"Die Mutter von Delphine Boël bricht ihr Schweigen", titelt Le Soir. Das Blatt hat ein Exklusiv-Interview mit Sybille de Selys de Longchamps führen können. Die Frau hatte 18 Jahre lang eine Affäre mit dem damaligen Prinzen Albert. Bislang hat die 71-Jährige zu dieser ganzen Geschichte geschwiegen. Wenn sie jetzt an die Öffentlichkeit gehe, dann tue sie das nur, um ihre Tochter in Schutz zu nehmen. Der König ist sich nicht darüber bewusst, welchen Diskriminierungen Delphine ausgesetzt ist, sagt Sybille de Selys de Longchamps in Le Soir. Auch De Standaard zitiert aus dem Soir-Interview: "Dass Albert seine Tochter nicht anerkennt, ist unnötig und grausam", so die Schlagzeile. Delphine Boël will ja jetzt vor Gericht einen Gentest erwirken, um zu beweisen, dass sie die Tochter des Königs ist. In Le Soir redet ihre Mutter Sybille de Selys de Longchamps aber auch erstmals offen über private Dinge. "König Baudouin hatte am Ende, nach langem Zögern, einer Scheidung von Albert und Paola zugestimmt", sagt die Frau. Sie sei es dann aber gewesen, die die Beziehung beendet habe.
In seinem Leitartikel sieht sich Le Soir dazu genötigt, die Veröffentlichung des Interviews zu rechtfertigen. Man sei nicht auf das Niveau der Yellow Press gesunken. Hier geht es nicht um Sensationspresse, vielmehr ist das Interview gleich in dreifacher Hinsicht von fundamentalem Interesse: Erstens: Wir erfahren, warum Delphine Boël gegen den König klagt. Zweitens: Im Mittelpunkt steht schließlich das Staatsoberhaupt. Und drittens gibt es auch einen historischen Wert. Wer es bedauert, dass hier das Privatleben des Königs thematisiert wird, der sollte sich vor Augen halten, dass die Welt schon seit 1999 von Delphine weiß. Diese Zeitbombe hätte man längst entschärfen können.
Starke Worte einer starken Frau
De Standaard ist von Sybille de Selys de Longchamps beeindruckt. Vielleicht empfindet sie Rachegelüste, sie spricht sie aber nicht aus. Ihre Worte sind viel mehr entwaffnend richtig: Ein Kind anzuerkennen ist heutzutage einfach. Und Albert hätte das schon allein aus Respekt für seine frühere große Liebe und vor allem für seine Tochter und ihre Kinder längst tun können. Das Interview ist durch die Menschlichkeit, die ihm innewohnt, für das Könighaus fast schon tödlich.
Und apropos Königshaus: "Laurent hat die Nase voll", schreiben fast gleichlautend L'Avenir und Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Seit 30 Jahren werde er permanent attackiert. Prinz Laurent war ja erst vor einigen Tagen wieder in die Schlagzeilen geraten wegen eines Besuchs bei einer umstrittenen Organisation in Israel.
Ganz andere Geschichte auf Seite eins von L'Echo: "Windenergie wird 5,7 Milliarden Euro kosten", schreibt die Wirtschaftszeitung. Belgien will ja bis 2020 seine Windparks deutlich ausbauen. In den nächsten Jahren wird die öffentliche Hand nach Schätzungen 1,1 Milliarden Euro pro Jahr an Zuschüssen beisteuern.
Das Thema Energie findet sich auch auf Seite eins von Le Soir: "Sonnenenergie könnte die wallonische Stromrechnung noch zusätzlich belasten", schreibt das Blatt. Das Problem: Elia, der Betreiber der Hochspannungsnetze, wird derzeit mit so genannten grünen Zertifikaten überschwemmt. Das Unternehmen ist verpflichtet, dafür jeweils 65 Euro auf den Tisch zu legen. Das sprengt die Kosten. Und deshalb wird Elia wohl seine Transporttarife anheben müssen. Für die wallonischen Haushalte bedeutet das eine Erhöhung des Strompreises um durchschnittlich 30 Euro im Jahr.
