"Sorgt für einen krönenden Abschluss!", appelliert La Dernière Heure heute auf Seite eins. Das Blatt wendet sich an die Roten Teufel, die heute Abend ihr letztes Qualifikationsspiel bestreiten. Die Fußballnationalmannschaft hat zwar schon ihr Ticket für die WM 2014 in Brasilien gelöst; doch geht es heute Abend um mehr als nur die Ehre. "Die Roten Teufel können auf den dritten Platz in der Weltrangliste vorrücken", weiß Het Laatste Nieuws. Das wäre ein historischer Erfolg. Heute Abend gegen Wales sollte man also nicht nur vor heimischer Kulisse feiern, sondern das Fußballspielen nicht vergessen, meint La Dernière Heure. Und "nach dem Gala-Spiel vor 50.000 Fans wird sich entspannt", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad.
Die Lage der Nation
Innenpolitisch richten sich heute alle Blicke auf Premierminister Elio Di Rupo, der am Nachmittag vor dem Parlament seine Rede zur Lage der Nation verlesen wird. Im Mittelpunkt steht dabei der Haushalt 2014 und der damit verbundene Konjunkturplan. Es ist das letzte Budget der Regierung Di Rupo I, im Mai nächsten Jahres wird ja gewählt.
Anlass genug für einige Zeitungen, Bilanz zu ziehen. "Geht es Belgien besser als noch vor einem Jahr?", fragt sich La Libre Belgique auf Seite eins. Die Diagnose der Zeitung fällt durchwachsen aus: Die gemeinschaftspolitischen Spannungen sind zwar beigelegt, demgegenüber stagniert aber die belgische Wirtschaft, und auch das soziale Klima ist abgrundtief schlecht. Aber immerhin: Das Image Belgiens im Ausland hat sich verbessert, auch dank der Erfolge der Roten Teufel.
Die Bilanz der Regierung Di Rupo kann sich sehen lassen, urteilt Le Soir. In weniger als zwei Jahren hat die Koalition zum größten Teil ihr Regierungsabkommen umgesetzt. Dabei hatte man sich außerordentlich viel vorgenommen. Die Dreier-Koalition aus Sozialisten, Christdemokraten und Liberalen hat das Land aus der Krise geführt. Belgien steht an den Finanzmärkten nicht mehr unter Beobachtung. Und auch innenpolitisch haben sich die Wogen geglättet. Zwar ist das eine Gemeinschaftsproduktion der drei politischen Familien, hervorzuheben sind hier aber insbesondere die Verdienste von Premierminister Elio Di Rupo, meint Le Soir.
"Quo vadis Herr De Wever?"
Das scheint sich auch in den jüngsten Umfragen widerzuspiegeln. Der Höhenflug der N-VA scheint fürs Erste gestoppt zu sein. Nach einer Erhebung der VRT und der Zeitung De Standaard bewegt sich die Partei von Bart De Wever wieder auf dem Niveau der Wahl von 2010.
"Was jetzt, Herr De Wever?", wendet sich Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel an den N-VA-Chef. 28 Prozent, das mag ein respektables Ergebnis sein; für die N-VA ist es aber ein Tiefschlag. Das ist jedenfalls kein Erdbeben, damit kann sich die N-VA nicht legitimiert sehen, das Land fundamental umzukrempeln. Und das weiß keiner besser als Bart De Wever. Für die N-VA gibt es nur eine Option: Sie muss jetzt klare Ansagen machen.
Die N-VA hat ein Personalproblem, analysiert auch Gazet van Antwerpen. Die Partei ist Geisel eines Versprechens von Bart De Wever, der sich ja öffentlich dazu verpflichtet hat, bis zum Ende seiner Amtszeit Bürgermeister von Antwerpen zu bleiben. Damit stellt sich aber die Frage, wen die Partei im Falle eines Erdrutschsieges an den Schaltstellen der Macht platzieren würde. "Das Land kann man nicht aus Antwerpen umbauen", zitiert das Blatt ein N-VA-Mitglied.
