"Königliche Dotationen: Eine historische Reform", titelt heute La Libre Belgique. Die Mehrheitspartner haben sich am Mittwoch zusammen mit den Grünen auf eine Reform des Systems der staatlichen Zuwendungen für das Königshaus geeinigt. Die wohl wichtigste Neuerung: Die Mitglieder des Königshauses werden ab jetzt Steuern zahlen. Wie viel das sein wird, das dröselt La Dernière Heure auf seiner Titelseite auf: Kronprinz Philippe zahlt 79.000 Euro, Prinz Laurent muss 33.000 Euro an den Fiskus abführen. "Prinz Philippe verdient ab jetzt 15.000 Euro brutto pro Monat", schreibt Het Laatste Nieuws in Blockbuchstaben auf Seite eins.
Weitere Folge der Reform: Die Dotation von Königin Fabiola wird noch einmal zusammengestrichen: "Die finanziellen Zuwendungen von Königin Fabiola werden halbiert", schreibt De Morgen. Het Belang van Limburg vergleicht mit dem ursprünglichen Niveau der Dotation und stellt fest: "Fabiola verliert zwei Drittel ihrer Dotation". Le Soir bringt es auf Seite eins auf den Punkt: "Fabiola zahlt die Zeche".
"Fabiola zahlt die Zeche"
Denn es war die Witwe von König Baudouin, die im Grunde den entscheidenden Impuls für die Reform gegeben hat, fügt Le Soir kommentierend hinzu. Als bekannt wurde, dass Königin Fabiola ihre Besitztümer in drei Stiftungen parken wollte, um der Erbschaftssteuer zu entgehen, war die Empörung groß und ging quer durch die Parteien. Innerhalb von sechs Monaten hat Fabiola damit mehr für die Modernisierung der Monarchie getan, als alle selbsternannten Aufräumer in den letzten 30 Jahren. Denn das ist letztlich das Ziel der Reform: Die Monarchie soll moderner und transparenter werden.
Man hackt die Hand ab, um den Kopf zu retten, so indes der prägnante Vergleich von L'Avenir. Hier ging es nämlich um nicht weniger als die Zukunft der Monarchie insgesamt. Man könnte meinen, die Reform der Dotationen sei ein erstes Zugeständnis der Frankophonen an die flämischen Parteien, die durch die Bank die Monarchie grundsätzlich neu aufstellen wollen.
Neuer Minister in der flämischen Regierung?
"De Wever stößt alle vor den Kopf", titelt derweil Het Nieuwsblad. Hier geht es um die Nachwehen der Unterrichtsreform in Flandern. Die flämische Regierung hatte sich ja auf einen Kompromiss geeinigt, und damit einen Koalitionsbruch verhindert. N-VA-Chef Bart De Wever hat aber am Mittwoch auf seine Art nachgekartet. "Er sagt das Gegenteil von Ministerpräsident Peeters und gibt Interviews aus der Cafeteria", schreibt Het Nieuwsblad. "De Wever debattiert nicht im flämischen Parlament, sondern nur vor den Fernsehkameras", so auch die Schlagzeile von De Morgen.
Fakt ist: Die flämischen Mehrheitspartner haben am Mittwoch für eine fast schon beispiellose Verwirrung gesorgt. "Es gibt ein Abkommen, aber zwei Versionen", stellt Het Laatste Nieuws fest.
Gibt es denn überhaupt noch eine flämische Regierung, fragt sich denn auch Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Jedenfalls zählt die Equipe um Kris Peeters inzwischen offensichtlich einen zehnten Minister in ihren Reihen. Und der heißt Bart De Wever. Der stellt sich nicht den Abgeordneten im flämischen Parlament, seine Arena sind allein die Medien. Die flämische Regierung besteht nur noch auf dem Papier, niemand gönnt dem anderen nichts mehr.
Eine Regionalregierung kann im Grunde nicht stürzen, stellt nüchtern Het Laatste Nieuws. Deswegen wurden die Partner denn auch zu diesem unseligen Kompromiss quasi gezwungen. Das Wesentliche wird verschoben. Ein echter belgischer Kompromiss eben. Der steckt wohl offensichtlich auch in unseren flämischen Genen.
Wohin geht die Reise?
Die Leidtragenden sind erst mal die Schulen und Lehrer, notiert Gazet van Antwerpen. Im Augenblick weiß niemand, wo die Reise hingeht. 2016 soll ja die nächste Regierung noch einmal über die Reform befinden. Das sorgt für Unsicherheit. Man muss jetzt also vor allem die Lehrkräfte mitnehmen, denn mit ihnen steht und fällt jede Reform.
De Morgen zieht seinerseits eine verbitterte Bilanz des Theaters um die Unterrichtsreform. Die flämische Regierung ist inzwischen offensichtlich genauso krank wie die Politik auf föderaler Ebene. Rien ne va plus, nulle part, nichts geht mehr - nirgendwo - Politik besteht nur noch aus Catenaccio: Es ist wichtiger, zu verteidigen, als Tore zu schießen. Deswegen bleiben in Belgien die wichtigen Reformen liegen, werden wichtige Entscheidungen auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben und bei der nächsten Wahl wird den Bürgern wieder der Himmel auf Erden versprochen.
China spielt falsch
Einige Zeitungen beschäftigen sich auch heute mit der Entscheidung der EU-Kommission, künftig Strafzölle auf chinesische Sonnenpaneele zu erheben. De Standaard ist in seinem Leitartikel voll des Lobes. China spielt falsch, bezuschusst seine Solartechnik-Industrie, strebt in dieser Branche das weltweite Monopol an. Und es ist richtig, dass der zuständige belgische EU-Außenhandelskommissar Karel De Gucht dagegen angeht. Allerdings ist die EU in dieser Sache mal wieder gespalten. Belgien, vor allem aber Deutschland, wollen die Chinesen nicht vor den Kopf stoßen. Ein Kräftemessen mit einem Gegner wie China gewinnt man aber nur, wenn alle an einem Strang ziehen.
La Libre Belgique hat ihrerseits Angst vor der eigenen Courage. Ist es nicht bezeichnend? Ausgerechnet Angela Merkel, die sonst so strikt und akribisch ist, plädiert in dieser Sache für Besonnenheit. Eben weil China für viele Betriebe in Deutschland und darüber hinaus zum wichtigen Wachstumsfaktor geworden ist. Man kann nur hoffen, dass Karel De Gucht nach seinem mutigen ersten, auch den zweiten Schritt bedacht hat.
Die Farbe der Sitze im Pannen-Zug
Das FYRA-Debakel beschäftigt auch weiter die Zeitungen; hier geht es ja um den Hochgeschwindigkeitszug, der gleich nach Inbetriebnahme nur Pannen produziert hat; die SNCB ist inzwischen aus dem Deal ausgestiegen. Nur: Wer ist für diesen Deal verantwortlich? "Die ehemaligen Bahnchefs Schouppe und Vinck geben sich gegenseitig die Schuld", schreibt De Morgen auf Seite eins.
De Standaard und Het Nieuwsblad wissen ihrerseits zu berichten, dass SNCB-Verantwortliche in Sachen Fyra regelmäßig nach Italien gefahren sind. Het Nieuwsblad formuliert es so: "40 Mal nach Italien, um die Farbe der Sitze auszuwählen".
Bild: Kristof Van Accom (belga)