"Didier Bellens muss weg", titeln fast gleichlautend De Standaard und Het Laatste Nieuws. Und er wird gehen "ohne Goldenen Fallschirm", schreibt De Morgen auf Seite eins. "Bellens auf der Straße ohne astronomische Abfindung", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad.
Die Tage von Didier Bellens an der Spitze von Belgacom sind anscheinend gezählt. Die Regierung will ja heute Abend nach Börsenschluss über sein Schicksal befinden. Doch die Entscheidung steht offenbar schon fest, wie fast alle Zeitungen erfahren haben wollen. Demnach wird man wohl Didier Bellens seines Amtes entheben. "Seine Entschuldigung kommt zu spät", notiert Het Laatste Nieuws. Bellens hat jeglichen politischen Rückhalt verloren.
Der Fall Bellens: das Maß ist voll
Bellens hatte ja in den letzten Wochen und Monaten in regelmäßigen Abständen Schlagzeilen gemacht. Zuletzt bezeichnete er den Staat als, Zitat, "den schlimmsten Aktionär, den man sich vorstellen kann" und verglich den Premierminister mit einem Kleinkind. Laut ungenannten Regierungsquellen besteht denn auch kein Zweifel daran, dass man den Vertrag mit Bellens vorzeitig aufkündigen wird. Und zwar wegen "groben beruflichen Fehlern". Damit will man die Zahlung einer Abfindung vermeiden, wie unter anderem Het Laatste Nieuws berichtet. La Libre Belgique bringt jedenfalls quasi zum Abschied ein Porträt von Didier Bellens. Titel: "Die dunkle Seite des gefallenen Firmenchefs".
"Didier Bellens muss hängen", fordert De Standaard in seinem Leitartikel. Der Belgacom-Chef hat durch seine Provokationen, Kommunikationspannen, durch das Einstellen der falschen Leute und das Herausekeln der guten, durch seine Skandälchen seinem Unternehmen und der Politik immer wieder einen Imageschaden beschert. Verantwortlich dafür ist aber auch die Politik, die ihn jahrelang hat gewähren lassen. Man duldete die Eskapaden, weil das Telekom-Unternehmen dem Staat fette Dividenden einbrachte. Jetzt ist Schluss mit lustig. Doch sollte sich der Staat bei dieser Gelegenheit auch mal die Frage stellen, ob es überhaupt zu seinen Aufgaben gehört, ein Telekom-Unternehmen zu betreiben.
Risiken und Lehren
L'Avenir zeigt in seinem Leitartikel die Risiken auf, die mit der wahrscheinlichen Entlassung von Didier Bellens verbunden sind. Natürlich hat sich Bellens quasi selbst zum Abschuss freigegeben. Den Abzug zu betätigen ist aber nicht so einfach, wie es aussehen mag. Beispiel: Die Angelegenheit wird garantiert ein gerichtliches Nachspiel haben. Allerdings: Man stelle sich vor, dass Bellens kurz vor der Wahl Recht bekommt. Was für eine Blamage wäre das, insbesondere für die PS, die ihn ja seinerzeit ins Amt gehoben hatte. Und kurzfristig riskiert man Unruhe an den Märkten mit möglichen Auswirkungen auf den Aktienkurs. Die Regierung bewegt sich also auf einem rutschigen Parkett.
Der Fall Bellens steht beispielhaft für die Regel Nummer 1 der Manager-Welt, bemerkt Het Nieuwsblad: Die Frage ist nicht, ob man Fehler macht, die Frage ist nur, ob die Aktionäre es für problematisch halten, wenn man Fehler macht. Spitzenmanager können vieles überleben, aber keinen Vertrauensbruch. Die Regierung sollte jedenfalls ihre Lehren aus der Geschichte ziehen. Mit Namen: Es geht um mehr als nackte Zahlen. Man kann den Geschäftsführer eines Staatsbetriebes nicht nur auf der Grundlage seiner Resultate bewerten. Es geht auch um gesunde Betriebskultur; zudem muss der Verbraucher immer im Mittelpunkt stehen. Und mit Blick auf die Wahl des möglichen Nachfolgers sollte bitte die Qualität des Kandidaten im Vordergrund stehen, nicht seine Parteizugehörigkeit.
BNP Paribas Fortis - ein guter Deal?
