"Strom bald 15 Prozent billiger?", titeln heute L'Avenir und das Grenz-Echo. Die Schlagzeile ist mit einem Fragezeichen versehen. Bislang ist das nämlich nicht mehr als ein Vorschlag. Dieser stammt von Vizepremier und Wirtschaftsminister Johan Vande Lanotte. Demnach soll die Mehrwertsteuer auf Elektrizität von 21 auf 6 Prozent gesenkt werden - als Maßnahme zur wirtschaftlichen Wiederbelebung, die sowohl den Unternehmen als auch den Verbrauchern zugute käme.
Allerdings: Die flämischen Christdemokraten CD&V müssen noch von der Idee überzeugt werden. L'Avenir scheint jedoch bezüglich der Umsetzung optimistisch: das Blatt schreibt nicht "könnte" sondern "sollte". De Standaard sieht das in seinem Leitartikel anders. Das ist mal wieder eine dieser kurzlebigen Ideen, orakelt das Blatt.
Festival der halbgaren Ideen
Das Schema ist immer das gleiche, schreibt De Standaard: Eine Partei schlägt eine attraktive Idee vor, die andere, im vorliegenden Fall die CD&V, fegt sie vom Tisch. Und das wars. Das ist aber erst der Anfang. Bis zum 25. Mai 2014 werden noch Tausende Vorschläge dieser Art aus dem Boden schießen. Wenn die Parteien aber nicht mehr können, als halbgare Ideen zu lancieren, dann muss man sich fragen, ob man nicht in der Tat die Wahlen abschaffen sollte und stattdessen die Minister nach dem Lotterie-Prinzip bestimmt.
Het Belang van Limburg kommt noch einmal auf die jüngsten Haushaltsberatungen zurück. Es ist schon befremdlich, meint das Blatt, immer wenn es um den Haushalt geht, dann zaubert die Regierung Milliarden schwere Einsparungen aus dem Hut, die angeblich nicht wehtun. Auch jetzt war es wieder "kein Problem", 360 Millionen Euro aufzutreiben. Da muss man sich doch fragen: Warum nicht gleich so?
Und wenn das so leicht ist: Warum macht man nicht mehr Mittel frei, um die Konjunktur anzukurbeln? Nach dem derzeitigen Stand der Dinge liegen dafür nicht einmal 500 Millionen Euro auf dem Tisch. Damit kann man mit Sicherheit nicht die belgischen Wettbewerbsnachteile kompensieren, meint Het Belang van Limburg.
Die CD&V und die Staatsreform
Der Vorsitzende der CD&V, Wouter Beke, ist heute auf allen Kanälen. Gleich in mehreren Zeitungen steht Beke Rede und Antwort, darunter Le Soir, Het Nieuwsblad und Gazet van Antwerpen. Die Blätter heben dabei unterschiedliche Kernaussagen hervor: "Beke schlägt der N-VA die Tür vor der Nase zu", so die Schlagzeile von Gazet van Antwerpen.
Der Hintergrund: Wouter Beke will nach der Wahl 2014 nicht über eine neue Staatsreform verhandeln. Jedenfalls dürfe das nicht die Bildung einer neuen Koalition blockieren. Im Mittelpunkt müssten einzig die sozial-wirtschaftlichen Herausforderungen stehen. Und das bedeutet, dass N-VA und CD&V wohl nicht zusammen in einer Regierung sitzen werden, notiert Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel.
Die N-VA betrachtet es als Grundvoraussetzung, dass erst über Garantien gesprochen werden muss - mit Blick auf ein konföderales Belgien. Diese Garantien wird die N-VA aber nicht von Wouter Beke bekommen. Diese Tür ist wohl zu.
In Le Soir macht Beke aber deutlich, dass auch für die CD&V die sechste Staatsreform nicht die letzte sein dürfe. 2014 könne es keine institutionelle Pause geben, sagt der CD&V-Vorsitzende. Über eine mögliche siebte Staatsreform sollte demnach aber im Senat debattiert werden.
