"Unglaublich: In Belgien war es wärmer als in Barcelona", schreibt heute La Dernière Heure auf Seite eins. "Der Sommer wird wieder normal", titelt derweil Het Laatste Nieuws. Gestern haben wir den wärmsten 2. August seit 130 Jahren erlebt, mit Temperaturen von über 35 Grad. Im Kempenland wurden sogar 36,5 Grad gemessen.
Nach Informationen von Het Laatste Nieuws sind mindestens zwei Menschen an den Folgen der Hitze gestorben. Heute soll der Sommer aber einen Gang zurückschalten. Es werden nur noch Temperaturen um die 25 Grad erwartet.
Das Ende des Cavaliere?
Thema Nummer eins in den Leitartikeln ist aber die Situation in Italien, nachdem der dortige Kassationshof am Donnerstagabend eine Verurteilung von Silvio Berlusconi wegen Betrug und Steuerhinterziehung bestätigt hatte. Gestern hat der ehemalige italienische Ministerpräsident reagiert, der Cavaliere ging dabei gleich wieder in die Offensive. "Silvio Berlusconi gibt nicht auf", bemerkt dazu La Dernière Heure. "Berlusconi spaltet nach wie vor Italien", stellt De Morgen fest. Er selbst betrachtet sich als Opfer einer von Kommunisten durchsetzten Justiz. Und es gibt nach wie vor viele Italiener, die das genau so sehen.
Ist das Urteil gleichbedeutend mit dem Ende der politischen Laufbahn des Silvio Berlusconi?, fragen sich viele Leitartikler. Im ersten Moment mag es so aussehen, meint La Libre Belgique: Ein eben erst in Kraft getretenes Gesetz sieht vor, dass eine Gefängnisstrafe automatisch eine Nicht-Wählbarkeit von sechs Jahren zur Folge hat. Das dürfte den Phönix erst einmal daran hindern, sich wieder aus der Asche zu erheben. Vielleicht für immer.
Für Berlusconi ist diese Verurteilung der ultimative Nackenschlag, meint auch Het Laatste Nieuws. Diese Entscheidung ist eine Erleichterung, aber zugleich bestimmt nicht die Lösung für alle Probleme in Italien. 20 Jahre lang war Berlusconi für die politische Klasse in Italien das ideale Alibi. Berlusconi zog mit seinen Skandalen und mit seinem offensichtlichen Machtmissbrauch alle Blicke auf sich. Damit wurde zugleich von den Unzulänglichkeiten seiner Gegner abgelenkt. Dieses Alibi ist nun futsch. Italien kann, darf - nein: muss jetzt beweisen, dass es zu mehr im Stande ist.
Berlusconismus als Machtfaktor?
Die letzten 20 Jahre jedenfalls waren verlorene Zeit, urteilt Le Soir. 20 Jahre lang hat sich das Land von einem Betrüger und Schürzenjäger verzaubern lassen. Und in dieser Zeit sind dem Land seine Werte abhandengekommen. Ob jetzt die Zeit der Umkehr gekommen ist, das muss sich allerdings noch zeigen. Immer noch die Hälfte der Wähler glaubt an das, was man vielleicht "Berlusconismus" nennen könnte.
Gazet Van Antwerpen sieht das ähnlich. Gleich wie es kommt, Silvio Berlusconi bleibt ein nicht zu unterschätzender Machtfaktor in Italien. Nicht vergessen: Im Augenblick unterstützt seine Partei das Kabinett von Ministerpräsident Enrico Letta. Der Cavaliere hat damit das Schicksal der Regierung in der Hand. Man könnte meinen, Berlusconi sei eine Katze mit sieben Leben.
