"Tödliche Naturgewalt", titelt De Standaard. "Eine ganze Stadt wurde weggefegt", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. "Alles verloren in ein paar Sekunden", so die Schlagzeile von Gazet Van Antwerpen. Die Titelseiten vieler Zeitungen sind geprägt von Fotos aus Oklahoma, wo ein riesiger Tornado eine Kleinstadt buchstäblich dem Erdboden gleichgemacht hat. Unter anderem wurde auch eine Schule verwüstet. Dabei kamen mindestens neun Kinder ums Leben.
Und doch stößt sich L'Avenir an dem gewaltigen Medieninteresse. Natürlich ist es tragisch, was den Menschen da in Oklahoma widerfahren ist. Doch muss man sich dennoch die Frage stellen, wieso um eine Katastrophe in den USA immer gleich ein solches Aufhebens gemacht wird. Der Zyklon, der in der letzten Woche Bangladesch und Birma heimgesucht hat, ist demgegenüber fast schon untergegangen. Das muss wohl an der Dominanz der US-Medien liegen, die die Welt mit Bildern überfluten, die ihre Interessen widerspiegeln. Und wir in Europa hängen quasi an den Lippen der Amerikaner.
Zulte-Waregem nach Antwerpen?
Thema Nummer eins in Flandern ist aber eine mögliche Sensation in der Welt des Profi-Fußballs. "Zulte Waregem will ein Antwerpener Club werden", titelt Het Laatste Nieuws. Das wäre eine faustdicke Überraschung. Zunächst aus geografischen Gründen: Waregem liegt 86 Kilometer von Antwerpen entfernt. Zulte Waregem ist gerade erst Vize-Landesmeister geworden. Quasi zeitgleich ging der Antwerpener Traditionsverein Beerschot Bankrott. Und in Antwerpen will man offensichtlich so schnell wie möglich einen neuen Spitzenverein sehen.
"De Wever holt Zulte Waregem nach Antwerpen", so formuliert es denn auch De Morgen auf Seite eins. "De Wever baut an einem Antwerpener Erstligisten", so die Schlagzeile von De Standaard. Der Antwerpener Bürgermeister ist einer der Hauptakteure, der andere ist der Manager von Zulte Waregem, Patrick Decuyper. Es ist Decuyper, der offenbar gewillt ist, seinen Club nach Antwerpen zu verkaufen.
Die Meldung ist wie eine Bombe eingeschlagen. Erst vor drei Tagen hatte Waregem überschwänglich den zweiten Platz seiner Mannschaft gefeiert. Jetzt steht die Stadt unter Schock, wie Het Nieuwsblad berichtet. Die Zeitung spricht in Blockbuchstaben auf ihrer Titelseite von einem "Kuhhandel mit dem Vize-Champion".
Fußball = Emotion + Tradition
Viele Leitartikler stehen der Idee skeptisch gegenüber. Flandern ist nicht Amerika, bemerkt etwa Het Laatste Nieuws. Zwar ist der Umzug eines Vereins in eine andere Stadt laut Reglement durchaus möglich. Doch ist ein Fußballclub eben kein Unternehmen. In Belgien ist Fußball reine Gefühlssache. Ein Club ist eingebettet in eine Gemeinschaft. Ein Fußballverein ist jedenfalls deutlich mehr als die 25 Profis, die auf seiner Gehaltsliste stehen. Ein Club lebt von seinen Fans, den Freiwilligen und den Jungs in den Jugendmannschaften. Deswegen ist die Idee eines Umzugs von Zulte Waregem nach Antwerpen einfältig und absurd.
Het Nieuwsblad sieht das ähnlich: Der belgische Profifußball ist nicht reif für amerikanische Verhältnisse. Manager Patrick Decuyper will offensichtlich seinen Club zu Geld machen. Das ist eben die Schattenseite des Engagements von Geschäftsleuten im Profifußball. Da wünscht man sich das deutsche Modell, wo der Verkauf eines Clubs unmöglich ist. Da haben die Fans Mitspracherecht, und das ist vorbildlich.
"Dünnes Eis für Bart De Wever"
"Fußball ist eben inzwischen big business", konstatiert De Morgen. Und auch die Politik ist nie sehr weit entfernt. Das gilt selbst für einen Bart De Wever, der bestimmt nicht im Verdacht steht, sich auch nur im Entferntesten für Fußball zu interessieren. De Wever mag vielleicht nur die Kosten vor Augen haben, die das leere Stadion von Beerschot mit sich bringt. Aber beim Fußball geht es eben in erster Linie um Emotionen.
"De Wever bewegt sich denn auch auf ganz dünnem Eis", glaubt Gazet Van Antwerpen. Ein Umzug von Zulte Waregem nach Antwerpen mag eine geniale Idee sein. Doch geht es beim Sport eben nicht allein um Vernunft und wirtschaftliche Logik. Zulte Waregem wäre wohl nichts anderes als ein Kuckucksei in einem Antwerpener Stadion. Deswegen droht De Wever am Ende mit leeren Händen da zu stehen.
"Angehörige fordern zusätzliche Untersuchungen", titelt derweil Het Belang Van Limburg. Hier geht es um die Ermittlungen im Zusammenhang mit dem verheerenden Busunglück im letzten Jahr in der Schweiz. Die Ermittlungen sind eigentlich abgeschlossen. Die Familien wollen sich mit den Ergebnissen aber nicht zufrieden geben.
Wallonen kehren Photovoltaik den Rücken
"Die Wallonen wenden sich von der Photovoltaik ab", so die Titelgeschichte von Le Soir. Das ist eine Folge der neuen Bezuschussungsregeln. Seither gehen nur noch ganz wenige neue Bestellungen für Sonnenpaneele ein.
EU-Gipfel - Viel Lärm um nichts?
Einige Leitartikler beschäftigen sich mit dem heutigen EU-Sondergipfel. Auf der Tagesordnung stehen die Energiepolitik und der Kampf gegen Steuerschlupflöcher. In beiden Themenfeldern rechnen die Zeitungen nicht mit konkreten Ergebnissen.
In der Energiepolitik gibt es nichts zu entscheiden, glaubt L'Echo. Der Grund liegt auf der Hand: Die EU ist gar nicht zuständig für die Energiepolitik. Das bleibt allein Sache der Mitgliedsstaaten. Was im Übrigen ein Unding ist: In Europa sind die Energiepreise doppelt so hoch wie in den USA. Das Problem kann man nur gemeinsam lösen.
Die Diskussion über Steuerhinterziehung ist ihrerseits an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten, urteilt Het Belang Van Limburg.
Jetzt soll also einer Praxis den Kampf angesagt werden, die viele Länder jahrzehntelang begünstigt haben. Die EU stellt nämlich selbst eine beeindruckende Zahl von Steuerparadiesen.
Die EU gibt derzeit denn auch ein fast schon beunruhigendes Bild ab, glaubt La Libre Belgique. Die Probleme auf der heutigen Tagesordnung sind alles andere als neu. Die EU beschränkt sich darauf, wenn überhaupt, dann zu reagieren. Wünschenswert wäre demgegenüber eine politische Vision: statt Reaktion Aktion.
"Er verkauft seine Tauben für vier Millionen Euro", schreibt La Dernière Heure auf Seite eins. Ein Taubenzüchter aus Flandern hat allein für seinen Champion über 300.000 Euro bekommen. L'Avenir bringt es auf den Punkt: "Der Preis für Tauben hebt ab".
Archivbild: Brett Deering (afp)