"Acht von zehn Flamen finden, dass der König Delphine anerkennen soll", titelt Het Nieuwsblad. Die Zeitung hat exklusiv eine Umfrage durchgeführt und tausend Leute um ihre Meinung gebeten. Rund 82 Prozent sind also der Ansicht, dass der König zu seiner unehelichen Tochter stehen sollte.
Genau das will Delphine Boël jetzt über ein Gericht erwirken. Weil man den König aber nicht vor die Justiz zerren kann, verlangt sie einen Genvergleich mit Prinz Philippe. "Ein solcher 'Geschwistertest ist aber wenig aussagekräftig", schreibt L'Avenir auf Seite eins. Ob die angeblichen Geschwister vom selben Vater abstammen, könne man allenfalls mit 50prozentiger Sicherheit bestimmen, sagen Fachleute.
In seinem Leitartikel gibt sich L'Avenir Spekulationen hin. Und wenn Delphine Boël vor Gericht Recht bekommt? Und wenn sie wirklich die Tochter von König Albert ist? Und wenn sie dann einen Teil des Erbes beansprucht? Und wenn König Albert am Ende doch nicht abtritt, um einem Verfahren zu entgehen? Der Punkt ist: Uns fehlen Informationen, um uns eine Meinung zu bilden.
Wenn einer eine Reise tut…
Und auch Prinz Laurent hat es wieder auf die Titelseiten geschafft. "Wieder Wirbel um eine Reise von Prinz Laurent", titelt Het Laatste Nieuws. Hintergrund: Prinz Laurent ist auf seiner Israel-Reise von einer örtlichen Nichtregierungsorganisation eingeladen worden. Hier handelt es sich um eine Umweltorganisation. Die wird aber verdächtigt, rassistisch zu sein; rassistisch den Palästinensern gegenüber.
Le Soir geht auch auf die Geschichte ein: "Das unvorsichtige Grüne Licht", titelt das Blatt. 'Grünes Licht', weil normalerweise inzwischen alles, was der Prinz tut und lässt, von der Regierung abgesegnet werden muss. Und offensichtlich hat er für seinen Besuch bei besagter Organisation den Segen von Außenminister Reynders. Das Ganze riecht also nach Polemik, schreibt Le Soir auf seiner Titelseite.
Kommentierend fügt das Blatt hinzu: Einen solchen Wirbel hätte man von Grund auf vermeiden können. Wenn man wirklich auf Nummer sicher gehen will, dann müssen Mitglieder der Königsfamilie von vornherein gewisse Reiseziele meiden. Und dazu gehört eben auch Israel, wo das politische Parkett sehr rutschig und die Gefahr der Instrumentalisierung groß ist. Deswegen hätte das Außenministerium dem Prinzen nahe legen sollen, auf die Reise zu verzichten.
"Griechenland an der Nordsee"
Viele Zeitungen befassen sich heute mit dem Beschäftigungs- und Wettbewerbspakt, auf den sich die Regierungen des Landes gestern verständigt haben. Die Regierungen des Föderalstaates und der Regionen versprachen dabei verstärkte Kooperation. Flandern bekommt zudem eine Senkung der Lohn-Nebenkosten, allerdings nicht sofort. Im Gegenzug beteiligt sich Flandern an der Sanierung des Föderalen Haushaltes.
Het Laatste Nieuws bezeichnet den Pakt in seinem Kommentar als bloßes Stück Papier. Es gibt kein Timing; die beschlossenen Maßnahmen sind alles, nur nicht konkret. Und es gibt auch kein Geld, um etwas zu bewegen. Dabei brennt der Baum. Immer mehr Fachleute warnen davor, dass Belgien sich schon bald zu Ländern wie Spanien oder Portugal gesellt. Andere sprechen schon vom Griechenland an der Nordsee. Di Rupo und Peeters versprechen uns Maßnahmen für morgen; sie hätten aber gestern in Kraft treten müssen.