Nicht nur in Italien, in ganz Südeuropa braut sich was zusammen, warnt auch L'Echo. Wie in Italien hängt auch in Portugal die Regierung am seidenen Faden. In Spanien ist Ministerpräsident Mariano Rajoy mit einer Korruptionsaffäre konfrontiert. Ganz zu schweigen von Griechenland, das von einer Krise in die nächste schlittert. Hinzu kommt: Die politischen Eliten dieser Länder treiben durch ihr teilweise skandalöses Verhalten die Wähler extremistischen Parteien in die Arme. Dieser explosive Cocktail in Südeuropa ist eine schwellende Gefahr für die Euro-Zone.
Hausärzte im Fokus
"Die Wallonie wird bald zu wenig Hausärzte haben", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. Die Allgemeinmediziner, die jetzt in der Ausbildung sind, werden jedenfalls nicht reichen, um diejenigen zu ersetzen, die bald in den Ruhestand gehen.
"Hausärzten wird bald auf die Finger geschaut", so die Schlagzeile von De Standaard. Ärzte, die zu viele Medikamente verschreiben, müssen das künftig begründen. 160 Mediziner werden bald Post bekommen. Darin wird man sie fragen, warum sie so viele Medikamente verschreiben, und warum es in der Regel teure Präparate sind. Und die Ärztegewerkschaft Absym warnt ihre Mitglieder: Wenn die Begründung nicht schlüssig ist, dann drohen Sanktionen bis hin zu einer Geldbuße.
Die Reaktion der Hausärzte ist schon absehbar, glaubt De Standaard in seinem Leitartikel. Jetzt kommt wieder dieser Katzenjammer nach dem Motto: "Schon wieder neue Kontrollen, schon wieder Drohungen". Diese Kritik ist vielleicht verständlich, aber nicht mehr zeitgemäß. Der Belgier schluckt nachweislich zu viele Pillen. Die Krankenversicherung wird von der Gesellschaft getragen. Und jeder Akteur muss Kontrolle akzeptieren. Schade nur, dass man hier allein die Kosten vor Augen hat. Wenn es hier um unser aller Gesundheit gehen würde, dann müsste jedenfalls mehr passieren.
Versessen auf Diagnose
Ein Gesundheitsthema auch auf Seite eins von De Morgen: "Die Belgier sind CT-Scan-Junkies", schreibt De Morgen; innerhalb von 10 Jahren ist die Zahl der durchgeführten Computertomographien um 75 Prozent gestiegen, von 1,3 Millionen auf 2,3 Millionen Untersuchungen. Die Kosten für die Krankenversicherung haben sich verdoppelt.
2,3 Millionen Computertomographien, das nennt man Überkonsum, meint De Morgen in seinem Leitartikel. Der Belgier hat offensichtlich eine fast krankhafte Beziehung zu seiner Gesundheit, dass man sich etwa fragen muss: Geht hierzulande noch einer in die Federn, ohne eine Schlafpille genommen zu haben? Die Folge ist jedenfalls, dass wir sämtliche Möglichkeiten, die die moderne Medizin eröffnet, in Anspruch nehmen. Dabei sollten wir uns aber mal einer ganz andere Frage stellen: Warum sind wir eigentlich so versessen auf medizinische Diagnosen?
Wegweiser im freien Markt
"Den günstigsten Strom auszusuchen, das wird einfacher", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Verbraucherschutzminister Johan Vande Lanotte will die Stromproduzenten verpflichten, ihre Preisformeln deutlicher zu machen. Der günstigste Tarif muss demnach klar ersichtlich sein.
Kommentierend meint Het Nieuwsblad dazu: Manchmal kann man den Eindruck haben, der Sozialist Vande Lanotte führe hier einen fast ideologisch motivierten Kreuzzug. Man kann das aber auch anders sehen: Es handelt sich vielleicht nur um die nötige Korrektur eines anderen ideologischen Dogmas, des Dogmas des allein seligmachenden freien Marktes. Der freie Markt ist nötig für Konkurrenz, das weiß auch Vande Lanotte. Allerdings darf man als Regierung nicht vergessen, ein paar Wegweiser aufzustellen.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)