De Clerck als Impulsgeber
In Het Nieuwsblad kommt Wouter Beke derweil noch einmal auf die Ereignisse der vergangenen Woche zurück: Die Diskussion über Parlamentarier-Abfindungen war nicht gut für das Ansehen der Politik, räumt er ein. Genau so sieht das L'Avenir. Der Fall De Clerck, der trotz eines freiwilligen Abgangs nicht auf seine Abschiedsprämie von 270.000 Euro verzichten wollte, hat Abgründe aufgezeigt, meint das Blatt.
Die Scheinheiligkeit der Politik ist kaum zu überbieten. Das System, das man jetzt quasi über Nacht abgeschafft hat, gibt es nämlich schon seit Jahren. Insofern muss man Stefaan De Clerck fast schon dankbar sein, dass er den Schneid hatte, vollmundig auf seine Prämie zu bestehen. Frei nach dem alten Sprichwort: "Kein Unglück so groß, es hat ein Glück im Schoß."
"Heiligtümer der Todesindustrie"
"Léonard verbietet Priester in Krematorien". Das ist heute die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. Erzbischof André-Joseph Léonard hat beschlossen, dass ab 2015 keine Priester mehr Trauerfeiern in Krematorien leiten dürfen. Das sei keine Entscheidung gegen Krematorien, sondern für die Kirche, sagt Léonard. Wer einen Priester für eine Trauerfeier möchte, der müsse zur Kirche kommen.
Kommentierend meint Het Nieuwsblad dazu: Léonard ist konsequent, das muss man ihm lassen. Krematorien nannte er einst die "Heiligtümer der Todesindustrie". Da ist es ja nur logisch, dass seiner Ansicht nach Priester dort keinen Platz haben. Dieser Schuss könnte aber nach hinten losgehen. Léonard wäre gut beraten, seine Institution, die katholische Kirche, in der Mitte der Gesellschaft anzusiedeln und nicht darauf zu warten, dass sich die Gesellschaft in ihre Richtung bewegt. Auf die Gefahr hin, dass die Kirche vollkommen überflüssig wird.
Dexia auf der sicheren Seite?
"Dexia braucht kein frisches Geld", das ist heute die Schlagzeile von Le Soir. Das Blatt zitiert die beiden Hauptverantwortlichen der Dexia-Restbank, die die Risikopapiere des einstigen franko-belgischen Geldinstituts verwaltet. Erst vor einigen Wochen hatte die Nationalbank vor einer drohenden neuen Rekapitalisierung gewarnt. Die Dexia-Verantwortlichen geben sich ihrerseits eher zuversichtlich.
Die Gesichter von Lampedusa
De Standaard zeigt heute die "Gesichter von Lampedusa": Fotos der Flüchtlinge, die bei dem verheerenden Bootsunglück im Mittelmeer auf tragische Weise ums Leben kamen. Inzwischen ist schon von 300 Todesopfern die Rede. Bei den Rettungsarbeiten sind auch Fotos aus dem Wasser gefischt worden, die die Opfer bei sich trugen, und die De Standaard heute veröffentlicht.
Die Immobilien des Didier Bellens
De Morgen bringt heute eine heiße Aufmachergeschichte, in deren Mittelpunkt Belgacom-Chef Didier Bellens steht. Nach Informationen der Zeitung plant Belgacom den Verkauf einer Immobilie in bester Brüsseler Lage. Voraussichtlicher Käufer sei eine Gesellschaft, deren Geschäftsführer Didier Bellens ist. Wenn das mal kein Interessenkonflikt ist, konstatiert das Blatt.
De Morgen nennt ihn denn auch in seinem Leitartikel den "unantastbaren Sonnenkönig". Bellens scheint der Politik und dem Rest der Welt konsequent den Stinkefinger zu zeigen. Dabei sollte er aber wissen, dass die Politik kurz vor einer wichtigen Wahl kaum geneigt sein dürfte, solch ein Verhalten auf Dauer zu tolerieren.
De Standaard schließlich bringt heute ein Interview mit dem aus Ostbelgien stammenden Geschichtsprofessor David Engels. Anlass ist sein Buch, in dem Engels den Zustand der EU mit dem Niedergang der römischen Republik vergleicht. De Standaard fasst zusammen: "Ein Kaiser für Europa!"
rop - Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)