Zweites großes Thema in den Kommentaren ist die Ankündigung der Regierung, die Anteile an der BNP Paribas Fortis zu veräußern. Die Beteiligung des belgischen Staats beläuft sich auf 25 Prozent. Der Verkauf der Aktien soll rund 3,2 Milliarden Euro einbringen.
"Ist das ein lukrativer Deal?", fragen sich viele Zeitungen. Nein!, urteilt der renommierte Wirtschaftswissenschaftler Paul De Grauwe in De Standaard. Der Staat hätte auf günstigere Marktumstände warten müssen. La Libre Belgique ist anderer Meinung. Die Operation ist aller Ehren wert, meint das Blatt. Für den belgischen Staat war aus der Beteiligung an BNP Paribas Fortis auf Dauer nicht mehr rauszuholen. Und, wichtigstes Argument: Der Erlös sollte die Staatsschuld unter die Schwelle von 100 Prozent des Bruttoinlandsproduktes drücken. Und damit kommt man nicht zuletzt einer EU-Auflage nach.
Das stimmt, räumt Gazet van Antwerpen ein. Doch sollte die Regierung bedenken: Das ist ein One-Shot; man kann die Aktie nur einmal verkaufen. Und viele Kronjuwelen gibt es nicht mehr zu veräußern.
Het Belang van Limburg geht noch einen Schritt weiter. Die Regierung macht es sich zu einfach, glaubt das Blatt. Hätte sie entschlossene Sparmaßnahmen ergriffen, dann müsste man jetzt nicht die Aktien zu einem ungünstigen Preis verkaufen. Die Regierung zieht quasi die Notbremse, weil sie ihre Sparziele nicht einhalten kann. Mit guter Amtsführung hat das nichts zu tun.
"Der zweite Tod von Fortis"
Le Soir wählt einen anderen Ansatz und spricht in seinem Kommentar von einem "zweiten Tod der Fortis". Als die ehrwürdige Finanzgruppe 2008 abstürzte und in französische Hände überging, blieb eine belgische Verankerung in Form der staatlichen Beteiligung bestehen. Jetzt überlässt man die Bank zu 100 Prozent den Franzosen, die sich erst recht die Hände reiben. Da kann man nur hoffen, dass dieser Verkauf zumindest die Initialzündung ist für eine wirklich spürbare Verringerung der belgischen Staatsschuld.
De Morgen ist da weniger nostalgisch. Der Staat ist kein Bankier. Und mit einer Beteiligung von 25 Prozent kann man auch nicht entscheidend Einfluss auf die Strategie der Bank nehmen. Die Regierung verdient Geld mit dem Deal; ein Mehrwert von 900 Millionen Euro. Dieses Geld musste man nicht bei den Bürgern holen. Daran kann doch nichts falsch sein.
Unzufriedene Kunden, erschöpfte Impfdosen, enttäuschte Teufel
"Die Belgier wechseln massenhaft die Bank", titelt Het Belang van Limburg. In diesem Jahr sind es schon 72.000, 200 pro Tag. Der Grund: Auf der einen Seite bekommt man so gut wie keine Zinsen. Und dann sind viele Menschen der Ansicht, dass sie bei ihrer bisherigen Bank zu viele Kosten hatten, vor allem Kontogebühren.
"Schon jetzt ist der ganze Vorrat an Grippeimpfungen erschöpft", schreibt Het Nieuwsblad. Viele Menschen haben sich anscheinend zu früh impfen lassen. Hinzu kommt aber, dass in diesem Jahr 200.000 Impfdosen weniger hergestellt worden sind als im letzten Jahr. Und wer sich noch nicht gegen Grippe habe schützen lassen, der habe schlicht und einfach "Pech gehabt", meint Het Nieuwsblad.
Viele Zeitungen beschäftigen sich auf ihrer Titelseite auch mit dem Freundschaftsspiel zwischen Belgien und Kolumbien. Die Roten Teufel haben ja einen Dämpfer bekommen: Sie verloren mit 0 zu 2. "Nicht gut genug für eine Spitzenmannschaft", resümiert Het Laatste Nieuws. "Doch nicht unschlagbar", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. "Die erste Niederlage des Jahres bringt die Roten Teufel wieder auf den Boden der Tatsachen zurück", schreibt Gazet van Antwerpen auf Seite eins.
Archivbild: Johanna Geron (belga)