"Die Hölle auf dem Jakobsweg" titelt L'Avenir. Fast alle Zeitungen berichten heute in großer Aufmachung über das Zugunglück in Spanien vom vergangenen Mittwochabend. Dabei sind mindestens 80 Menschen ums Leben gekommen.
Über die Unglücksursache scheint kaum ein Zweifel zu bestehen. "Katastrophenzug entgleist wegen viel zu hoher Geschwindigkeit", so die Schlagzeile von Het Belang van Limburg. "Lokführer im Geschwindigkeitsrausch" titelt Het Laatste Nieuws. Tatsächlich war der Zug an der Unglücksstelle mit 190 km/h unterwegs statt der erlaubten 80 km/h.
"Ich fahre 190" zitiert Het Nieuwsblad einen Funkspruch des Lokführers. Und noch etwas soll der Lokführer gesagt haben: "Wenn es Tote gibt, dann habe ich sie auf dem Gewissen", bringt De Standaard die Aussage des Lokführers auf Seite eins.
Rente mit 70 - noch kein Thema?
"Rente ab 70 spaltet die CD&V", titelt derweil Het Belang Van Limburg. Zwei junge Mitglieder der flämischen Christdemokraten plädieren dafür, das Renteneinstiegsalter an die höhere Lebenserwartung anzugleichen. Man sollte demnach eben bis 70 arbeiten. Andere CD&V-Mitglieder sehen das anders, sie wollen die Länge der Laufbahn in den Mittelpunkt stellen. Wer früh anfängt zu arbeiten, der soll auch früher in Rente gehen dürfen. "Arbeiten bis 70 Jahre? Nicht vor übermorgen" bringt es Het Laatste Nieuws auf den Punkt. Die meisten anderen Regierungsparteien und auch die Gewerkschaften haben den Vorschlag bereits abgeschossen.
Viele Politiker beteuern, dass in Belgien keine Eile besteht, über das Renteneinstiegsalter nachzudenken. Damit lenken sie aber nur von ihrem eigenen Mangel an Mut und Verantwortungsbewusstsein ab, urteilt Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Wie sagte doch gleich der frühere Pensionsminister Vincent Van Quickenborne: "Es ist ein mieser Job, aber irgendjemand muss ihn ja machen". Dabei muss besagter Job nicht einmal so mies sein. Man muss das Problem nur zeitig genug angehen.
Ähnlich sieht das Het Belang Van Limburg. Im vergangenen Jahr kostete die Vergreisung der Bevölkerung den Staat eine Summe im Gegenwert von einem Viertel des Bruttoinlandsprodukts: knapp 100 Milliarden Euro. Im Jahr 2060 werden das 120 Milliarden Euro sein. Da ist ein Vorschlag wie der der beiden CD&V Politiker nur logisch. Eine Reform des Renteneinstiegsalters kann aber nur schrittweise erfolgen. Deshalb bedarf es jetzt einer Entscheidung.
Die wirkliche Frage liegt anderswo, glaubt indes Het Nieuwsblad. Es geht nicht darum, wie lange wir arbeiten müssen, sondern wie wir das organisieren werden. Durch die andauernde Blockadehaltung der Gewerkschaften müssen sich die Arbeitgeber nicht mal die Frage stellen, welche Jobs sie für Menschen über 55 überhaupt anbieten können. Aber eben von dieser Antwort hängt ab, ob es uns wirklich gelingen wird, unseren Arbeitsmarkt so zu organisieren, dass unser Sozialsystem überlebt.
Auch andere Zeitungen beschäftigen sich mit der Sozialen Sicherheit. "Belgien in der Spitzengruppe in Sachen Sozialausgaben" schreibt L'Avenir. Unser Wohlfahrtsstaat verschlingt über 30 Prozent unserer wirtschaftlichen Ressourcen; damit belegt Belgien weltweit den dritten Platz.
"Royal Baby" als Spar-Inspiration?