Bpost erfolgreich an die Börse
Viele Zeitungen berichten heute über den gestrigen Börsengang von bpost. Die Operation war ein voller Erfolg. Und wer hätte es gedacht, meint L'Echo in seinem Leitartikel, aus dem einst angestaubten und zerfressenen halbstaatlichen Dinosaurier ist inzwischen ein schlagkräftiges Unternehmen geworden. Man muss zwar aus dem Frosch keinen Ochsen machen: Die Deutsche Post, oder auch die niederländische TNT sind Erfolgsgeschichten eines noch ganz anderen Kalibers. Nichtsdestotrotz kann Postchef Johnny Thys stolz auf seine Leistung sein.
Und ob es den Gewerkschaften nun passt oder nicht, fügt la Libre Belgique hinzu. Doch gilt es in Zukunft, wachsam zu sein. Die Post muss ihren Verpflichtungen nachkommen. Dazu gehört auch der Erhalt der noch bestehenden 670 Postämter. Und Börsennotierung hin oder her: Auch der soziale Frieden im Unternehmen muss gewahrt werden: Wirtschaftliche Ziele müssen mit sozialen Grundsätzen unter einen Hut gebracht werden. Schließlich zählt bpost 29.000 Mitarbeiter.
In Flandern sorgt nach wie vor die Aufregung an einem Antwerpener Kindergarten für Diskussionsstoff. Eine Kindergärtnerin wird des sexuellen Missbrauchs beschuldigt. Bislang haben sich die Hinweise aber nicht erhärten lassen. Die Schule wird mehrheitlich von ausländischstämmigen Kindern besucht. Um die Wogen zu glätten, hat jetzt sogar der marokkanische Botschafter versucht, bei den Protesten vor den Schultoren zu schlichten: "Vertraut auf Polizei und Justiz", zitiert ihn Gazet van Antwerpen.
"Wir" gegen "Euch"
De Morgen widmet der Angelegenheit einen nachdenklichen Kommentar. Die Polizei findet keinerlei Spur, die auf sexuellen Missbrauch hinweist. Die Eltern sehen ihrerseits durchaus Anzeichen, die darauf hindeuten. Und dann kommen Überlegungen nach dem Motto: "Wenn das in einem reichen Vorort passiert wäre, hättet ihr auch was gefunden". Oder Sätze wie: "Wenn einer von uns sich falsch verhält, dann stehen wir alle am Pranger; wenn einer von euch unsere Kinder anrührt, dann bilden wir uns das nur ein". Das Problem an der ganzen Sache: Hier ist immer nur von "uns" und von "euch" die Rede; der Graben zwischen den Gemeinschaften scheint unüberbrückbar.
"Samenbank schweigt sechs Monate lang über Patzer", titelt Het Nieuwsblad. Hier geht es ja um die beiden Kinder, die in Gent zur Welt gekommen sind und unter einer seltenen Erbkrankheit leiden. Der Gendefekt kommt von dem Mann, der seinen Samen gespendet hatte. Und die dänische Samenbank wusste anscheinend schon sechs Monate, bevor die Kunden benachrichtigt wurden, dass ein Samenspender einen Gendefekt hatte. Die Sache kam erst raus, als ein Krankenhaus in den USA Alarm schlug.
Richter setzt Zeichen gegen "Willkür"
"Richter fegt kommunale Ordnungsstrafe vom Tisch", so die Schlagzeile heute von Het Laatste Nieuws. Demnach hatte ein Café-Betreiber eine Geldbuße aufgebrummt bekommen wegen Ruhestörung. Der Mann erhob Einspruch und dem wurde also stattgegeben. Zur Begründung sagte der Richter, dass die kommunalen Ordnungsstrafen zunehmend das Zusammenleben vergiften; er prangerte zudem die Willkür der kommunalen Ordnungsstrafen an.
"Brasilien in Aufruhr", so die Titelgeschichte von La Libre Belgique. Es gibt immer mehr Protestkundgebungen und die werden immer gewaltsamer, schreibt La Libre. Das flämische Massenblatt Het Laatste Nieuws meint dazu: Die Reaktion der Brasilianer ist irgendwie paradox. Auf der einen Seite ist das Land fußballverrückt, auf der anderen Seite protestieren die Brasilianer in Massen gegen die Kosten für die WM 2014. Schon der Römer wusste: Wichtig sind Brot und Spiele. Die Brasilianer verlangen Brot und würden dafür sogar die Spiele fallen lassen. Doch sollten sie nicht vergessen: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Es darf auch gespielt werden: Und das macht keiner besser als die Brasilianer.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)