"Die Hölle auf Erden", titelt La Dernière Heure. "Haiyan sät Tod und Verderben", so die Schlagzeile von L'Avenir. "Absolutes Chaos nach Taifun", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins.
Der Taifun Haiyan hat auf den Philippinen im wahrsten Sinne des Wortes eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Man spricht von mindestens 10.000 Toten. 600.000 Menschen sind obdachlos, ohne Trinkwasser, ohne Nahrung, ohne Medizin.
"Helft uns", schreiben Gazet Van Antwerpen und Het Belang Van Limburg und drucken auf ihren Titelseiten dramatische Bilder von Überlebenden der Katastrophe. "Wettlauf um Hilfe", so formulieren es denn auch sinngemäß Het Nieuwsblad und La Libre Belgique. "Wir wollen Hilfe, kein Mitleid", bringt De Standaard das allgemeine Grundgefühl im Katastrophengebiet auf den Punkt.
Hilfe für Haiyan-Opfer
Und die internationale Hilfe läuft an.
Heute wird in Belgien das Konsortium der Hilfsorganisationen entscheiden, ob es eine neue Spendenaktion "12-12" geben wird; das ist aber anscheinend so gut wie sicher, schreibt Het Belang Van Limburg. Es ist ja auch schon die schnelle Katastrophen-Einsatztruppe B-FAST vor Ort, ein Nothilfeteam als Vorhut für noch mehr Helfer.
Nur weiß man jetzt schon, dass die Helfer im Katastrophengebiet überfordert sein werden; sie haben Hände zu wenig; man weiß im Grunde gar nicht, wo man anfangen soll. Man wird sich wohl entscheiden müssen, wo man hilft; und diese Entscheidung wird "herzzerreißend", schreibt Het Laatste Nieuws. "Das wird eine richtig schwere Mission", sagt auch ein Mitglied des B-FAST-Teams in Het Belang Van Limburg. "Wir erwarten das Allerschlimmste", zitiert Het Nieuwsblad einen Helfer. Die dramatische Konsequenz des Super-Taifuns steht auf Seite eins von De Morgen: Es wird "Das Massengrab des 21. Jahrhunderts, schreibt die Zeitung.
Solidarität!
Alle Leitartikler sind sich einig: Diese Katastrophe darf uns nicht unberührt lassen; wir müssen helfen.
Mal ehrlich, gibt Gazet Van Antwerpen zu bedenken: Ein Sturm mit einer Windstärke von 100 km/h ist bei uns tagelang Thema Nummer eins. Nur zum Vergleich: Auf den Philippinen war es dreimal schlimmer. Wir müssen dem Himmel danken, dass wir derlei Naturgewalten nur aus dem Fernsehen kennen. Umso mehr müssen jetzt den Betroffenen helfen.
Auf den Philippinen ist die Hölle los, meint auch sinngemäß Het Belang Van Limburg. 10.000 mögliche Todesopfer, das ist ja nur eine sehr vorsichtige Schätzung. Es können auch ZEHNTAUSENDE werden. Und hunderttausende Menschen haben alles verloren, haben Hunger. Das einzige, was wir tun können, ist Geld zu spenden. Eigentlich muss es heißen: "Was wir tun müssen". Zu spenden, das ist unter diesen Umständen unsere verdammte Pflicht", meint Het Belang Van Limburg.
"Ist das unsere Schuld?"
Zumal eine Frage im Raum steht: Inwieweit ist der Super-Taifun Haiyan, der stärkste aller Zeiten, eine Folge des Klimawandels? "Ist das unsere Schuld?", fragt sich anklagend Het Laatste Nieuws.
Haiyan ist ein Zeichen an der Wand, glaubt Het Nieuwsblad. Auf den Philippinen wurden Windgeschwindigkeiten von bis zu 320 km/h gemessen. Die Beaufort-Skala hört bei 117 auf. Die Sturmfront war 600 Kilometer breit, neun Mal die Länge der belgischen Küste. Die Ausmaße sind ohne Beispiel. Vor solchen fast schon übernatürlichen, alles vernichtenden Orkanen warnen Experten schon seit Jahren, eben als Folge des Klimawandels. Wie der Zufall so spielt, hat gestern in Warschau eine Weltklimakonferenz begonnen. Die Katastrophe auf den Philippinen sollte vor diesem Hintergrund als so eine Art Sturmwarnung dienen.
Der Mensch muss doch einsehen, dass er trotz seiner Technologie der einmal entfesselten Natur nicht viel entgegenzusetzen hat, notiert auch L'Avenir. Auf der anderen Seite sagen Experten voraus, dass derartige extreme Wetterphänomene sich noch häufen werden, wenn wir unseren CO2-Ausstoss nicht erheblich reduzieren. Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder, wir stellen unsere Gesellschaften um und beenden das ewige Streben nach Wachstum. Oder wir helfen zumindest den Ländern in vorderster Front, den Elementen künftig besser zu trotzen.
Ähnlich argumentiert La Libre Belgique: Vielleicht kann man keinen direkten Zusammenhang zwischen Haiyan und dem Klimawandel herstellen. Aber einigen wir uns mal darauf: Der Super-Taifun auf den Philippinen ähnelt zumindest dem, was uns die Klimaforscher prognostizieren. Um künftig Katastrophen dieser Art zu verhindern, müssen die reichen Staaten die betroffenen Länder finanziell dabei unterstützen, sich auf die letztlich vorhersehbaren Wetterkapriolen einzustellen.
Belgiens Klimabilanz "erbärmlich"
Besagte Klimakonferenz in Polen ist in jedem Fall eine Gelegenheit, einmal eine Bilanz der Klimaschutzmaßnahmen zu ziehen.
Und "das belgische Zeugnis fällt erbärmlich aus", titelt Le Soir heute. Mobilitätspolitik: drei auf zehn, erneuerbare Energien: fünf auf zehn; Gebäude-Isolierung: fünf auf zehn. Fazit: Es gibt noch viel zu tun.
Greenpeace hat übrigens die Leistungen der zuständigen Minister bewertet. Das Ergebnis steht in De Morgen: Der wallonische Umweltminister Philippe Henry kommt mit sechs auf zehn noch ganz gut weg. Seine flämische Kollegin Joke Schauvliege bekommt eine dürftige zwei auf zehn.
Die Belgier müssten eigentlich mit Schamesröte im Gesicht in Warschau auflaufen, meint Le Soir in seinem Leitartikel. Belgien wird jedenfalls - bei unveränderter Politik - seine Klimaschutzziele verfehlen. Das hat auch damit zu tun, dass die Geldbörse der Bürger zu so einer Art Obsession geworden ist. Erst recht in Krisenzeiten landen dann die Klimaschutzmaßnahmen schnell auf dem Abstellgleis. Es wird höchste Zeit, dass wir unseren Lebenswandel in Frage stellen, dass wir auch mal über angebliche Tabus diskutieren und notfalls muss der Staat über Steuern die Richtung weisen. Steuern sind keine peinliche Geschlechtskrankheit.
Die Zeitung L'Echo veröffentlicht heute ein Interview mit DG-Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz. Seine Botschaft: Die DG muss eine Region werden; "wir wollen ein Belgien zu viert".
Foto: Ted Aljibe (afp)