"Baudouin: 20 Jahre schon", titeln La Dernière Heure und La Libre Belgique. "Gedenken an Baudouin", so die Schlagzeile des Grenz- Echo. Auf den Tag genau vor 20 Jahren, am 31. Juli 1993, starb König Baudouin. Er erlag in seinem Urlaubsdomizil im spanischen Motril einem Herzinfarkt. Das Land stand an den Tagen darauf unter Schock.
Le Soir wirft "einen anderen Blick auf Baudouin". Das Blatt befasst sich unter anderem mit dem Erbe des fünften Königs der Belgier.
... und dann kam Aurore vorbei
Thema Nummer eins vor allem in Flandern ist aber der Tod der 29- jährigen Aurore Ruyffelaere. Aurore war Freitagnacht nach ihrer Rückkehr von den Gentse Feesten verschwunden. Am Montagabend wurde unweit des Ortes, wo sie ihr Auto abgestellt hatte, ihre Leiche entdeckt. Der mutmaßliche Täter ist gefasst, es handelt sich um den 28- jährigen Andrei. "Aurore war zur falschen Zeit am falschen Ort", wie auch De Standaard festhält.
Het Nieuwsblad formuliert es auf seiner Titelseite so: "Dringend Geld nötig, und dann kam Aurore vorbei". Der mutmaßliche Täter hatte es anscheinend nur auf das Geld und das Auto der jungen Frau abgesehen. "Ermordet wegen eines Autos und einer Bankkarte", titelt Gazet van Antwerpen. "Haftbefehl wegen Raubmordes", schreibt das Grenz- Echo auf Seite eins.
Und es war nicht sein erstes Opfer. In der Nacht zuvor wollte er schon die 20- jährige Jodie überfallen. "Er schnappte mich und zog ein Springmesser", sagt Jodie in Het Laatste Nieuws. Jodie konnte fliehen. Sie war es auch, die den Ermittlern erste wichtige Hinweise lieferte. Insgesamt machte der Täter "fünf entscheidende Fehler", schreibt Het Laatste Nieuws. Unter anderem wurde er gefilmt, als er mit der Bankkarte von Aurore tanken ging.
Eine "pragmatische" Asylpolitik
"5.000 Plätze in Asylbewerberheim gestrichen", schreibt Le Soir auf Seite eins. Belgien zieht anscheinend weniger Asylbewerber an als früher. Resultat: Die Auffangstrukturen sind nur noch zu 75 Prozent ausgelastet. Deswegen hat sich die zuständige Behörde Fedasil dazu entschlossen, einige Asylbewerberheime zu schließen.
Kommentierend meint Le Soir dazu: Man mag es bedauern, dass Belgien dem Leid in der Welt nicht offener gegenüber steht. Doch muss man sich auch dafür die Mittel geben. Das Chaos in der Asylpolitik hat noch vor einigen Monaten viele Wähler in die Hände von Nationalisten oder Extremisten getrieben. Die Regierung legt also jetzt einen letztlich gesunden Pragmatismus an den Tag. Eine straffe Asylpolitik mit klaren Regeln, das ist das Verdienst der Regierung Di Rupo. Und das Schöne ist: Anders als in anderen Ländern wurde das nicht durch "law and order"-Geschwafel oder fremdenfeindliche Parolen begleitet.
Auch Het Laatste Nieuws ist voll des Lobes. Vor noch nicht allzu langer Zeit mussten Asylbewerber in Zeltlagern, Bahnhofshallen und sogar Hotelzimmern untergebracht werden. Seit Maggie De Block das Ressort übernommen hat, hat sich das schlagartig geändert. Das hat wohl auch damit zu tun, dass die wallonische PS ihr keine Stöcke in die Speichen gesteckt hat. Man muss schon sagen: Innerhalb von zwei Jahren hat sich in diesem Land tatsächlich einiges verändert.
