"Kein Gala-Spiel aber doch Champagner", titelt Het Nieuwsblad. "Volksfest trotz Unentschieden", so die Schlagzeile von De Standaard. "Das Unentschieden verhagelt nicht die Fete", schreiben fast gleichlautend Het Laatste Nieuws und L'Avenir.
Die Fußballnationalmannschaft ist am Dienstag in Brüssel gegen Wales nicht über ein 1 zu 1 hinausgekommen. Ohnehin waren die Roten Teufel aber schon für die WM 2014 in Brasilien qualifiziert. Aufgrund der guten Resultate der letzten zwei Jahre dürfte Belgien bei der WM-Auslosung am 6. Dezember gesetzt sein, sprich: In der Vorrunde bleiben Belgien die wirklich Großen wie Brasilien, Spanien oder Deutschland erspart.
Het Belang van Limburg bezeichnet diesen Erfolg auf Seite eins als "historisch". "Danke! Wir sehen uns in Brasilien", freut sich La Dernière Heure auf seiner Titelseite.
Bunte Teufel
Het Nieuwsblad widmet den Roten Teufeln sogar seinen Leitartikel. Es sind eigentlich "Bunte Teufel", meint das Blatt. Es ist eine farbenfrohe Mischung von Fußballern mit sehr unterschiedlichen, zum Teil exotischen Wurzeln. Diese Roten Teufel sind ein Spiegelbild unserer Gesellschaft.
Und die Fans sind ein genauso bunter Haufen; es ist selten, dass Menschen aller Hautfarben zusammen Polonäse tanzen. Hier zeigt sich ein neues Belgien und das nicht im politischen Sinne. Hier geht es nicht um Sprache, Hautfarbe oder Glaubensrichtung, hier geht es allein um Talent und Einsatz.
Di Rupo wie ein Fußball-Coach
Ein neues belgisches Grundgefühl, das kann man nicht nur im Fußball beobachten: "Elio Di Rupo strotzte nur so vor Selbstbewusstsein", stellt De Morgen fest. Der Premierminister hat am Dienstag im Parlament seine Rede zur Lage der Nation verlesen. Er zog dabei eine Bilanz der bisherigen Arbeit der Regierung, die aus seinem Mund naturgemäß äußerst positiv ausfiel.
Le Soir zieht eine Parallele zu den Erfolgen der Roten Teufel. Di Rupo kam wie ein Fußballtrainer daher. Einige seiner Sätze über das angeblich "neue Belgien" hätten ebenso gut zur Fußballnationalmannschaft gepasst. Manchmal konnte es gar so aussehen, als hätte Di Rupo von Marc Wilmots abgekupfert.
Zugegeben: Es ist legitim, auf der Optimismuswelle eines Gewinner-Belgiens zu surfen, doch gilt für Di Rupo dasselbe wie für Wilmots: Ein Spiel dauert so lange, bis es abgepfiffen ist.
Zum Glück hat Di Rupo eine direkte Anspielung auf die Roten Teufel vermieden, analysiert De Morgen. Doch schien die Rede zur Lage der Nation beseelt zu sein von der Fußballnationalmannschaft. Allein der Begriff: Das belgische Rezept. Noch vor kurzem hätte niemand ein Modell vollmundig "belgisch" getauft. Plötzlich geht "belgisch" aber wieder als ein positives, verbindendes, vertrauenerweckendes Symbol durch.
Di Rupo kann in jedem Fall Resultate vorweisen, glaubt La Libre Belgique. Die Staatsfinanzen wurden in Ordnung gebracht. Nachdem die halbe Welt Belgien die Spaltung vorhergesagt hatte, ist wieder Ruhe eingekehrt. Und was besonders auffällt: Es gibt tatsächlich einen neuen Esprit. Man darf es mal laut sagen: "Belgien ist doch gar nicht so schlecht."
Schafft die Regierung die Schubumkehr?
Premier Di Rupo profiliert sich inzwischen als erster Verteidiger Belgiens, konstatiert La Dernière Heure. Und wenn das so weitergeht, dann könnte am Ende sogar seine bislang für verrückt gehaltene Rechnung aufgehen, dann könnte er möglicherweise die N-VA erneut in die Opposition verbannen. Allerdings muss er dafür noch ein paar Monate durchhalten.
Ähnlich sieht das De Standaard. Der Wind scheint langsam zu Gunsten von Di Rupo zu drehen. Erst recht, wenn jetzt noch die Konjunktur wieder anspringt. Doch muss die Regierung auf Sieg spielen, sprich sie muss unbedingt noch entschlossener Maßnahmen ergreifen, um der Wirtschaft zusätzlichen Sauerstoff zuzuführen. Das neuerliche Vertrauen könnte nämlich durch eine chaotische Schlussphase einer handlungsunfähigen Regierung gleich wieder verdampfen.
Nervöse N-VA
Zusätzlichen Auftrieb scheinen dem Premier die jüngsten Umfragen zu geben. Daraus geht hervor, dass der Höhenflug der N-VA fürs Erste gestoppt ist. Das blieb auch bei der Nationalistenpartei selbst nicht ohne Folgen. Anscheinend macht sich bei den Mitgliedern Unruhe breit. "De Wever ruft die N-VA dazu auf, Ruhe zu bewahren", titelt jedenfalls Gazet van Antwerpen. "Wir lassen uns nicht von anderen Parteien oder Meinungsmachern verrückt machen", sagt der N-VA-Chef im Interview mit der Zeitung.
Von Betrügern und Handystrahlen
"Ein Betrug geschätzt auf drei Milliarden Euro", titelt La Libre Belgique. Hintergrund sind die Hausdurchsuchungen bei Kunden der schweizerischen Bank HSBC. Das Geldhaus soll systematisch dabei geholfen haben, Steuern zu hinterziehen.
"Die übertriebene Nutzung des Handys ist schlecht für die Gesundheit", so die Schlagzeile von Le Soir. Eine neue französische Studie scheint den Verdacht zu bestätigen: Wer mehr als 30 Minuten pro Tag das Handy am Ohr hat, und das während zehn Jahren, der setzt sich demnach einem erhöhten Krebsrisiko aus, sagt die Nationale Gesundheitsagentur in Paris.
Auch L'Avenir hat sich die Ergebnisse angeschaut und stellt in seinem Leitartikel fest: Man führt uns seit Jahren an der Nase herum. Selbst das französische Gesundheitsinstitut hat offensichtlich Angst, sich klar und deutlich festzulegen. Es dürfte doch wohl nicht so schwer sein, ein für alle Mal zu klären, wie gefährlich Handystrahlungen nun tatsächlich sind. Aber anscheinend sind die Forscher da wohl nicht auf einer Wellenlänge, meint L'Avenir.
rop - Bild: Dirk Waem (belga)