"Keine Spur von Krise mehr an der Börse", titelt De Morgen. "Bel20 auf höchstem Stand seit fünf Jahren", bemerkt L'Echo. Het Nieuwsblad ist überzeugt: "Es geht wieder aufwärts". Der belgische Aktienindex Bel20 hat gestern mit 2.800 Punkten abgeschlossen - zum ersten Mal seit dem Beginn der Banken- und Finanzkrise im September 2008. Anlass für den Freudensprung von gestern auf dem Brüsseler Parkett sind die unerwartet guten Halbjahreszeiten von der Supermarktkette Delhaize und von der Bank- und Versicherungsgruppe KBC.
Die Aktienmärkte in Europa sind seit Monaten im Aufwind. Brüssel verzeichnet mit 13 Prozent seit Beginn des Jahres das größte Plus. Grund dafür ist das gesteigerte Vertrauen in die heimische Wirtschaft. Außerdem scheint die Euro-Krise überwunden. Und, wie die Zeitungen notieren, kehren die Kleinanleger massiv zurück an die Börse. Zum einen, weil sie Licht am Ende des Krisentunnels sehen, zum anderen aber auch, weil die Zinsen auf den Sparbüchern weiterhin so niedrig sind.
Verhalten positiv, aber nicht euphorisch
De Morgen stellt fest: Es gibt gute Gründe, verhalten positiv in die Zukunft zu blicken. An der Börse glauben die Anleger wieder an den Aufschwung. In der Realwirtschaft gibt es ebenfalls erste Anzeichen. Die Anzahl Stellenanzeigen steigt, das Unternehmervertrauen zeigt nach oben und das Bruttoinlandsprodukt schrumpft nicht mehr. Allerdings, meint die Zeitung, ob es tatsächlich bergauf geht, bleibt abzuwarten. In Südeuropa bleibt die Lage besorgniserregend: Die Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland beträgt jetzt angsteinflößende 65 Prozent und in Italien kann das politische Chaos jederzeit ausbrechen.
Auch Het Nieuwsblad mahnt: Trotz der guten Zahlen sollte an der Börse niemand in Euphorie ausbrechen. Dieses Glücksgefühl sollte es auf dem Parkett, so oder so, nie wieder geben. Wir haben gesehen, wozu das führt. Auch wenn der positive Trend anhält, überwiegen die negativen Meldungen. Die Anzahl Firmenpleiten in Belgien befindet sich noch immer auf Rekordhoch und die Dexia-Restbank ist noch mindestens bis 2018 eine tickende Zeitbombe, die uns schneller als uns lieb ist an den Rand des Abgrunds führen kann.
Patzer im Lebenslauf
L'Avenir berichtet über den Patzer bei der Suche nach einem neuen Bahn-Chef. Im Rennen waren noch fünf Kandidaten, doch jetzt kam heraus, dass die Regierung zu einer Bewerberin falsche Angaben erhalten hat. Die Spitzenmanagerin Ellen Joncheere hat ein Fachhochschulstudium absolviert und nicht, wie im Lebenslauf angegeben, ein Universitätsdiplom erhalten. Wer den Fehler gemacht hat, ist derzeit unklar. Also ob die Bewerberin selbst ihren Lebenslauf aufgemöbelt oder das teure Headhunter-Büro geschlampt hat.
Het Belang Van Limburg schreibt: Das Diplom spielt keine Rolle, Hauptsache die Regierung entscheidet sich für die beste Kandidatin oder den besten Kandidaten. Egal ob mit Fachhochschul- oder Uni- Abschluss. De Standaard sieht das ähnlich und meint: Das Theater der politischen Ernennungen muss endlich aufhören. Die SNCB hat den besten Manager verdient und nicht den mit der richtigen Parteikarte.
Gute Mindestlöhne, Mittelmaß bei der Kaufkraft
Le Soir schreibt auf seiner Titelseite, dass Belgien nach Luxemburg die höchsten Mindestlöhne in Europa hat. Sie betragen 1.500 Euro brutto. Direkt hinter Belgien folgen die Niederlande, Frankreich und Irland. Problematisch, so das Blatt, ist nicht die Höhe des Mindestlohns, sondern die des Arbeitslosengeldes. Das steht einer Rückkehr in die Berufswelt oft im Wege und sollte dringend geändert werden.
Was im EU-Vergleich ebenfalls auffällt: Deutschland hat keinen Mindestlohn. Die Arbeitslosigkeit im Nachbarland scheint auf den ersten Blick sehr niedrig, doch schaut man etwas genauer hin, sieht man, dass die Armut stark zugenommen hat und zunehmen wird, aufgrund vieler Mini-Jobs und anderer prekärer Arbeitsverhältnisse. Gazet Van Antwerpen schreibt: Die Bruttolöhne in Belgien gehören zu den höchsten Europas. Weil wir aber bis zu 60 Prozent an den Staat abdrücken, landen wir bei der Kaufkraft nur auf Platz 10. Zum Vergleich: Ein Niederländer verdient im Schnitt brutto 3.000 Euro weniger im Jahr. Netto hat er hingegen 5.000 Euro mehr in der Brieftasche als ein Belgier, bemerkt das Blatt.
Gefangen auf der Autobahn
Het Laatste Nieuws kommt auf den Monsterstau auf der Autobahn zwischen Brüssel und Küste zurück. "Sechs Stunden im Stau", lautet die Schlagzeile. Zu sehen sind Fotos von spielenden Kindern auf der Autobahn und Menschen, die auf der Motorhaube ihres Autos ein Sonnenbad nehmen. Insgesamt 10.000 Fahrzeuge steckten in dem 30-Kilometer langen Stau stundenlang fest. Ein Lastwagen war auf der E40 bei Nevele auf ein Stauende aufgefahren. Der LKW-Fahrer aus Frankreich wurde schwer verletzt.
Foto: Eric Lalmand (belga)