Heirats-Dschihadismus
Viele Zeitungen befassen sich heute auch mit dem Exodus junger belgischer Muslime nach Syrien. "Belgische Braut als Belohnung", so die fast schon provokative Schlagzeile auf Seite eins von De Morgen. Hintergrund: Ein 16- jähriges Mädchen aus Vilvoorde ist vor einigen Tagen Richtung Syrien aufgebrochen, um sich dort zu verheiraten. Experten nennen dieses Phänomen "Heirats-Dschihadismus". Die einzige Möglichkeit für junge Frauen, in den Heiligen Krieg zu ziehen, ist demnach, sich den Kämpfern als Braut anzudienen. Wie unter anderem Het Laatste Nieuws hervorhebt, ist es bereits das zweite Mal, dass eine junge Frau aus Belgien nach Syrien reist.
Het Nieuwsblad widmet dem Phänomen einen nachdenklichen Kommentar: Die Geschichte dieser 16- Jährigen aus Vilvoorde ist einfach unfassbar. Im Grunde klingt das Ganze nach einer Pubertätskrise, die völlig außer Kontrolle geraten ist. Nur mit viel schlimmeren Folgen. Was um Himmels willen beseelt junge Menschen, sich in ein derart höllisches Abenteuer zu stürzen? Und die wichtigste Frage lautet: Wie kann man diesen Wahnsinn stoppen?
Friedensverhandlung auf schmalem Grat
Einige Blätter beschäftigen sich mit den wieder aufgenommenen Nahost-Friedensgesprächen. Die Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern stehen nicht unter einem guten Stern, glaubt L'Avenir. Schon die Geschichte lehrt uns, dass beide Lager in der Regel aneinander vorbeireden. Hinzu kommt im Augenblick, dass die Unterhändler in ihren jeweiligen Reihen keine 100- prozentige Unterstützung genießen. Und es reicht nur ein Zwischenfall, ein Attentat, ein Raketeneinschlag, ein neuer israelischer Bulldozer in den besetzten Gebieten, und alles ist wieder dahin.
Ähnlich sieht das L'Echo: Schaut man sich einmal den Nahen Osten an, mit Konflikten unter anderem in Ägypten, Syrien und dem Irak, dann ist die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen zwischen Israelis und Palästinensern ja eigentlich fast schon ein Lichtblick. Doch muss man gleich hinzufügen: Die Erfolgsaussichten sind äußerst gering. In Israel ist eine Regierung an der Macht, die im Wesentlichen aus Falken besteht. Auf Seiten der Palästinenser lehnt die Hamas jegliche Form von Friedensverhandlungen ab. Es sind vor allem die Israelis, die es in der Hand haben. Dabei muss man wissen: Mehr als die Hälfte der israelischen Bevölkerung würde jedes Abkommen akzeptieren. Hauptsache Frieden.
Kühler Kopf trotz Paranoia
Ganz andere Geschichte auf der Titelseite von De Standaard: "Der Whistleblower Manning verübte keinen Landesverrat", so die Schlagzeile. Bradley Manning hatte geheime Informationen an die Internet-Plattform Wikileaks weitergegeben, stand deswegen vor einem Militärgericht. Man verurteilte ihn aber "nur" wegen Spionage. Wäre es Landesverrat gewesen, hätte sogar die Todesstrafe gedroht.
Kommentierend meint De Standaard dazu: Bradley Manning wollte nicht primär seinem Land schaden, er hatte nach eigenen Angaben vielmehr noble Absichten. Und in der Tat: Selbst in Kriegszeiten muss eine Demokratie die verfassungsrechtlichen Freiheiten garantieren. Und es ist schon bemerkenswert, dass eine Militärrichterin in dem aufgeheizten Klima, das seit dem 11. September 2001 in Amerika herrscht, einen kühlen Kopf behalten konnte. Das bedeutet also, dass die Grundrechte in den USA noch nicht vollständig durch die Terror-Paranoia ausgeblendet worden sind. Diese Schlacht hat Osama Bin Laden aus einem Seemannsgrab heraus jedenfalls noch nicht gewonnen.
Bild: Belga Archiv