"Fyra kann den Staat Millionen kosten", titelt Gazet Van Antwerpen auf Seite eins. "Fyra: ein Fiasko, das schwer zu erklären ist", heißt es im Aufmacher bei L'Avenir. Die belgische Bahn hat gestern bekannt gegeben, das Projekt Fyra zu stoppen. Die SNCB wird nach einer Serie von Pannen kein Geld mehr in den Hochgeschwindigkeitszug zwischen Brüssel und Amsterdam investieren.
Kommentierend meint dazu Het Laatste Nieuws: Das ist eine gute Entscheidung von den Bossen der belgischen Bahn. Die SNCB hat den Fyra nie wirklich gewollt. Es war vor allem Druck der Politik und Druck aus den Niederlanden, die Fyra möglich machten. In den Niederlanden wollte man eine Konkurrenz zum Thalys. Denn Konkurrenz belebt das Geschäft, so die Argumentation.
Das Debakel um Fyra beweist: Die SNCB muss so schnell wie möglich unabhängig werden von der Politik. Sie muss selbständig entscheiden können wie ein Unternehmen der Privatwirtschaft. Allerdings ist vorgesehen, dass bei der SNCB in Zukunft zwei ehemalige Mitglieder des Kabinetts der Regierung das Sagen haben werden. Stellt sich die Frage, ob das eine gute Idee ist, so Het Laatste Nieuws.
De Morgen schreibt zum gleichen Thema: Die Frage bleibt, warum sich Belgier und Niederländer für ein italienisches Produkt mit schlechtem Ruf entschieden haben. Fyra war ein Neueinsteiger im Markt der Hochgeschwindigkeitszüge. Hat sich denn keiner gefragt, warum das Angebot der Italiener billiger war als das Angebot der etablierten Konkurrenz? Schon 2005 - das wird jetzt bekannt - gab es in den Niederlanden die Warnung, dass die Unerfahrenheit des Fyra-Herstellers für Probleme sorgen könnte. Dass sich die SNCB-Bosse jetzt hinter dem Argument verschanzen: "Wir haben diese Bestellung nicht getätigt, das waren unsere Vorgänger", ist fast ein genauso großer Witz wie Fyra selbst, schreibt De Morgen.
Das Gesetz des Stärkeren
"Steinreicher Stahlriese droht Zulieferern", regt sich Het Nieuwsblad auf. Die Zeitung berichtet, dass ArcelorMittal in Lüttich von seinen Zulieferbetrieben niedrigere Preise verlangt. Um sechs Prozent soll alles für ArcelorMittal billiger werden. Het Nieuwsblad findet das "unverschämt" und kommentiert: Das Gesetz des Stärkeren - ArcelorMittal macht davon Gebrauch. Wie so viele multinationale Unternehmen spielt der Stahlriese seine Macht aus. Wer nicht kuscht, der fliegt, und für Zulieferbetriebe heißt das oft: Der geht kaputt.
Die Politik ist verantwortlich dafür, dass es so weit kommen konnte. Im internationalen Wettbewerb haben sich Länder überboten mit Anreizen für Großunternehmen, Stichwort: steuerliche Begünstigungen. Aber jetzt könnte sich das Blatt wenden, denn zurzeit werden gerade diese Steuervergünstigungen hinterfragt. Steuerschlupflöcher stehen unter Beschuss. Wenn die Politik jetzt zusammensteht und wieder gleiche Bedingungen schafft, könnte die Macht der Großkonzerne gebrochen werden. Drohungen wie die von ArcelorMittal wären dann kaum noch möglich, so Het Nieuwsblad.
Sozialisten poltern
L'Echo schreibt zum Thema Sparbücher: Die Zeit für neue Regeln ist jetzt. Wenn alles läuft wie vorhersehbar, wird der Europäische Gerichtshof Belgien am kommenden Donnerstag verurteilen wegen des aktuellen Steuerfreibetrags auf Zinsen. Für die Regierung wird das ein willkommenes Urteil sein. Sie wird dann nicht verantwortlich dafür sein, das bestehende System gekippt, Hand an das sakrosankte Sparbuch gelegt zu haben. Auf der anderen Seite wird sich die Regierung über die neuen Steuereinnahmen freuen. 500 Millionen Euro könnte das pro Jahr bringen. Das ist eine gute Nachricht, wenn man bedenkt, dass Belgien laut neuesten Vorschriften der EU-Kommission vier Milliarden Euro zusätzlich sparen soll, so die Wirtschaftszeitung L'Echo.
Die Kritik sozialistischer Politiker an genau diesen Sparvorschriften der EU-Kommission kommentiert L'Avenir. Die sozialistischen Führer Europas tun sich schwer damit, die Vorgaben aus Brüssel zu akzeptieren. Sie sehen in diesen Vorschriften rechtsliberales Gedankengut, und im Grunde sei es nur Deutschland, das seinen Willen diktiere. In Frankreich schimpft Staatspräsident François Hollande kräftig gegen diese EU; in Belgien sind es der Sozialisten-Chef Paul Magnette und Sozialministerin Laurette Onkelinx. Auch unser sozialistische Premierminister Elio Di Rupo würde sicherlich gerne poltern gegen all die Sparzwänge. Doch in seiner Rolle als neutraler Premierminister ist er quasi Gefangener seines Amtes, schreibt L'Avenir.
"Neuer Bischof wird überraschen"
"Wir haben einen neuen Bischof", titelt das Grenz-Echo auf Seite eins. La Libre Belgique kommentiert die Ernennung von Jean-Pierre Delville zum neuen Bischof von Lüttich: Der Mann ist ein herausragender Intellektueller, aber auch ein Mann, der mitten in der Gesellschaft steht. Er hat Sozialzentren für Benachteiligte in Lüttich gegründet. Er wird ein Bischof sein, der die Rolle der Laien und der Frauen neu definieren wird, ohne jedoch das Unmögliche zu verlangen. Indem er die Verbindung zwischen Intellekt und Aktion vorlebt, entspricht er der Linie des neuen Papstes, der noch andere Bischöfe mit dem Profil von Jean-Pierre Delville ernennen wird. Delville wird in Lüttich genauso überraschen, wie Papst Franziskus in Rom, glaubt La Libre Belgique.
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