MR in Brüssel unter die 20 Prozent-Marke; in La Libre Belgique sind die Liberalen in der Hauptstadt plötzlich stärkste politische Kraft. Was lernen wir daraus? Umfragen sind und bleiben Umfragen. Die einzige Erhebung ohne Fehlerquote ist die Wahl.
Open VLD rückwärtsgewandt?
In Flandern beschäftigen sich viele Blätter mit dem Open VLD-Kongress vom Wochenende. Die flämischen Liberalen haben dabei ihre Leitlinien mit Blick auf die Wahl vom 25. Mai vorgestellt. Dabei legte man demonstrativ Selbstvertrauen und Optimismus an den Tag. "Die Open VLD peppt sich selber auf", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws.
Es war auch der Kongress, bei dem ein neuer Stern aufgegangen ist, meint Het Laatste Nieuws in seinem Kommentar. Dieser neue Star, das ist Maggie De Block, Asyl-Staatssekretärin, die nach den letzten Umfragen Platz eins beziehungsweise Platz vier in der Hitparade der populärsten Politiker belegt. Es war Maggies Kongress, meint Het Laatste Nieuws. Sie ist ein neues Phänomen am politischen Firmament.
Gazet Van Antwerpen hat ihrerseits den Eindruck, in einer Zeitmaschine gesessen zu haben. Die Open VLD kommt ziemlich rückwärtsgewandt daher. So schwört sie unter anderem jeglicher Form von Konföderalismus ab. Obendrauf fordert sie die Einführung eines föderalen Wahlkreises. Und man hat auch noch den Eindruck, dass die Liberalen nichts gegen eine Regierung Di Rupo II haben. Man sollte meinen, die alte PVV sei zurück.
Der Erfolg der N-VA: ein Weckruf?
De Morgen und Het Nieuwsblad ziehen ihrerseits die Bilanz der Kongresse aller großen Parteien, die in den letzten Wochen stattgefunden haben. Bemerkenswert ist vor allem, dass Open VLD und CD&V klar auf Konfrontationskurs mit der N-VA gehen, bemerkt Het Nieuwsblad. Beide Parteien haben zuletzt spürbar an Selbstbewusstsein gewonnen. Dies erst recht, seit die N-VA und im Besonderen Bart De Wever in den Umfragen zu schwächeln scheinen. Die Liberalen und die Christdemokraten machen jedenfalls deutlich, dass sie sich nicht wie das Lamm zur Schlachtbank führen lassen.
Eins muss man der N- VA aber lassen, konstatiert De Morgen: Sie hat die traditionellen Parteien dazu gebracht, sich selbst in Frage zu stellen. Plötzlich produzieren auch die selbsternannten "staatstragenden" Parteien wieder interessante Ideen. Nichtsdestotrotz ist und bleibt die N-VA der Einsatz der Wahl vom 25. Mai. Und der Schlüssel liegt bei der CD&V. Die Christdemokraten müssen entscheiden, wo ihnen die N-VA lieber ist: in der Mehrheit oder in der Opposition.
Bild: Hemmat Khahi (afp)