"Belgien ist noch lange nicht gerettet", schreibt Le Soir in seinem Leitartikel und führt aus: Machen wir uns nichts vor: Die Sechste Staatsreform wird die N-VA nicht zum Schweigen bringen. Die ersten Äußerungen ihres Chefs Bart De Wever machen das schon deutlich. Jetzt will er Artikel 35 unserer Verfassung ändern, statt über eine strukturelle Reform mehr Unabhängigkeit für Flandern zu erreichen. Wie es mit solchen Ideen weiter geht, liegt jetzt in der Hand der flämischen Wählern.
Sie müssen überzeugt werden, dass ihre Region mit der neuen Staatsreform endlich die Zuständigkeiten bekommt, die man lange in Flandern gefordert hat. Flandern hat seine Zukunft jetzt selbst in der Hand. Jetzt kann man nicht mehr mit dem Finger auf den Süden zeigen und die Frankophonen für all das verantwortlich machen, was schlecht läuft, schreibt Le Soir.
Geld anders verteilen
Diesen Gedanken dreht De Morgen noch ein wenig weiter: Alle Rechnungen, die jetzt aufgestellt werden und zeigen, dass Flandern zu wenig Geld für all die Aufgaben bekommen soll, die auf den nördlichen Teil des Landes zukommen, sind überflüssig. Denn sie gehen davon aus, dass alles so weiter läuft wie bisher. Aber das Neue ist doch gerade: Jetzt können wir selbst bestimmen, wie wir unser Geld ausgeben wollen.
Zum Beispiel der Bonus für den Hausbau. Müssen Bürger, die sowieso schon genug Geld haben, um sich ein Haus bauen zu können, noch staatliche Unterstützung erhalten? Oder sollte man nicht besser, die Bürger unterstützen, die mit der Armut zu kämpfen haben? Müssen unsere führenden Politiker für ihre Kinder genauso viel Kindergeld erhalten, wie die alleinerziehende Mutter mit Mindestlohn? Das sind Fragen, die wir uns stellen sollten. Denn eine Staatsreform besteht nicht nur daraus, Zuständigkeiten neu zu verteilen, sondern auch daraus, diese Zuständigkeiten mit neuem Inhalt zu füllen. Die Debatte darüber sollte jetzt beginnen, fordert De Morgen.
Kompany als Vorbild für Flandern
Mehrere flämische Zeitungen kommentieren den gestrigen Feiertag der Flämischen Gemeinschaft. De Standaard hebt dabei die Rede der Schöffin für flämische Angelegenheiten in Brüssel hervor: Es war schon bemerkenswert, was die Sozialistin gestern im Brüsseler Rathaus gesagt hat. Es war ein Blick nach vorne, ein Blick darauf, wie Flandern sich in Zukunft in der Hauptstadt-Region einbringen kann, nämlich positiv und zukunftsorientiert. Die Schöffin nannte dafür die Beispiele von zwei Fußballern, nämlich Kompany und Lukaku.
Beide stammen aus Einwandererfamilien. Beide sind Produkte des flämischen Bildungswesens in Brüssel. Beide sind Stars der Roten Teufel, Idole für viele Jugendliche in ganz Belgien. Kompany hat einen Fußballclub in Brüssel gekauft, der offen ist für alle: für Brüsseler, Wallonen, Flamen, Einwanderer und Ausländer. Die Schöffin hat recht mit ihren Beispielen: Kompany und Lukaku kündigen das Flandern von morgen an, schreibt hoffnungsvoll De Standaard.
La Libre Belgique hofft, dass mit dem anstehenden Thronwechsel in Belgien die Königsfamilie näher an das Volk rückt: In der Vergangenheit war unser Königshaus quasi abgeschottet gegenüber der Öffentlichkeit. Es liegt im Interesse der Monarchie selbst, das sich das ändert. Sie sollte einen König zeigen, der mit seiner Zeit lebt. Die Teilnahme von Prinz Philippe an den "20 Kilometern von Brüssel" war ein guter Anfang. Es wäre zu wünschen, dass seine Regentschaft von so einer Bescheidenheit geprägt wird, von so einer Volksnähe, die andere Königshäuser längst leben, zum Beispiel in den Niederlanden, schreibt La Libre Belgique.
Es lebe der Energie-Mix
L'Echo macht sich Gedanken über die Zukunft der Kernenergie: Nach der Katastrophe von Fukushima kommt der Sektor nur schwer wieder auf die Beine. Der Anteil der Kernenergie an der weltweiten Stromproduktion ist von 17 Prozent in den 90er Jahren auf heute zehn Prozent gesunken. Doch machen wir uns nichts vor: Kernenergie wird es weiter und auch lange Zeit geben. 66 Kernreaktoren werden zurzeit gebaut. Und auch wir in Belgien werden noch lange Zeit mit Kernenergie leben, denn die Alternativen sind noch nicht zur Übernahme bereit. Es muss also darum gehen, den Mix vernünftig zu gestalten. Jenseits aller ideologischen Diskurse, schreibt L'Echo.
La Dernière Heure greift die Erfolge von deutschen Radsportlern auf der Tour de France auf: Erst gestern, an dem Tag, an dem wieder einmal ein Deutscher eine Etappe bei der Frankreich-Rundfahrt gewonnen hat, wiederholte die ARD ihren Beschluss, auch künftig das größte Radsport-Ereignis nicht zu übertragen. Nach den Doping-Affären um Ullrich, Zabel und Co. bleibe man bei dieser Entscheidung. Da können wir die deutschen Radsport-Fans nur bedauern. Sie sind kurz davor, eine historische Tour zu verpassen. Denn bei noch neun ausstehenden Etappen kann man davon ausgehen, dass es bei dieser Tour de France so viele deutsche Etappen-Siege geben wird, wie noch nie zuvor. Eine Rekord-Tour also und die Deutschen sind nur über Eurosport dabei, bedauert La Dernière Heure.
Bild: Bruno Fahy (belga)