"Bei einer von vier Konsultationen wird zu viel berechnet", titelt Het Laatste Nieuws. "Fachärzte verlangen bis zu 25 Euro zu viel", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Eine Erhebung hat gezeigt, dass viele Spezialisten höhere Honorare in Rechnung stellen als es ihnen erlaubt wäre. Hier geht es nämlich um Fachärzte, die sich über die so genannte "Konvention" dazu verpflichten, nicht mehr zu verlangen als mit den Krankenkassen vereinbart. In der Praxis ist es also häufig nicht so. Und viele Patienten wissen gar nicht, dass sie mehr bezahlen, als sie eigentlich müssten.
Teure Fachärzte
Het Nieuwsblad plädiert in seinem Leitartikel für mehr Transparenz. Das System ist so undurchsichtig, dass die Tür zum Missbrauch sperrangelweit aufsteht. Die Schuld trägt unter anderem die Politik, die schon längst hier hätte Ordnung schaffen können. Und auch die Ärzteverbände spielen ein falsches Spiel. Offensichtlich wissen sie längst von den Missständen, lassen es aber laufen.
24 heures de Louvain-la-Neuve
Im südlichen Landesteil werfen die Zeitungen indes einen bangen Blick auf die Studentenstadt Neu-Löwen. Dort läuft im Moment das so genannte "24-Stunden-Rennen", einer der Höhepunkte der studentischen Folklore. "Die 24 Stunden im Zeichen der Sicherheit", titelt L'Avenir. "24 Stunden unter Hochspannung", schreibt La Dernière Heure. Hintergrund ist der tragische Tod eines Studenten am vergangenen Freitag. Der junge Mann war betrunken nach Hause gegangen und dabei tödlich gestürzt. "Neu-Löwen trug Trauerflor", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins.
Legitimer Optimismus?
Innenpolitisch steht nach wie vor die Regierungserklärung von Premierminister Elio Di Rupo im Mittelpunkt. "Darf Di Rupo so optimistisch sein?", fragt sich Het Laatste Nieuws und lässt Experten darauf antworten. Die kommen zu unterschiedlichen Urteilen. "Di Rupo hat das Land gerettet", meint der Eine. "Di Rupo übertreibt", sagt der Andere.
Wer hat hier recht?, fragt sich auch Gazet Van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Es stimmt: Die Regierung Di Rupo hat für politische Stabilität gesorgt. Ja, der Haushalt wurde saniert! Wie nachhaltig, das muss sich noch zeigen. Außerdem gibt es eine neue Staatsreform, die aber immer noch nicht für homogene Befugnisse sorgt.
Vorwerfen muss man der Equipe aber vor allem, dass sie die Konkurrenzfähigkeit der belgischen Unternehmen nicht spürbar verbessert hat. Das ist und bleibt die Achillesferse der Regierung, so Gazet Van Antwerpen.
Selbst innerhalb der Koalition scheint aber nicht jeder die Sicht des Premierministers zu teilen. "Die Liberalen provozieren Di Rupo", titelt Le Soir. Die frankophone MR bezeichnet die Regierungserklärung als "sterile Beweihräucherung". Der Premier vergesse, dass es mehr Arbeitslose gibt als je zuvor und dass nach wie vor viele Unternehmen ums nackte Überleben kämpfen.
Dazu passt eine Meldung in La Libre Belgique: "110.000 Selbständige stecken bis zum Hals in der Misere". Zu diesem Schluss kommt jedenfalls der Selbständigenverband SNI.
Renten-GAU rückt näher
Und auch die Aufmachergeschichte von L'Echo ist keine so gute Neuigkeit: Der Renten-GAU droht ab 2018, schreibt das Blatt sinngemäß. Demnach kann die Regierung nach dem derzeitigen Stand der Dinge ab 2018 die gestiegenen Ausgaben für die Renten nicht mehr ausgleichen. Die 14 Milliarden Euro, die sich im außerordentlichen Rentenfonds befinden, machen jedenfalls den Bock nicht fett, sagen Experten in L'Echo.
In seinem Leitartikel macht das Börsenblatt einzig und alleine die Politik dafür verantwortlich. Noch jede Regierung hat dieses längst bekannte Problem ihren Nachfolgern überlassen. Der Renten-GAU, das ist seit 40 Jahren die Chronik einer angekündigten sozialen Katastrophe.
Was ist los bei der N-VA?
Viele Zeitungen beschäftigen sich auch mit dem Zustand der N-VA. Nach jüngsten Umfragen ist der Höhenflug der Nationalisten-Partei fürs Erste gestoppt. Und das sorgt für spürbare Unruhe beim Parteivolk. "Was ist los mit der N-VA?", fragt sich etwa Het Nieuwsblad. Die Zeitung versucht, die jüngsten Rückschläge zu ergründen. Erstes Problem: Die Botschaft der N-VA ist unklar. Konföderalismus - ja oder nein? Und wenn ja, wie sähe dieser aus?
Auf diese Fragen gibt es keine Antwort. Hinzu kommt: Die Partei ist entzaubert. Das Chaos in Turnhout zeigt, dass auch die N-VA nicht der Inbegriff für gute Amtsführung ist. Aber, wichtigste Feststellung, der Partei fehlt eine Gallionsfigur. Bart De Wever hat versprochen, seine Amtszeit als Bürgermeister von Antwerpen zu Ende zu bringen.
"Ein Vorsitzender in der Zwickmühle", analysieren auch gleichlautend De Standaard und De Morgen. Es ist vor allem die Person Bart De Wever, die maßgeblich den Erfolg der Partei ausmacht, analysiert De Morgen. Und wenn er nicht ausdrücklich und eindeutig für das Amt des flämischen Ministerpräsidenten kandidiert, dann kann er den Job vergessen. Ähnlich sieht das De Standaard: De Wever muss sich entscheiden, wohlwissend, dass er ein Wahlversprechen brechen würde, wenn er das Rathaus von Antwerpen vorzeitig verlässt.
N-VA: angeschlagen aber nicht k.o.
Auf frankophoner Seite weiß man indes zu relativieren. Für Siegesgejohle ist es noch zu früh, meint La Libre Belgique. Selbst die prognostizierten 28 Prozent wären immer noch ein exzellentes Wahlergebnis. Aber, in der Tat, erstmals zeigt sich deutlich, dass die N-VA und auch ihr Vorsitzender nicht unfehlbar sind. Auch die Strategie ist in der Partei umstritten. Aber Vorsicht: Wir wählen erst in 220 Tagen. Da ist noch alles möglich.
Die Haltung der N-VA irritiert, glaubt Le Soir. Viel zu oft kommen die Nationalisten mit düsterer Mine wie die Spielverderber daher. Wie auch ihr Vorsitzender wirkt die Partei verbittert, verkrampft, zynisch. Ein bisschen Fröhlichkeit täte der N-VA gut, glauben sogar astreine Hardliner. Aber - wie gesagt - das Spiel ist noch längst nicht vorbei, glaubt Le Soir.
rop - Bild: Eric Lalmand (belga)