"Lampedusa - Insel der Verzweiflung", titelt La Libre Belgique auf Seite eins, und im Kommentar heißt es zu dem Schiffsunglück vor der italienischen Insel, bei dem über 100 Flüchtlinge aus Afrika ertrunken sind: Wie oft werden wir diese apokalyptischen Bilder noch sehen? Diesen Horror, diese Scham für uns Europäer? Leider gibt es keine Antwort darauf. Denn es reicht nicht, den Flüchtlingen die Hand zu reichen.
Massen von Menschen aufzunehmen, die vor der Armut flüchten, das kann, das will Europa nicht. Das Drama bei der ganzen Sache ist genau das, dass es keine gute Lösung gibt. Diese Menschen, die täglich an Europas Grenzen sterben, zeigen schlicht und ergreifend unsere Unfähigkeit den Leuten zu helfen, die "dort" geboren wurden, und "hierhin" kommen wollten, schreibt La Libre Belgique.
Le Soir hingegen schlägt eine Lösung vor: Es muss ein Ruck durch Europa gehen. Die nationalen Egoismen, die zurzeit die Einwanderungspolitik bestimmen, müssen überwunden werden. Was wir brauchen, ist ein wirklich gemeinsames Vorgehen, europäisch und ambitioniert, so wie die Europäische Kommission das vorschlägt. Leider seit Jahren ohne Erfolg. Und es sieht nicht danach aus, als ob sich daran bald etwas ändern würde. Das Meer wird weiter zum Friedhof von Flüchtlingen werden, am Fuße der Festung Europa, bedauert Le Soir.
Wir brauchen die Massen
Sehr selbstkritisch ist De Morgen: Es ist leider wahr, für uns Journalisten muss die Opferzahl schon in die Hundert gehen, damit wir über Flüchtlingsdramen überhaupt noch an prominenter Stelle berichten. Der Bezug zu unserem Land ist oft viel wichtiger. Der ermordete Belgier in Mexiko kommt sofort auf Seite eins. Mehrere Dutzend Tote in Afghanistan und Syrien haben keine Chance. Schon seit Jahren ertrinken fast täglich Flüchtlinge, die auf Schiffen nach Europa kommen wollen. Doch wir brauchen erst die Massen, die sterben, um darüber zu berichten, schreibt De Morgen.
De Standaard sieht das genauso, fragt sich aber hilflos, was man dagegen tun kann: Mit dieser Frage ist es genauso wie mit Lösungen für die Flüchtlinge. Wir können die Einwanderungsbestimmungen ändern oder auch unsere Grenzen weiter öffnen. Nichts wird das Problem wirklich lösen. Wir werden deshalb auch nach dieser Tragödie darauf achten, dass unsere Grenzen so dicht wie möglich bleiben. Und seien wir auch ehrlich: Wir können all den Flüchtlingen keine Zukunft bieten. Und wir wollen es auch nicht, so De Standaard.
Bravo für die Auslieferung
Belgien hat gestern den islamistischen Terroristen Nizar Trabelsi an die USA ausgeliefert. Seine Haftstrafe in Belgien wegen eines geplanten Attentats auf die Militärbasis in Kleine Brogel hat er abgesessen, die Auslieferung an die USA ist umstritten. Dort soll er im Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September vernommen werden. Gazet Van Antwerpen meint dazu: Keiner weint Trabelsi eine Träne nach.
Er hat sich in seiner Zeit im Gefängnis nicht losgesagt vom Terrorismus. Was wäre also die Alternative zur Auslieferung gewesen? Hätte er in Belgien oder anderswo in der Welt neue Attentate planen sollen? Die Regierung hat ihr Möglichstes getan, um sicher zu gehen, dass dem Mann in den USA ein fairer Prozess gemacht wird: Kein Militärgericht, keine Todesstrafe. Mehr kann man für ihn nicht tun, so Gazet Van Antwerpen.
Falscher Anreiz beim Strom
Die Wirtschaftszeitung L'Echo schreibt zu den Plänen des Wirtschaftsministers Johann Vande Lanotte, die Mehrwertsteuer auf Strom von 21 auf 6 Prozent zu senken: Das ist populistisches Vorwahlkampfgetöse! Die Maßnahme ist alles andere als sinnvoll. Sie wird die Menschen dazu verleiten, mehr Strom zu verbrauchen, anstatt Strom zu sparen. Wenn man eine zukunftsorientierte Umweltpolitik gestalten möchte, ist das genau der falsche Anreiz, meint L'Echo.
Bahn regionalisieren?
Het Belang Van Limburg schreibt zu den Investitionsplänen der belgischen Bahn: Ministerpräsident Kris Peeters und seine Verkehrsministerin Hilde Crevits sind sauer, und das völlig zu Recht. Denn die SNCB will viel Geld in die teuren Bahnhöfe von Lüttich und Mons stecken. Aber die Erneuerung und den Bau kleiner, aber wichtiger Schienenstrecken in Flandern will sie bis 2025 nicht angehen.
Das geht nicht! Flandern ist das Herzstück der europäischen Logistik. Für diese Branche ist Infrastruktur das A und O. Das hat man bei der SNCB anscheinend nicht verstanden. Wir sollten überlegen, ob Bahnangelegenheiten nicht auch zu den Kompetenzen gehören sollten, die künftig von den Regionen verwaltet werden, so Het Belang Van Limburg.
kw - Bild: EPA (guardia civil)