"Bart De Wever musste eiligst ins Krankenhaus", titeln Gazet Van Antwerpen und Het Belang Van Limburg. "De Wever auf der Intensivstation", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws und Het Nieuwsblad. Der N- VA-Chef wurde im flämischen Parlament von einem Unwohlsein befallen. Er klagte unter anderem über Schmerzen in der Brust. "Der Zustand von Bart De Wever ist nicht kritisch", zitiert De Morgen auf Seite eins einen Sprecher.
Legalisierte Behördenwillkür
Einige Leitartikler befassen sich heute mit den so genannten kommunalen Ordnungsstrafen. Der entsprechende gesetzliche Rahmen wurde unlängst überarbeitet. Damit bekommen Gemeinden zusätzliche Möglichkeiten, kleine Delikte oder störendes Verhalten zu ahnden. Zudem wurde das Mindestalter herabgesetzt: Demnach dürfen auch schon 14-Jährige bestraft werden. Menschenrechtsorganisationen haben vor dem Verfassungsgericht gegen die neuen Dispositionen geklagt. Sie prangern unter anderem die wachsende Willkür an.
Die Diskussion über die kommunalen Ordnungsstrafen ist längst nicht mehr lustig, meint dazu De Standaard. Bislang hat ja man vielleicht noch schmunzeln können, wenn man hörte, wegen welcher Kinkerlitzchen die Städte und Gemeinden ihren Bürger Geldbußen auferlegen. Inzwischen bleibt nur noch die Feststellung, dass die Medizin oft schlimmer ist als das ursprüngliche Problem.
Das System ist vollkommen aus dem Ruder gelaufen, meint die Zeitung. Am Ende verliert die Justiz mehr Zeit damit Einsprüche abzuarbeiten, als sie jemals durch die Einführung des Systems eingespart hat. Hier verplempert eine ganze Gesellschaft eine nicht mehr zu vertretende Menge an Kraft und Energie, so De Standaard.
De Morgen sieht das ähnlich: Hier zeigt sich, wie aus guten Absichten ein monströses Gesetz werden kann. Die kommunalen Ordnungsstrafen sind verkommen zu einem ebenso absurden wie undemokratischen Mini-Strafrecht, wo lokale Verantwortungsträger nach eigenem Gutdünken jegliches Störverhalten verbieten dürfen.
Hier wird der Gesetzgeber zum Richter, eine Missachtung der Gewaltentrennung. Aber anscheinend glaubt man, dass das in unserer vergreisenden Gesellschaft wahltaktisch lohnend ist. Hoffentlich hat der Verfassungsgerichtshof den Mut, die kommunalen Ordnungstrafen als das hinzustellen, was sie sind: eine gefährliche Legalisierung von Behördenwillkür.
"Teure Demokratie"
"Die wahren Nettobezüge unserer gewählten Volksvertreter", so die Aufmachergeschichte von La Libre Belgique. Das Blatt bringt eine Übersicht über die genauen Einkünfte von Parlamentariern, Ministern und Staatssekretären. Demokratie hat nun mal ihren Preis, notiert das Blatt. Oder anders: Ein System, das uns teuer ist, muss teuer sein dürfen. Leider trifft man bei einem solchen Thema viel zu schnell auf diesen unerträglichen Populismus, der immer weiter um sich greift.
Klar gibt es immer mal wieder spektakuläre Fehlbesetzungen, unfähige Leute auf den falschen Stühlen. Doch muss man zugeben, dass unser Staat auch dank seines kompetenten politischen Personals funktioniert, schreibt die Zeitung. Diese Leute bekämen in der Privatwirtschaft ein Vielfaches ihrer bisherigen Bezüge.
Wenn überhaupt, dann ist das Übel in den undurchsichtigen Sphären der öffentlichen Körperschaften angesiedelt, nämlich den Interkommunalen und staatlichen Betrieben. Hier gibt es Mandatträger, die es schaffen, über Ämterhäufung vollkommen überzogene Bezüge abzuschöpfen. Das sind die Blutegel unseres Systems. Indem man sie aufspürt, stärkt man die Demokratie, ist La Libre Belglique überzeugt.
EU-Wanderzirkus
Einige Zeitungen beschäftigen sich mit eine Resolution, die das EU-Parlament am Mittwoch mit großer Mehrheit verabschiedet hat. Darin fordern die Abgeordneten, dass das Parlament künftig autonom entscheiden kann, wie und vor allem wo es tagt. Zwischen den Zeilen handelt es sich hier um ein klares Plädoyer für den Standort Brüssel: Das Parlament habe genug von der allmonatlichen Pendelei nach Straßburg, tönt es.
Diesem Wanderzirkus muss ein Ende gesetzt werden, fordert etwa Gazet Van Antwerpen. Der allmonatliche Kurz-Umzug verursacht einen gigantischen ökologischen Fußabdruck und kostet den Steuerzahler obendrein ein kleines Vermögen. Man spricht von 200 Millionen Euro.
Es gibt kein einziges ernsthaftes Argument für eine Beibehaltung dieses Wahnsinns. Allein Frankreich widersetzt sich aus prinzipiellen und symbolischen Gründen. Dennoch muss Europa einen Weg finden, diese Geldvernichtung zu stoppen.
Het Laatste Nieuws sieht das ähnlich. Europa macht es seinen Freunden nicht leicht. Europaskepsis gehört heute zum guten Ton. Die wenigen Europhilen gehen fast schon als Exoten durch. Deswegen wird es höchste Zeit, dass Europa einige himmelschreiende Absurditäten abstellt. Dazu gehört eben der 200 Millionen Euro-Pendelverkehr zwischen Brüssel und Straßburg. Damit gibt man doch allenfalls den primitivsten Populisten recht.
Deutschland : ein Vorbild?
Le Soir befasst sich in seinem Leitartikel mit der Frage, inwieweit Deutschland als Vorbild taugt. Viele glauben, dass man nur die so genannten Hartz-IV-Reformen auf Belgien übertragen müsste, um die belgische Wirtschaft wieder konkurrenzfähig zu machen. Das ist aber zu kurz gegriffen, meint das Blatt.
Wer genau hinschaut, der sieht auch noch andere Erklärungen für den Erfolg der deutschen Wirtschaft. Allen voran die Tatsache, dass Deutschland im Gegensatz zu Belgien vor allem auf Technologie-Produkte spezialisiert ist - mit einem hohen Mehrwert. Stichwort: Qualität "Made in Germany".
Dieses Deutschland gilt es zu imitieren. Wer glaubt, dass man allein durch die Deckelung der belgischen Gehälter die hiesige Wirtschaft wieder flott macht, der ist auf einen gefährlichen Holzweg, schreibt Le Soir.
rop - Bild: istockphoto