"Das wahnsinnige Projekt von Bart De Wever", titelt La Dernière Heure. "De Wever will belgisches Gefängnis in Marokko bauen", schreibt Het Nieuwsblad. "Justizministerin Annemie Turtelboom fegt die Idee des Nationalisten-Chefs vom Tisch", heißt es bei De Standaard. In einem Interview mit dem flämischen Magazin Humo hatte Bart De Wever am Dienstag erklärt: "Derzeit sitzen über 1.000 Marokkaner ihre Haftstrafe in belgischen Gefängnissen ab. Das reicht aus, um eine Haftanstalt in Marokko zu füllen", so der N-VA-Chef.
De Wever hat mit seiner Aussage einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Zunächst beim Vlaams Belang: "De Wever ist ein Nachäffer. Die Idee stammt von mir", erklärt der rechtsextremistische Spitzenpolitiker Filip Dewinter, der bereits vor zwei Jahren ein solches Gefängnis gefordert hatte. Alle anderen Parteien bezeichnen De Wevers Vorschlag als populistisch. Justizministerin Annemie Turtelboom erklärt: "Der N-VA-Chef streut den Menschen Sand in die Augen. Belgien kann gar kein Gefängnis in Marokko bauen". Das Projekt sei erstens zu teuer und zweitens nicht durchführbar. Außerdem kämen höchstens ein Viertel der marokkanischen Häftlinge in Frage. Ein Experte meint in Het Nieuwsblad, dass Belgien Druck machen und den bestehenden Auslieferungsvertrag mit Marokko besser nutzen sollte. Bislang sind nämlich nur neun Gefangene ausgeliefert worden und sitzen ihre Haftstrafe in ihrem Heimatland Marokko ab. Rabat sträubt sich offenbar dagegen.
Will De Wever die Stimmen aus dem rechten Lager?
"Was ist bloß in Bart De Wever gefahren?", fragt La Dernière Heure. Er ist ein brillanter Politiker. Er schafft es, ein Drittel der flämischen Wähler im Handumdrehen zu mobilisieren. Innerhalb von ein paar Monaten schafft er es sogar, 50 Kilo abzunehmen. Er verhält sich wie der Klassenbeste, fast wie ein Streber. Anscheinend dreht er jetzt aber völlig durch und geht auf Stimmenfang im rechten Lager, weil er Angst hat, dass es ansonsten für einen triumphalen Wahlsieg nicht reichen könnte, hält die Zeitung fest.
Le Soir meint: Von seinem Bürgermeisterstuhl in Antwerpen aus zeigt Bart De Wever, wie es sein könnte, wenn er Flandern oder ganz Belgien regiert. Er trifft schwere, umstrittene Entscheidungen und sagt laut, was andere nur denken. Dieser populistische Maßnahmen-Mix wird die beste Waffe der Nationalisten im Wahlkampf sein, ist das Blatt überzeugt.
Muss Cornu rund um die Uhr Bahnchef sein?
Für Schlagzeilen sorgt auch der designierte Bahnchef Jo Cornu. Der Grund: Cornu will nicht auf seine Mandate in den Aufsichtsräten von Belgacom, Agfa-Gevaert und KBC verzichten. "Ein unmöglicher Spagat", meinen die Grünen. Die SNCB brauche einen Vollzeit-Chef. Außerdem verdiene Cornu mit seinen Ämtern in den Aufsichtsräten 230.000 Euro im Jahr. Zählt man das Jahresgehalt von 290.000 Euro als Bahnchef dazu, liegt er fast zweimal über der erst kürzlich eingeführten Obergrenze.
Cornu selbst spricht in De Standaard von einer "lächerlichen Debatte". Auch andere Geschäftsführer würden in diversen Aufsichtsgremien tagen und die Jobs sehr gut kombinieren können.
"Wo ist das Problem?", fragt ebenfalls Het Laatste Nieuws. Niemand glaubt doch wohl im Ernst, dass die Leistung eines Firmenchefs auf einer Stempeluhr ablesbar ist. Dass Jo Cornu die SNCB nur dann fit für die Zukunft machen kann, wenn er rund um die Uhr in seinem Büro am Brüsseler Südbahnhof sitzt. Cornu hat Recht, wenn er von einer Hexenjagd spricht. Wenn es so weiter geht, dann könnte auch Cornu seinen Job an den Nagel hängen, bevor er ihn überhaupt angetreten hat, befürchtet Het Laatste Nieuws. Het Nieuwsblad stellt sich trotzdem Fragen: Entweder die Arbeit in den Aufsichtsräten ist nicht besonders anspruchsvoll und zeitintensiv. Dann sollte allerdings die Frage erlaubt sein, warum er so viel Geld dafür bekommt. Oder die Nebenjobs sind doch mit viel Verantwortung und Zeitaufwand verbunden. Dann drängt sich hingegen die Frage auf, ob er seine Zeit und Energie nicht besser in die reformbedürftige SNCB stecken sollte, hält Het Nieuwsblad fest.
Kann die Welt Irans neuem Präsidenten Ruhani vertrauen?
La Libre Belgique geht auf die mögliche Entspannung der Beziehungen zwischen den USA und dem Iran ein. "Obama reicht Teheran die Hand", titelt das Blatt. In ihren Reden vor der UN-Vollversammlung in New-York haben sowohl US-Präsident Barack Obama als auch sein neuer iranischer Amtskollege Hassan Ruhani ihre Absicht unterstrichen, den Atomkonflikt friedlich lösen zu wollen. Doch kann man diesem Mann vertrauen?, fragt La Libre Belgique. Das wird sich zeigen müssen. Die Chance sollten beide Seiten jedoch ergreifen - ohne allerdings zu naiv an die Sache heranzugehen. Der Iran ist eine wichtige Regionalmacht und hat Einfluss auf Länder wie Syrien und Afghanistan. Es wäre zu früh, in Jubel auszubrechen, meint auch L'Echo. Dass sich die Lage entspannt, ist kein Zufall. Es passt derzeit allen in den Kram.
akn / Bild: Kristof Van Accom (belga)