"Blockade in Washington", titelt De Standaard. "Die USA sind wegen eines politischen Streits geschlossen", meint De Morgen. Rund 800.000 Staatsbedienstete sind im unbezahlten Zwangsurlaub. Auch zahlreiche Nationalparks, Museen und öffentlichen Einrichtungen bleiben geschlossen - darunter wichtige Sehenswürdigkeiten wie die Freiheitsstatue. Auch die Forschungsgeräte der NASA auf Mars funktionieren nicht mehr. Der Grund: Demokraten und Republikaner werden sich in Haushaltsfragen nicht einig. Die Leidtragenden sind in erster Linie die US-Beamten und die Touristen, bemerken die Zeitungen.
Le Soir fügt hinzu: Das hat auch Folgen bei uns. Die drei amerikanischen Soldatenfriedhöfe in Belgien bleiben bis auf weiteres dicht. Und es könnte noch schlimmer kommen, notiert De Morgen. Die USA drohen zur Bananen-Republik zu verkommen. Einigen sich die Parteien bis Mitte Oktober nicht auf eine neue Schuldenobergrenze, dann droht dem Land die komplette Zahlungsunfähigkeit. Mit weltweiten Folgen.
Für La Libre Belgique steht der Schuldige dieses Debakels fest: Es handelt sich um den konservativen Parteiflügel der Republikaner. Ihre Borniertheit, ihre Unbeugsamkeit, ihr ideologischer Kampf lassen es einem kalt den Rücken runter laufen. Mit ihrer starren Haltung, ihrer Blindheit schaden sie dem ganzen Land.
Belgien war auch unregierbar, aber nicht geschlossen
Das hat es selbst während der tiefsten Krise und der größten Unregierbarkeit in Belgien nicht gegeben. Der Staat hat während der 541 Tage ohne Regierung weiter funktioniert, meint Gazet Van Antwerpen. Doch die Republikaner und die radikale Tea-Party-Bewegung haben Obamas Wahlsieg offenbar noch immer nicht verkraftet und sind gewillt, seine Politik zu boykottieren. Aus unserer Sicht völlig unverständlich, findet auch De Morgen. Rund 80 fanatische Abgeordnete legen ein ganzes Land lahm, um ein Gesetz für ein besseres Gesundheitssystem, die so genannte Obama-Care, zu verhindern.
Wir Belgier sind uns vielleicht uneinig über die Höhe der Steuern, aber nicht über Sinn und Zweck. Die Hardliner bei den amerikanischen Republikanern sehen dagegen jeden Dollar, der an den Staat geht, als verwerflich an. Bislang reagieren die Börsen eher gelassen auf den Shutdown, doch was passiert, wenn es tatsächlich zur Zahlungsunfähigkeit kommt? Vielen Dank an Sarah Palin und ihre Tea-Party-Bewegung, schreibt Gazet Van Antwerpen.
Kinder ohne Essen
Het Nieuwsblad macht mit einer erschreckenden Meldung auf: Immer mehr Eltern schicken ihre Kinder ohne Essen zur Schule. Die Kinderarmut in Belgien nimmt immer weiter zu: Sie beträgt derzeit fast zehn Prozent. Der flämische Unterrichtsrat macht sich Sorgen und fordert kostenlose Mittagsmahlzeiten an Schulen.
Laut einer Umfrage von La Libre Belgique wünschen sich 75 Prozent der Belgier, dass die Sterbehilfe auf Minderjährige ausgedehnt wird. Euthanasie soll auch dann möglich sein, wenn Jugendliche an einer unheilbaren Krankheit leiden, selbst aber nicht mehr in der Lage sind, die Entscheidung zu treffen. Auch für Alzheimer-Patienten im Endstadium finden 80 Prozent der Belgier die Sterbehilfe vertretbar.
Wie De Standaard berichtet, drohen die neuen Medikamente zur Bekämpfung von Krebs unbezahlbar zu werden. Dass immer mehr Krankheiten geheilt werden können, ist eine gute Sache, allerdings muss auch die Frage nach der Finanzierbarkeit gestellt werden. Neben Ärzten sollten wir auch dringend Gesundheitsökonomen und Ethiker ausbilden. Denn die Frage, wie viel ein Menschenleben wert ist, wird künftig immer wieder auftauchen.
Pieters eigentlich gegen, aber irgendwie doch für Abfindung
De Morgen befasst sich mit der erstaunlichen Kehrtwende von N-VA-Politiker Danny Pieters. Er und seine Partei haben immer gegen Abfindungen für Parlamentarier gewettert. Doch wie jetzt bekannt wurde, wird auch Pieters die hohe Entschädigung von bis zu 180.000 Euro in Anspruch nehmen. Er hat den Senat verlassen und wechselte zur Universität Löwen. Pieters erklärt in der Zeitung, dass er vergeblich versucht habe, das System abzuschaffen. Jetzt nehme er sich eben, was ihm zustehe.
Kammer und Senat sind inzwischen bereit, die Spielregeln in Kürze zu ändern. Aber warum erst jetzt?, fragt L'Avenir. Jetzt, wo der Fall De Clerck für Schlagzeilen sorgt. Ganz einfach: Weil Wölfe sich nicht gegenseitig fressen. Weil Wölfe nur unschuldige Lämmer fressen, die ihnen weniger Gefräßigkeit nahelegen.
Flandern und Wallonie arbeiten endlich zusammen
Le Soir lobt das Kultur-Abkommen, das Flandern und die Französische Gemeinschaft endlich geschlossen haben. Beide Teilstaaten wollen die belgische Kultur im Ausland gemeinsam promoten. Was für ein Meilenstein, meint das Blatt. Flandern und die Wallonie haben in den letzten 30 Jahren mit Gott und der Welt zusammengearbeitet, nur nicht mit ihrem eigenen Nachbarn. Darin sieht die Zeitung ein weiteres Zeichen dafür, dass das föderale Belgien langsam aber sicher erwachsen wird.
Archivbild: Justin Lane (epa)