"N-VA ausgebremst", schreibt Le Soir auf seiner Titelseite. Bei De Morgen heißt es: "Flämische Nationalisten verlieren über vier Prozent." In der gemeinsamen Umfrage von De Morgen, Le Soir und der Fernsehsender VTM und RTL bleibt die N-VA zwar mit Abstand stärkste Kraft in Flandern, fährt allerdings ihr schlechtestes Umfrageergebnis seit der Wahl von 2010 ein. Außerdem ist Bart De Wever nicht mehr der beliebteste Politiker. Auf Platz eins steht wieder der flämische Ministerpräsident Kris Peeters. Die Regierungsparteien CD&V und Open VLD legen leicht zu. Auch der rechtsextreme Vlaams Belang gewinnt zwei Prozentpunkte hinzu.
Im Süden des Landes bleibt die sozialistische PS mit 31 Prozent der Wahlabsichten an der Spitze. Dahinter folgen die Liberalen. Den größten Zuwachs verzeichnen die Linken von der PTB. Sie kommen in der Umfrage auf über fünf Prozent - drei Mal mehr als bei der letzten Wahl. Beliebtester Politiker in der Wallonie ist Premierminister Elio Di Rupo.
N-VA ist gespalten
De Morgen befasst sich mit der N-VA. Ausgerechnet jetzt, wo die Umfragewerte zurückgehen, schießt sich die Partei ins eigene Knie. Am Wochenende hatte N-VA-Politiker Siegfried Bracke erklärt, die Wirtschaft habe Vorrang vor einer neuen Staatsreform. Am Sonntag musste er im Fernsehen erklären, er habe in seinem eigenen Namen gesprochen. Hauptziel der N-VA sei weiterhin mehr Eigenständigkeit für Flandern.
Het Laatste Nieuws meint: Der Vorfall vom Wochenende zeigt, dass bei den flämischen Nationalisten Uneinigkeit herrscht. Welchen Kurs soll die Partei fahren? Darf sie einer Regierung beitreten, die den Fokus auf sozialwirtschaftliche Themen legt? Oder hat die Spaltung des Landes weiter höchste Priorität? Die internen Zweifel sind offenbar sehr groß. In den Augen der Hardliner hat Bracke mit seinem Vorstoß der Partei geschadet. Wenn die N-VA den Nationalismus beiseiteschiebt, dann ist das so, als würden sich die Grünen vom Umweltschutz abwenden.
Le Soir findet: Die N-VA sollte nicht ständig der Regierung die Leviten lesen, sondern zuerst bei sich selbst aufräumen.
Van Massenhove muss die Bahn retten
Gazet van Antwerpen befasst sich mit der überraschenden Entscheidung vom Wochenende. Die Föderalregierung hat nun doch wichtige Personalentscheidungen getroffen und Posten in öffentlichen Betrieben neu besetzt. Für die Bahn wurde ein Unbekannter aus dem Hut gezaubert. Frank Van Massenhove soll die SNCB fit für die Zukunft machen.
Der bisherige Leiter des Ministeriums für Soziales gilt als erfolgreicher Reformer. Allerdings steht er vor einer Herkulesaufgabe bemerkt De Morgen. Die SNCB hat nicht den besten Ruf und Probleme bei der Pünktlichkeit, mit defekten Zügen und Streiks. Die Erwartungen sind groß, aber auch die Hoffnung, dass Van Massenhove es schaffen kann.
Allerdings bleibt ein bitterer Beigeschmack, fügt Het Nieuwsblad hinzu. Die Art und Weise, wie die Personalentscheidungen getroffen worden sind, ist eine Schande. Der Regierung ging es bei der Pöstchen-Besetzung von Anfang an nur um Parteipolitik. Am Ende hat die Koalition zwar eine gute Entscheidung getroffen, das heißt aber noch lange nicht, dass der Weg dorthin der richtige war. L'Avenir wünscht sich künftig ein objektives Rekrutierungsverfahren und keinen politischen Kuhhandel mehr.
La Libre Belgique hat alle zehn Personalentscheidungen unter die Lupe genommen und bedauert, dass für die Spitzenjobs, unter anderem bei der Nationallotterie, Belgocontrol und der Bahn, nur Flamen ausgewählt wurden. Diese Entscheidung beschreibt die Zeitung als nicht ausgewogen. Außerdem würden die Interessen der Französischsprachigen dadurch geschwächt.
Höchstens 290.000 Euro
Das Blatt befasst sich ebenfalls mit der anderen Entscheidung des Wochenendes: Chefs von öffentlichen Unternehmen dürfen künftig höchstens 290.000 Euro pro Jahr verdienen.
Einzige Ausnahme: Die Regelung gilt nur für neue Verträge. Damit können Belgacom-Chef Didier Bellens und Johnny Thijs von Bpost ihre Millionengehälter behalten. Auch wenn für die beiden börsennotierten Unternehmen keine wirkliche Entscheidung getroffen worden ist, begrüßt L'Avenir den Beschluss der Koalition. Er wird für mehr Gerechtigkeit bei den Löhnen sorgen.
And the winner is…?
De Morgen kommt auf das TV-Duell von Sonntagabend zwischen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem Herausforderer Peer Steinbrück zurück. Das Blatt wertet den Schlagabtausch als Sieg für Merkel.
Für De Standaard war der SPD-Kandidat dagegen deutlich besser: Er war schneller, direkter und schlagfertiger. Auch Le Soir sieht Steinbrück als Gewinner der Fernsehdebatte. Ob er sich drei Wochen vor der Bundestagswahl jedoch noch aus dem Umfragetief retten kann, bleibt abzuwarten.
Archivbild: Laurie Dieffembacq (belga)