Guter Wille alleine reicht nicht, mahnt auch Gazet van Antwerpen. Wer behauptet, dass Belgien in der europäischen Spitzengruppe ist, der sagt, die Erde sei eine Scheibe. Der einzig Positive ist, dass die Regierungen offensichtlich inzwischen den Ernst der Lage erkennen und sich zusammenraufen wollen.
Genau das hält De Standaard für ein unzweifelhaftes Alarmsignal. Dass die verschiedenen Machtebenen plötzlich zusammen arbeiten wollen, das ist ja mal ganz was Neues, meint das Blatt ironisch. Da muss die Lage aber schon sehr ernst sein, wenn in diesem Land plötzlich alle Hand in Hand arbeiten wollen. Allerdings: Zusammenarbeit ist immer noch etwas anderes als Zusammenarbeit anzukündigen.
Dabei darf man nicht aus den Augen lassen, dass der flämische Ministerpräsident Kris Peeters quasi en passant einen spektakulären Kurswechsel vollzieht, bemerkt Het Nieuwsblad. Im Namen der flämischen Regierung hat Peeters angekündigt, dass sich Flandern an der Sanierung des föderalen Haushalts beteiligt. Das steht im Widerspruch zum heiligen Grundprinzip der N-VA, wonach föderale Zuständigkeiten mit föderalem Geld bezahlt werden müssen. Umso bemerkenswerter also, dass Peeters und Di Rupo sich demonstrativ dem Wohlstand des Landes annehmen.
Het Belang van Limburg wünscht sich, dass ein Ruck durch das ganze Land geht. Jeder kann seinen Beitrag leisten. Wenn die N-VA behauptet, dass allein die Föderalregierung die Probleme lösen kann, dann stimmt das nicht. Flandern kann auch etwas bewegen. Gleiches gilt im Übrigen für die Arbeitgeber. Statt über die hohen Lohnkosten zu jammern, sollten die lieber in Forschung und Entwicklung investieren. Attraktive Produkte würden einen hohen Preis eher rechtfertigen.
Wie du mir, so ich dir…
Einige Zeitungen beschäftigen sich heute mit den regionalen TGV-Verbindungen in Flandern und der Wallonie. Die sind durch die Bank defizitär. In De Morgen und Het Nieuwsblad macht der sp.a-Minister Johan Vande Lanotte aber klar: Wenn Ostende den Thalys verliert, dann muss das auch für die Achse Lüttich-Charleroi gelten. Das ist die Rückkehr der Waffeleisen-Politik, wettert De Morgen in seinem Leitartikel. Jetzt geht das wieder los, dass die Entscheidungen in Flandern und der Wallonie einem exakten Spiegelbild entsprechen müssen. Wichtig ist doch allein die Tatsache, dass die Bahn wohl andere Prioritäten hat, als leere Thalyszüge herumfahren zu lassen.
Einige Blätter schließlich befassen sich mit den gewaltsamen Protesten in Brasilien. Für uns in Europa kommen die Unruhen in Brasilien wie ein Blitz aus heiterem Himmel, konstatiert La Libre Belgique. Dabei hängt der soziale Haussegen schon seit einiger Zeit schief. Die brasilianische Erfolgsgeschichte ist nur oberflächlich. Unter der Decke herrscht soziale Unsicherheit: Die neue Mittelschicht hat Angst, wieder zu verarmen.
Und Brasilien steht nur stellvertretend für eine ganze Reihe von Schwellenländern, warnt L'Echo. Überall ist die Luft raus, ob nun in Russland, Indien, China oder Indonesien. Die Angst ist zurück und damit auch die Instabilität in vielen Ländern.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)
Die N-VA mögen Sie ja garnicht, Herr Pint (ich auch nicht in Gänze). Und Flandern auch nicht, und nicht nur diesmal. Dafür haben Sie aber eher ein Faible für eine andere, eine wallonisische Partei, oder? Und die Wallonie und Brüssel im Allgemeinen. Beides ist nicht sehr neutral. Die Auswahl der Zeitungskommentare und Unterlassungen im Text eignen sich nämlich auch gut zur subtilen Meinungs- und Stimmungsmache...