"Belgien ist bereit für den Thronwechsel", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. La Libre Belgique kommt mit einem einzigen Wort aus: "Historisch". Auf allen Titelseiten prangt das Bild von Philippe, ab morgen der siebte König der Belgier. Die meisten Blätter veröffentlichen umfangreiche Sonderbeilagen mit Porträts des Kronprinzen und dem Programm der Feierlichkeiten in Brüssel.
Die Blätter haben ihre Auflagen erhöht. Einige sogar verdoppelt, wie unter anderem Le Soir. L'Avenir blickt mit insgesamt 100 Fotos auf das Leben des künftigen Staatsoberhaupts. Philippe als Kind, als Jugendlicher, als Soldat und Kampfjetpilot, als gescheiterter Anwärter auf das Königsamt in den 1990er Jahren, als Familienvater und als Leiter von unzähligen Handelsmissionen.
Schlechter Prinz - guter König?
Das Blatt ist überzeugt, dass aus ihm ein guter König werden kann. Denn Philippe war ein schlechter Prinz. Schon als kleiner Junge hatte sein kinderloser Onkel König Baudouin ihn auf das Amt vorbereitet. Völlig unerwartet wurde nach dessen Tod aber nicht Philippe, sondern Albert König der Belgier. Das erklärt zum Teil den steifen und unglücklichen Eindruck, den man über Jahre von ihm hatte.
Het Nieuwsblad würde nicht gerne in der Haut des Kronprinzen stecken müssen. Philippe wird ab morgen einen Eiertanz aufführen müssen. Er darf sich keinen Fehler, keine falsche Bewegung erlauben. Er hat überhaupt keinen Spielraum. In Flandern stehen viele dem Königshaus skeptisch gegenüber.
Die größte Partei, die N-VA, sieht die Monarchie gar als Hindernis auf ihrem Weg zur unabhängigen Republik Flandern. Trotzdem erwartet De Morgen keine großen Protestaktionen in Brüssel. Das trauen sich die Nationalisten nicht, dafür ist das Königshaus selbst in Flandern noch zu beliebt.
La Libre Belgique schreibt: Auf den neuen König kommen einige Herausforderungen zu. Belgien hat sich zu einem Föderalstaat gewandelt mit Schwerpunkt bei den Gemeinschaften und Regionen. Nach der längsten politischen Krise atmet das Land langsam wieder auf. Die Monarchie sollte sich dem Modernisierungstrend anschließen.
Le Soir sieht das anders. Der Schein trügt. Der Waffenstillstand zwischen Flamen und Wallonen könnte nach der Wahl im kommenden Jahr wieder gebrochen werden. Dem künftigen König Philippe rät die Zeitung, die Seelenlage und Interessen seines Volks, vor allem im Norden des Landes, peinlichst genau zu beobachten.
Welche Rolle für Philippe?
Das Wirtschaftsblatt L'Echo hat die belgischen Unternehmer zum neuen König befragt. Knapp 60 Prozent sprechen ihm ihr Vertrauen aus. Allerdings wünschen sich sieben flämische Unternehmer von zehn eine rein protokollarische Rolle für das Staatsoberhaupt. Ganz im Gegensatz zu den wallonischen Unternehmern. Dort erheben laut Umfrage nur 20 Prozent diese Forderung.
Het Belang van Limburg veröffentlicht einen Überblick der Feierlichkeiten zur Machtübergabe morgen in Brüssel. Der Tag startet um neun Uhr mit dem Te Deum in der Kathedrale Sankt Michael und Gudula. Anschließend unterschreibt Albert II. die Abdankungserklärung, bevor Philippe gegen Mittag in der Kammer den Eid auf die Verfassung leistet. Im Anschluss daran wird sich das neue Königspaar auf dem Balkon des Palastes zeigen. In den Zeitungen gibt es großes Rätselraten darüber, ob es einen royalen Kuss von Philippe und Mathilde geben wird. Am Nachmittag stehen die Militärparade und die Feierlichkeiten im Park an. Krönender Abschluss ist das Feuerwerk um 23 Uhr.
Gazet van Antwerpen findet: Im Vergleich zu den Niederlanden fällt der Thronwechsel bei uns eher bescheiden aus. Kein großes Volksfest, keine ausländischen Staatsgäste. In Krisenzeiten, in denen die Regierung von Elio Di Rupo über 20 Milliarden Euro eingespart hat, mehr als verständlich.
Bye bye, Albert
La Dernière Heure befasst sich ausführlich mit der Abschiedstournee des scheidenden Königspaares durchs Land. Albert und Paola waren gestern in Lüttich, sichtlich gerührt. Die Königin hat sogar einige Tränen vergossen. 8.000 Menschen waren gekommen, um dem Paar ein letztes Mal zuzujubeln. Albert hat eine besondere Verbindung zu der Stadt an der Maas, war er doch Prinz von Lüttich.
Het Laatste Nieuws spricht rückblickend von einem freundlichen und vor allem menschlichen König. Ähnlich sieht es Het Belang van Limburg. Albert II hat gewiss nicht alles richtig gemacht, aber Belgien hat ihm unter anderem zu verdanken, dass es infolge der Dutroux-Affäre nicht zu gewaltsamen Protesten gegen Justiz und Polizei gekommen ist. Durch sein Handeln konnte der König den Volkszorn besänftigen. Unsere Politiker können ihm heute noch dafür dankbar sein.
Bild: Benoit Doppagne (belga)