Die Feierlichkeiten der "Fêtes de Wallonie" erreichen heute ihren Höhepunkt mit einer Galaveranstaltung in Namur. Le Soir schreibt dazu: Heute Abend werden sich die Politiker auf die Schulter klopfen, das Glas erheben und sich zurufen: Heute wird gefeiert! Sollen sie das machen. Aber sie sollten auch nicht vergessen, dass ein Cocktailempfang noch kein politisches Projekt darstellt.
Und genau das braucht die Wallonie - und zwar dringend, so Le Soir. Denn große finanzielle und institutionelle Herausforderungen klopfen schon an die Tür. Bei den Politikern, die uns in der Vergangenheit an so viele Zumutungen, nicht gehaltene Versprechen und vorgespielte Versöhnungen gewöhnt haben, darf man schon die Frage stellen: Sind sie dazu in der Lage, diese Herausforderungen zu meistern?
Noch nicht gut genug
L'Avenir hegt ähnliche Zweifel: Der Blick zurück zeigt, dass sich einiges getan hat in den vergangenen Jahrzehnten. Die Wallonie hat es geschafft, den Blick nach vorne zu richten. Sie hat einige Nischensektoren entwickelt und mit dem sogenannten Marshallplan die Weichen auf Zukunft gestellt. Das ist gut, aber noch nicht genug. Die Wallonie muss sich lösen von überkommenen politischen Traditionen und sich gegenüber der Welt öffnen. Dort kann die Wallonie durchaus bestehen, sie hat das Potential dazu. Was bislang noch fehlt, ist das Personal, um dieses Potential zu mobilisieren, schreibt L'Avenir.
Auch La Libre Belgique sieht die Chancen gut, dass es weiter aufwärts gehen kann mit der Wallonie: Denn stellen wir einfach mal fest: Dem Patienten, der am Ende der 1970er Jahre im Sterben lag, geht es besser. Der Hahn hat wieder seinen Kopf gefunden. Seit etwa zehn Jahren gibt es wieder Hoffnung. Alle politischen Parteien haben sich am Krankenbett zusammengesetzt und überlegt, wie man die Wallonie fit für das 21. Jahrhundert machen kann. Daraus entstanden ist das, was wir heute erleben. Ein erster wirtschaftlicher Aufschwung, Perspektiven für die Zukunft. Jetzt muss es in diese Richtung weitergehen. Was uns dabei nicht helfen wird, sind zwei Dinge: Erstens: das Verharren in alten politischen Mustern. Zweitens: die Erfindung eines wallonischen Nationalismus, den es so bisher nie gab. Denn es gibt keinen guten Nationalismus. Er ist Gift im Norden, er würde Gift auch im Süden sein.
Schluss mit der Komödie
"Ich werde kein Premier- oder Ministerpräsident", zitiert Gazet van Antwerpen Bart De Wever auf Seite eins. Aus dieser Äußerung des Chefs der nationalistischen N-VA schlussfolgert die Zeitung: Das ist ein klares Bekenntnis von De Wever, Bürgermeister von Antwerpen bleiben zu wollen. Und im Umkehrschluss heißt das auch: Für das Amt des Premierministers bleiben nur noch zwei Kandidaten übrig: nämlich Elio Di Rupo und Kris Peeters. Peeters kommt dabei die Favoritenrolle zu, findet Gazet van Antwerpen.
De Standaard kommentiert die Meldung, dass die in Belgien stationierten Atombomben bald durch neue ersetzt werden sollen: Offiziell weiß immer noch keiner, dass auf dem Fliegerstützpunkt Kleine-Brogel Atomwaffen liegen. Nur die Amerikaner könnten das wissen, so wird uns gesagt. Das ist natürlich Quatsch, und wir sollten aufhören, diese Komödie weiterzuspielen. Was wir jetzt brauchen, ist eine offene Diskussion über die Zukunft dieser Atomwaffen, schreibt De Standaard.
"Angie oben ohne"
La Dernière Heure macht sich Gedanken zu der Äußerung der baldigen Nummer Zwei im Vatikan, dass das Zölibat für Priester kein Dogma sei: Was sollen wir mit dieser Äußerung anfangen? Will sich Pietro Parolin einfach nur profilieren? Will er deutlich machen, dass Papst Franziskus sich auf den Weg der Reformen begibt? Antworten darauf gibt es noch nicht, aber man kann schon den Hauch eines Umdenkens spüren. Eine schnelle Revolution ist jedoch nicht zu erwarten. Denn das würde eine Institution wie die römisch-katholische Kirche dann doch überfordern, glaubt La Dernière Heure.
Das Grenzecho geht auf den Wahlkampf in Deutschland ein: Steinbrück hat jüngst mit der Publikation eines Bildes mit gestrecktem Mittelfinger jedenfalls schon mal für eine kontroverse Diskussion gesorgt. Die folgenden Schlagzeilen, ob positiv oder negativ, waren ihm damit sicher. Ob er auf diese Weise aber auch das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Regierung und Opposition zu seinen Gunsten beeinflussen kann, ist offen. Interessant bleibt zudem, ob Angela Merkel ihren Konkurrenten weiterhin mit Nichtbeachtung straft oder dessen PR-Coup zu toppen versucht. Ein Anruf in der Femen-Hauptzentrale könnte die CDU-Chefin vielleicht auf neue Ideen bringen. "Angie oben ohne" käme sicherlich nicht nur bei jungen Frauenrechtlerinnen gut an. Weniger ist eben manchmal mehr, witzelt das Grenzecho.
Bild: Filip Claus (belga)