"Aus Athen nichts Neues", so die Schlagzeile auf Seite eins von De Standaard. Nichts Neues im Sinne von "keine öffentlich-rechtlichen Nachrichten mehr". Die Regierung in Athen hat den staatlichen Radio- und Fernsehsender ERT abgeschaltet. Dies, nachdem nur wenige Stunden zuvor die Schließung der Sendeanstalt bekannt gegeben worden war. Das brutale Vorgehen der griechischen Regierung hat in Griechenland und auch darüber hinaus für einen Sturm der Entrüstung gesorgt. "Das riecht nach dem Regime der Obristen", zitiert De Standaard einen Demonstranten in Athen. Das ist natürlich eine Anspielung auf die Militärdiktatur in Griechenland zwischen 1967 und 1974.
Auch La Libre Belgique spricht auf Seite eins von einem audiovisuellen Putsch. Eine Medienanstalt zu schließen, das heißt immer, eine Stimme zum Schweigen zu bringen, meint La Libre in ihrem Leitartikel. Die griechische Regierung hat die ERT mit einem Mal von der Landkarte gestrichen, als wäre die Anstalt vollkommen unnütz gewesen. Natürlich waren bei der ERT alle Krankheiten zu beobachten, für die Griechenland berüchtigt ist. Doch war die Politik dafür maßgeblich verantwortlich. Im Endeffekt ist der Sender ein Bauernopfer. Die Troika aus EU-Kommission, IWF und EZB hatte von den Griechen eine unpopuläre Entscheidung verlangt und die Griechen führten die ERT zur Schlachtbank.
Funkstille
Le Soir stellt in dieser Sache allen voran die EU-Kommission an den Pranger. Die Kommission begnügte sich damit, die Entscheidung der griechischen Regierung, so wörtlich, zur Kenntnis zu nehmen. Und das auch erst, nachdem EU-Abgeordnete im Parlament eine Reaktion der Brüsseler Behörde verlangt hatten. Dabei verstößt Griechenland eindeutig gegen das Protokoll über öffentlich-rechtliche Medien, das Teil der EU-Verträge ist. Wenn die griechische Regierung, in dem sie Grundprinzipien der Demokratie aushebelt, brutal ist, dann ist die EU-Kommission schlicht und einfach feige.
Das Börsenblatt L'Echo spricht seinerseits von einer einzigen griechischen Tragödie. Einmal mehr sieht man, wie verfahren die griechische Krise ist. Klar: Die Regierung in Athen ignoriert Grundprinzipien der Demokratie. Und die EU hat sie dazu nicht verpflichtet. Und doch trägt die Troika aus EU, IWF und EZB eine erdrückende Verantwortung. Es ist die Troika, die mit ihren drakonischen Sparauflagen die Griechen immer weiter gegen die Wand gedrückt hat. Inzwischen greift europaweit Europaskepsis um sich. Europa muss aufhören, seinen Bürgern blindwütig unerträgliche Opfer abzuverlangen, meint ungewöhnlich milde die Wirtschaftszeitung L'Echo.
Diamantenfieber
"Die Beute aus dem Diamantenraub war zehn Mal größer", schreibt De Morgen auf Seite eins. Hier geht es um den Jahrhundert-Coup vom vergangenen 18. Februar. Bislang hatte man die Höhe der Beute mit 50 Millionen Dollar angegeben; 37 Millionen Euro. Das stimmt aber nicht, sagt jetzt der marokkanische Geheimdienst. Vielmehr hätten die Täter Diamanten im Wert von 300 Millionen Euro mitgehen lassen. Der Antwerpener Diamantensektor habe die Höhe der Beute bewusst niedriger angegeben, um das Image des Standorts Antwerpen nicht zusätzlich zu beschädigen. Die Info kommt aus Marokko, weil dort die Fäden anscheinend zusammenlaufen: der Raub wurde offensichtlich dort geplant.
"Die Staatsschuld senken: Belgiens langer Kreuzweg", so die Schlagzeile heute von L'Echo. Finanzminister Koen Geens hat angekündigt, dass er die Staatsschuld unter der psychologischen Grenze von 100 Prozent halten will, berichtet auch unter anderem Le Soir. Nach neusten Zahlen beläuft sich der Schuldgrad aber auf 99,8 Prozent. In nackten Zahlen: 375 Milliarden Euro.
Viele Ideen machen noch kein Parteiprogramm
"Rutten fordert heraus", titelt Het Laatste Nieuws. Die Rede ist von Gwendolyn Rutten, der Präsidentin der flämischen Liberalen OpenVLD. Die hat am Mittwoch eine Reihe von Ideen in den Raum gestellt, die die OpenVLD in den Wahlkampf mitnehmen will. Einige Beispiele: Eine Nahverkehrsgesellschaft, das ist nicht Sache des Staates. Mehr Dienstjahre müssen nicht bedeuten: mehr Lohn. Statt den Staat umzubauen, sollte man ihn verschlanken.
De Morgen hebt einen weiteren Vorschlag hervor: "Sozialer Dialog ist nicht zeitgemäß, zitiert das Blatt die OpenVLD-Vorsitzende. Jeder Arbeitnehmer ist selbst dazu im Stande, seinen Lohn auszuhandeln. Die OpenVLD will sich also wieder ein klar liberales Programm geben.
Die Liberale Zeitung Het Laatste Nieuws spricht denn auch in ihrem Leitartikel von einer Wiederauferstehung. Die neue OpenVLD-Chefin verbreitet Optimismus. Sie appelliert an alle Menschen, die es satt haben, es satt zu haben. Das ist erfrischend. Die OpenVLD wäre gut beraten, ihre traditionelle Gespaltenheit aufzugeben und sich hinter ihre junge Vorsitzende zu stellen.
Het Nieuwsblad ist dagegen eher skeptisch. Politik braucht kreative Ideen. Doch machen viele Ideen noch kein Parteiprogramm. Heutzutage reicht es nicht mehr, zu sagen, was man tun will; man muss auch sagen, wie man das anstellen will.
Shades of Grey
Vor allem müsste Rutten dann mal konsequent sein, meint auch Gazet van Antwerpen. Wenn die Liberalen es mit ihrem Programm ernst meinen, dann dürfen sie auch nicht mehr eine Koalition mit der PS eingehen. Jedenfalls darf man nicht mehr Teil einer Regierung sein, die für das Gegenteil dessen steht, was man predigt. Und hier geht es um Glaubwürdigkeit.
De Morgen wirft seinerseits einen Blick auf die flämische Politiklandschaft in ihrer Gesamtheit. Nicht nur die OpenVLD, auch die sozialistische SP.A konzentriert sich wieder auf ihr Kerngeschäft, geht zurück zu den Wurzeln. Die CD&V macht ebenfalls aus der siebten Staatsreform keine Priorität. Es sieht so aus, als wollten sich die traditionellen Parteien von der N-VA abheben. Hoffentlich führt das zu einem Wahlkampf, indem wirklich noch einmal über wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Themen diskutiert wird, und nicht über alle möglichen Facetten und Graustufen des flämischen Nationalismus.
Bild: Louisa Gouliamaki (afp)