Und es war die Geburt eines Prinzen, die den einen oder anderen auf Ideen gebracht hat, wo es vielleicht Sparpotential gibt, notiert L'Avenir in seinem Leitartikel. Kate Middleton hat das Krankenhaus schon 24 Stunden nach der Geburt des "Royal Babys" verlassen. In Belgien kommen Frauen im Durchschnitt mehr als vier Tage nach der Entbindung erst wieder nach Hause. Die Frage ist also zumindest erlaubt, ob man hier nicht umdenken muss. Laut Berechnungen von Fachleuten würde hier ein Krankenhaustag 33 Millionen Euro ausmachen. Das belgische Sozialsystem ist eines der teuersten der Welt. Manchmal muss man sich fragen, wo Luxus beginnt.
Querelen um Spitzenjobs
Einige Zeitungen beschäftigen sich mit der Tatsache, dass die Regierung die längst fällige Besetzung von Spitzenjobs wieder aufgeschoben hat. An der Spitze der SNCB aber auch von Belgocontrol, der Nationallotterie oder auch Belgacom stehen personelle Veränderungen an. Die Regierung schafft es aber nicht, sich auf den politischen Verteilerschlüssel zu einigen.
Das wirft einen Schatten auf die zuletzt so spektakulär positive Regierungsbilanz, glaubt La Libre Belgique. Plötzlich befinden wir uns wieder in den Untiefen der Parteipolitik. Und gewisse dieser Personalentscheidungen können nicht warten. Wenn die Politik sich ein Armutszeugnis ausstellt, ist das ihr Problem. Wenn darunter aber ein öffentliches Unternehmen leiden muss, dann ist das unser aller Problem.
"Nehmt der Regierung die Zuständigkeit ab", poltert in diesem Zusammenhang De Standaard. Mit diesen politischen Ernennungen muss definitiv Schluss sein. Es bedarf objektiver Kriterien. Kandidaten für Spitzenjobs können auch durch Anwerbungsbüros wie etwa SELOR ausgesucht werden. Ein anderes mögliches Modell wäre der Hohe Rat für die Justiz. Es kann jedenfalls nicht so weitergehen, dass es bei Staatsbetrieben ein Machtvakuum gibt, nur weil die Politik mal wieder Spielchen spielt.
Der Euro und die belgischen Banken
L'Echo erinnert sich an ein Schlüsselmoment vor genau einem Jahr. Am 26. Juli 2012 erklärte EZB-Präsident Mario Draghi, dass die Europäische Zentralbank alles tun werde, was nötig ist, um den Euro zu retten. "Und glauben Sie mir, das wird reichen", hatte Draghi hinzugefügt. Was lernen wir daraus? fragt sich L'Echo in seinem Leitartikel. Nun, es hat sich gezeigt, dass Draghi der einzige Vertreter der Eurozone ist, dem die Märkte glauben. Kein Juncker, kein Barroso, kein Van Rompuy hatte es geschafft, die Märkte zu beruhigen. Draghi reichten zwei Sätze. Vor dem Hintergrund der anstehenden Europawahl ist das eine ernüchternde Feststellung.
"Die belgischen Banken stehen immer noch auf wackligen Beinen", so die Schlagzeile von Le Soir. Trotz einer Rosskur würden unsere Banken nach wie vor einer neuen Bankenkrise nicht trotzen können, schreibt das Blatt. Die belgischen Banken haben immer noch 1.000 Milliarden Euro in ihren Bilanzen stehen, das ist dreimal so viel wie das belgische Bruttoinlandsprodukt. Heißt auch: Der Staat könnte sie im Ernstfall nicht retten.
"Jeden Tag werden 18 Fälle von Fahrerflucht geahndet", so die Schlagzeile von Gazet Van Antwerpen. Das ist natürlich ein Durchschnittswert, aber Fakt ist, dass letztes Jahr 6.670 Verkehrsteilnehmer wegen Fahrerflucht verurteilt worden sind.
"HIV-Test für zuhause - Bald auch in Belgien", schreibt De Morgen heute auf seiner Titelseite. In Kürze wird es also einen Aids-Selbsttest zu kaufen geben. Die PS-Gesundheitsministerin Laurette Onkelinx hat dafür jetzt grünes Licht gegeben.
Bild: Dominique Faget (afp)