De Morgen versucht, die Ursachen der "Belgischen Renaissance" zu ergründen. Die N-VA ist in der Defensive, "Belgien" steht wieder hoch im Kurs. Wodurch kann man die neuerliche "Belgitude" erklären, die insbesondere durch den Hype um die Roten Teufel entstanden ist? Nun, so meint De Morgen, das hat weniger mit einem gleich wie gearteten Nationalismus oder Nationalgefühl zu tun: Hier geht es wohl in erster Linie darum, dass die Menschen sich nach Optimismus sehnen.
Regierung muss wohl nachsitzen
Zurück zum Staatshaushalt. L'Echo sieht da unerwartet dunkle Wolken aufziehen. Schuld sind die Gemeinden des Landes. Nach Berechnungen des Planbüros werden die Kommunen im kommenden Jahr insgesamt ein Defizit von knapp 400 Millionen Euro aufweisen. Vorgesehen war ein Überschuss von über 300 Millionen. Hier fehlen der Regierung also über 700 Millionen Euro. Und das ist im Haushalt nicht berücksichtigt. Da droht also ein Konflikt mit der EU-Kommission.
Und auch der Konjunkturplan wird ja selbst innerhalb der Regierung als unzureichend kritisiert. In Le Soir plädiert MR-Chef Charles Michel für zusätzliche Maßnahmen zur Wiederbelebung der Wirtschaft. Eine Möglichkeit wären geografisch begrenzte Steuervorteile, die also nur in Zonen gelten würden, die besonders von der Wirtschaftskrise betroffen sind.
Die Regierung muss also am Ball bleiben, fordert Het Nieuwsblad. Leider hat man aber in den letzten Wochen den Eindruck gewonnen, dass die Parteien schon auf Wahlkampfmodus umgeschaltet haben. Die Frage ist, ob wir akzeptieren wollen, dass selbst in Krisenzeiten alle Regierungen des Landes im letzten Jahr der Legislaturperiode gelähmt sind.
"Die Gemeindepolitik ist immer noch arg weiß", so die Schlagzeile von De Standaard. Laut einer Studie spielen Ausländischstämmige in der lokalen Politik nach wie vor keine Rolle. Das gilt besonders für Flandern. Dabei haben ethnische Minderheiten durchaus ihren Platz auf den Kandidatenlisten. Nach der Wahl verschwinden sie aber in der Versenkung. Fazit laut De Standaard: Ausländischstämmige fungieren lediglich als Stimmenfänger.
"Wird der Staat einen Teil der Profite von Tihange 1 einsacken?", fragt sich L'Echo auf Seite eins. Hintergrund: Der Reaktorblock Tihange 1 soll länger am Netz bleiben als ursprünglich beschlossen. Und der Staat will auch davon profitieren. Man spricht von 1,25 Milliarden Euro innerhalb der nächsten zehn Jahre.
Tragödien in Lüttich und Afghanistan
Traurige Schlagzeile heute auf Seite eins von Het Nieuwsblad: "Selbstmord, um Werksschließung anzuprangern." Ein 45-jähriger Mann, der vor zwei Jahren in Lüttich bei ArcelorMittal seinen Job verloren hat, ist freiwillig aus dem Leben geschieden; in seinem Abschiedsbrief schreibt er: "Herr Mittal hat uns alles genommen."
"Ausgewiesener Asylbewerber in Afghanistan ermordet", titelt Het Laatste Nieuws. Hier geht es um einen 22-jährigen Afghanen, der in sein Heimatland abgeschoben wurde. Vier Mal hatte er danach in Belgien wieder um Asyl gebeten, weil er um sein Leben bangte. "Menschenrechtsgruppe verlangt Aussetzung der Abschiebungen nach Afghanistan", titelt denn auch Gazet van Antwerpen.
Bild: Jonas Roosens (belga)