"Madame Sans-Gêne", titelt Le Soir in Anlehnung an eine bekannte französische Revolutionskämpferin. "Delphine Boël verklagt den König", schreibt L'Avenir. "Uneheliches Kind auf der Suche nach Beweisen", so die Schlagzeile von Gazet Van Antwerpen. Het Laatste Nieuws notiert auf Seite eins: "Boël will DNA-Test von König Albert, Prinz Philippe und Prinzessin Astrid vor Gericht erwirken". Damit will sie ihre Abstammung vom Staatsoberhaupt beweisen.
Die Affäre um die mögliche uneheliche Tochter von Albert II. kam 1999 ans Licht. In seiner Weihnachtsansprache kurze Zeit später spricht der König zwar von einer Ehekrise 30 Jahre zuvor, erwähnt aber mit keinem Wort die Existenz eines nicht-ehelichen Kindes. Seitdem schweigt sich der Palast über die Affäre Boël aus. Die 45-Jährige sucht aber immer wieder die Öffentlichkeit und fordert Anerkennung.
Die jetzt angestrebte Vaterschaftsklage bezeichnet Het Nieuwsblad als "Verzweiflungstat". Rechtlich gesehen hat Delphine Boël allerdings kaum Chancen auf Erfolg. Das erklären Verfassungsrechtler in den Zeitungen. Der König ist laut belgischem Grundgesetz unverletzlich. Er kann also nicht vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden. Het Nieuwsblad fällt auf: In der Angelegenheit werden nur die Königskinder Philippe und Astrid zitiert. "Was ist mit Laurent?", so die Zeitung. Seit Jahren machen Gerüchte die Runde, wonach der Skandalprinz das Ergebnis einer Affäre von Königin Paola mit einem italienischen Geschäftsmann sein soll.
Was will Delphine Boël?
De Standaard und La Libre Belgique fragen sich: "Was sind die Motive von Delphine Boël?". Möglicherweise will sie nur erwirken, dass ihr biologischer Vater sich zu ihr bekennt. Das ist zumindest, was sie seit Jahren behauptet. Möglicherweise spielen aber auch finanzielle Gründe eine Rolle. Ihr Vater, der reiche Industrielle Jaques Boël hat sie vor kurzem enterbt. Sollte sie vor Gericht tatsächlich Recht bekommen, stünde Boël ein Viertel des Erbes von König Albert zu. In die Reihe der Thronfolger kann Delphine Boël aber nicht aufgenommen werden, da dazu nur rechtmäßige Nachfahren von Leopold I. in Frage kommen.
Le Soir kritisiert den Umgang des Palastes mit der Affäre. Dabei handelt es sich um den wohl größten Fehler in der Amtszeit von König Albert. Het Nieuwsblad bemerkt: Das Problem ist nicht, dass der König ein uneheliches Kind hat. Viele andere Belgier haben sich ähnliche Fehltritte geleistet. Das Problem ist der Umgang mit der ganzen Geschichte. Das Blatt fordert mehr Würde und Respekt. Gazet Van Antwerpen meint: König Albert hätte vorgehen sollen wie seinerzeit der französische Präsident François Mitterrand. "Et alors? - Na und?", hat er damals gesagt, als die Existenz seiner unehelichen Tochter Mazarine enthüllt wurde. Mitterrand hatte sie zehn Jahre zuvor bereits anerkannt.
"König kann große Geste machen"
Auch Het Laatste Nieuws findet: Den ganzen Ärger hätte sich Albert II. ersparen können, wenn er früher gehandelt hätte. De Morgen hält fest: Auch wenn man den König vor Gericht nicht zur Rechenschaft ziehen kann, kann niemand ihn daran hindern, von sich aus eine große Geste zu machen. Es würde ihn sogar noch menschlicher und sympathischer machen.
La Dernière Heure fügt hinzu, dass Anerkennungen von unehelichen Kindern durch gekrönte Häupter keine Seltenheit sind. Der niederländische Prinz Bernhard, Ehemann von Königin Juliana hat sich zu zwei nicht-ehelichen Kindern bekannt. Prinz Albert von Monaco wurde gleich zweimal nach einem DNA-Test gezwungen, ein Kind anzuerkennen. In Spanien dagegen versucht König Juan Carlos seit Jahren zwei Vaterschaftsklagen aus dem Weg zu gehen.
Russland und der Westen streiten über Syrien
Neben dem Skandal im Königshaus beschäftigen sich die Blätter mit dem Gipfel der acht mächtigsten Staaten der Welt, dem G8 in Nordirland. Das Treffen wird überschattet durch die Spannungen um Syrien, bemerkt De Morgen. L'Avenir fügt hinzu: Die westliche Welt und Russland stehen sich frontal gegenüber. Europa und die USA können nicht verstehen, warum der russische Präsident Wladimir Putin das Assad-Regime in Damaskus weiter unterstützt.
Wie De Standaard meldet, erhalten die Rebellen Unterstützung aus Saudi-Arabien. Das Land soll die Aufständischen mit Luftabwehrraketen beliefern. Das Kriegsgerät stammt laut anonymer Quelle aus Frankreich und Belgien. Sollte das stimmen, ist die Sache besonders problematisch, denn die belgische Regierung hat sich gegen Waffenlieferungen an die syrische Opposition ausgesprochen. Über offizielle Kanäle ist die Waffenlieferung kaum möglich. Deswegen denkt die Zeitung, dass es sich um einen unbekannten Waffenhändler handeln muss.
L'Echo schreibt auf seiner Titelseite, dass die EU und die USA beim G8-Gipfel auch den offiziellen Startschuss gegeben haben zu Verhandlungen über eine Freihandelszone, die die größte der Welt werden soll.
Foto: Eric Lalmand (belga)