"Machtübergabe in Brüssel", titelt Le Soir. "Klüngelei unter Genossen", meint La Libre Belgique. Nach fast 13 Jahren im Amt hat Brüssels Bürgermeister Freddy Thielemans gestern seinen Rücktritt eingereicht. Nachfolger wird der PS-Abgeordnete Yvan Mayeur. Die Opposition spricht von Wählerbetrug, da Thielemans vor der Kommunalwahl vor einem Jahr nichts von einem frühzeitigen Rückzug gesagt hatte.
Auch Le Soir findet die Vorgehensweise der Brüsseler Sozialisten erbärmlich und spricht von mangelndem Respekt gegenüber der Demokratie. Die Ungeniertheit, mit der der 69-jährige Thielemans uns jetzt, ein Jahr nach der Wahl, erklärt, dass er Platz machen will für Jüngere, ist lächerlich! Für La Libre Belgique steckt hinter der ganzen Geschichte Laurette Onckelinx, Föderalministerin und Vorsitzende der Brüsseler PS.
La Dernière Heure spricht nicht nur von Wählerbetrug, sondern hat noch ein anders Problem mit dem plötzlichen Machtwechsel in Brüssel. Unter normalen Umständen hätte es Yvan Mayeur mit seinen gerade mal 2.000 Vorzugsstimmen nie in die Chefetage des Rathauses an der Grand' Place geschafft. Auch das zeigt einmal mehr, dass in Belgien nicht der Wähler das letzte Wort hat, sondern die Parteien.
PS-Pöstchenkarussell: nicht verboten, aber auch nicht moralisch
La Dernière Heure macht mit einer weiteren Neuigkeit auf: Freddy Thielemans hat bereits einen neuen Job. Ab dem 1. Januar übernimmt er die Leitung des Brüsseler Expo-Geländes und verdient dort etwa genauso viel wie an seiner alten Wirkungsstätte. Das war offenbar auch Teil des Deals, bemerkt das Blatt. Auch das ist anrüchig. L'Avenir fasst es so zusammen: Die Sozialisten machen in der Hauptstadt zwar nichts Verbotenes, aber mit Ethik und Moral haben die Entscheidungen auch nichts zu tun.
De Standaard sieht noch ein weiteres Problem: Nachfolgerin von Mayeur an der Spitze des Brüsseler Sozialhilfezentrums könnte Pascale Peraita werden. Ausgerechnet die Frau, die als Leiterin des sozialen Notdiensts Samu Social fast 200.000 Euro im Jahr verdient. Jetzt wurde auch noch bekannt, dass die PS-Politikerin in einer Wohnung lebt, die dem Sozialamt gehört.
N-VA allein auf weiter Flur
"Die N-VA steht mit ihren Konföderalismus-Plänen immer isolierter da", titelt Het Laatste Nieuws. Nach den französischsprachigen haben jetzt auch die flämischen Parteien reagiert und erteilen den Vorschlägen der Nationalisten eine klare Absage. Bei der Wirtschaft und im Sozialbereich gebe es Schnittstellen, sagten sowohl Liberale als auch Christdemokraten. Die institutionellen Vorhaben und die weitere Aufspaltung des Landes stoßen jedoch nicht auf Gegenliebe.
Le Soir tut sich vor allem mit den N-VA-Plänen in Sachen Brüssel schwer. Die Menschen in der Hauptstadt müssten sich, so die Nationalisten, für eine der beiden großen Gemeinschaften entscheiden: Flandern oder die Wallonie. Das erinnert an die Zustände in Ex-Jugoslawien und ist ein Schlag ins Gesicht für jeden Einwohner der Region Brüssel, findet die Zeitung. Und: Es leugnet die Realitäten der Metropole.
Fast 400.000 Brüsseler besitzen nicht die belgische Nationalität, viele davon sind EU-Bürger. Englisch und Arabisch sind auf dem Vormarsch. Mehr als jeder Zweite hat einen Migrationshintergrund. Auf vier Sonderseiten geht Le Soir auf das Leben der Menschen in der Hauptstadt ein. Der Titel der Sonderreihe lautet: "Wir erklären Bart De Wever, wie Brüssel funktioniert".
Photovoltaik und Reißverschluss
L'Echo schreibt: "Der Photovoltaik-Boom könnte jeden wallonischen Haushalt zusätzlich 75 Euro im Jahr kosten". Schuld sind die ausufernden Kosten für die so genannten grünen Zertifikate. Netzbetreiber Elia fordert eine höhere Umlage von gut vier Euro pro Megawattstunde Strom. Der grüne Energieminister Jean-Marc Nollet verspricht in der Zeitung rasch ein neues Gesamtkonzept. Doch der Netzbetreiber kann nach eigenen Angaben nicht länger warten und will die Preiserhöhung in Kürze durchführen.
"Das Reißverschlussverfahren auf Belgiens Autobahnen wird noch vor Ende des Jahres zur Pflicht", meldet Het Belang Van Limburg. Wer sich nicht daran hält oder sich falsch einordnet, riskiert ein Bußgeld von 55 Euro. Werden zwei Fahrspuren auf eine zusammengeführt, müssen sich die Autofahrer künftig an der Engstelle, ähnlich einem Reißverschluss, abwechselnd einordnen. Das trägt dazu bei, den Verkehr auf beiden Spuren flüssig zu halten. In Deutschland und Österreich ist das Reißverschlusssystem schon länger üblich.
Pädophile tappen in Falle
Wie De Standaard und Het Laatste Nieuws berichten, sind 13 pädophile Belgier in die Falle einer internationalen Kinderschutzorganisation getappt. Mit der Computerfigur Sweetie hatte die Vereinigung versucht, Perverse im Internet anzusprechen. Die glaubten mit einem 10- jährigen Mädchen aus den Philippinen zu chatten und boten teilweise sexuelle Handlungen an. Die Kinderschutzorganisation hat die Angaben der 1.000 möglichen Pädophilen weltweit an die Polizei weitergegeben.
Bild: Bruno Fahy (belga)