"Steuerpolitik: Warum sich etwas ändern muss", titelt heute La Libre Belgique. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hat eine Studie vorgelegt, in der der Steuerdruck in Europa analysiert wird. Erwartungsgemäß gehört die Steuerlast in Belgien zu den höchsten. Frage also: Inwieweit werden dadurch die Unternehmen in ihrer Aktivität gehemmt?
Dazu passt die Meldung, dass von den staatlichen Steuereinnahmen mehr als ein Drittel in Form von Steuererleichterungen an die Bürger und Unternehmen zurück fließt. Konkret: Normalerweise würde der Staat 160 Milliarden an Steuern und Abgaben kassieren. Es sind aber unterm Strich nur 100 Milliarden. 60 Milliarden Euro bekommen die Steuerpflichtigen über allerlei Hintertüren zurück.
Kreative Steuererklärungen
"Wir sind nicht nur Steuer-Champions, sondern auch Weltmeister im Absetzen von der Steuer", bringt es Het Laatste Nieuws auf den Punkt. "Steuergeschenke kosten den Staat 60 Milliarden", schreibt auch Het Nieuwsblad. Das belgische Steuerrecht sei viel zu kompliziert, zitiert das Blatt einen Experten. Und eben aufgrund dieser Komplexität würden Betrug und Missbrauch Tür und Tor geöffnet.
Das ganze System ist aus den Fugen geraten, kritisiert Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Steuererleichterungen im Gesamtwert von 60 Milliarden Euro, das geht doch auf keine Kuhhaut. Dieses Geld dümpelt in einer Grauzone vor sich hin. Resultat: Es kann erst mal nicht investiert werden. Hinzu kommt, dass man Steuererleichterungen nicht wirklich als sozial bezeichnen kann. Es sind nämlich vor allem die Reichen, die von einem solchen System profitieren. Diesem Wildwuchs muss ein Ende gesetzt werden, fordert die Zeitung.
Debatte über flämisches Kindergeld
In Flandern stellt man sich die Frage, was man mit den neuen Zuständigkeiten anfangen will, die im Zuge der sechsten Staatsreform an die Teilstaaten übertragen werden sollen. Im Mittelpunkt steht derzeit das Kindergeld. Das wird ab 2015 von den Gemeinschaften ausbezahlt. Alle flämischen Parteien haben jetzt ihre Vorstellungen veröffentlicht, nach welchen Kriterien und in welcher Höhe das Kindergeld verteilt werden sollte.
De Standaard zieht schon einmal ein erstes Fazit: Eine grundlegende Reform, das ist nicht für morgen. Für eine drastische Vereinfachung des Systems fehlt ganz einfach die Zeit.
Gazet van Antwerpen schlägt in seinem Leitartikel den einen oder anderen Eckpfeiler ein: Ein Kind ist ein Kind, das muss Grundprinzip sein. Klar müssen soziale Korrekturen vorgenommen werden. Die Frage ist dann aber, welche Kriterien man da anwenden wird. Jeder kennt das: Es gibt Menschen, deren Kinder in den Genuss einer Studienbörse kommen, obgleich jeder ahnt, dass sie das nicht wirklich nötig haben.
Das hat eben damit zu tun, dass diese Eltern ihre Steuererklärung frisieren, ist die Zeitung überzeugt. Diese sozialen Ungerechtigkeiten dürfen nicht auf das Kindergeld übertragen werden. Doch die Frage bleibt: Wie will man das kontrollieren?
De Standaard kann eine solche Debatte nur begrüßen. Durch die sechste Staatsreform werden den Teilstaaten neue Zuständigkeiten übertragen, ohne dass dafür die Gesamtheit der bisher dafür aufgebrachten Finanzmittel zur Verfügung gestellt wird. Konkret: Das Gleiche tun mit weniger Geld. Diese Situation zwingt die Regionen und Gemeinschaften dazu, Entscheidungen zu treffen, die bisherige Politik grundsätzlich zu überdenken. Und das ist gut so.
Gekauftes Kyoto-Engagement
"Saubere Luft kaufen wir im Ausland", so die Aufmachergeschichte von De Morgen. Demnach ist es so, dass Belgien - wenn überhaupt - dann nur die Kyoto-Normen erfüllt, weil man die sauberen Energien einführt beziehungsweise Emissionsrechte kauft. Kommentierend meint das Blatt dazu: Belgien macht es sich hier sehr einfach.
Statt in saubere Energien zu investieren, kauft man einfach Emissionsrechte. Was als Notlösung gedacht war, wird in Belgien zu einer Dauerlösung. Eine nachhaltige Klimapolitik sieht anders aus. Belgiens Kyoto-Engagement ist vielleicht saubere, aber vor allem heiße Luft, schreibt De Morgen.
Tödliche Dampfwolke
Viele Zeitungen berichten über das folgenschwere Unglück in einer Raffinerie des franko-belgischen Erdölkonzerns Total in Antwerpen. Bei einer Explosion waren am Dienstag zwei Mitarbeiter ums Leben gekommen. "Nicht den Hauch einer Chance gegen eine glühend heiße Dampfwolke", so die Schlagzeile auf Seite eins von Gazet van Antwerpen.
"Die Justiz hat 75 Millionen Euro Schulden", schreibt De Standaard heute. Diese Schulden sind eigentlich unbezahlte Rechnungen. Und weil die Justiz nicht bezahlt, laufen ihr die externen Experten weg. Dadurch nehme die Qualität der Arbeit ab, beklagt ein Grünen-Abgeordneter in De Standaard.
"Die SNCB will mehr als 1.000 Stellen streichen", titelt L'Echo. Demnach sollen -nur noch rund 33.500 Menschen bei der Staatsbahn arbeiten. Die Gewerkschaften drohen schon mit spontanen Protestaktionen.
Generationenkonflikt bei Brussels Airlines
Le Soir kommt heute noch einmal auf den Sozialkonflikt bei der Fluggesellschaft Brussels Airlines zurück. Die Piloten haben ja erst mal wieder ihre Arbeit aufgenommen. Doch der Streik war vollkommen unnötig, urteilt Le Soir in seinem Leitartikel. Und hier geht es nicht nur um den Imageschaden oder die finanziellen Auswirkungen, sondern auch um den Egoismus einer Generation.
Initiatoren waren die Piloten, die kurz vor der Rente stehen. Die bangten um ihre Privilegien. Damit haben sie aber den jungen Kollegen eine lange Nase gedreht. Von wegen Generationengerechtigkeit! Offensichtlich hat man in Belgien die Lehren aus dem Sabena-Drama nicht gelernt, meint Le Soir.
Unzeitgemäße Absurdität
La Libre Belgique befasst sich in seinem Leitartikel mit dem allmonatlichen Zwangsumzug der Europaparlamentarier von Brüssel nach Straßburg. Es sind die Abgeordneten selbst, die genug von dieser Absurdität haben. Das ist löblich, meint das Blatt. Ein solcher materieller und finanzieller Aufwand ist heutzutage schlicht und einfach nicht mehr zu verkaufen.
Da gibt es aber immer noch das altbekannte Problem: Frankreich hält am offiziellen Sitz des Europäischen Parlaments fest. Es werden deshalb wohl noch viele Sitzungen in Straßburg stattfinden.
rop - Bild: Belwind (belga)