"Swissport: Abkommen auf dem Flugfeld vom Brussels Airport", so die Schlagzeile von L'Echo. Das Personal des Gepäckabfertigungsunternehmen Swissport war ja am Sonntag in den Streik getreten; das hatte am Brussels Airport ein fast schon beispielloses Chaos angerichtet. Am Mittwochabend haben Direktion und Gewerkschaften also eine Einigung erzielt.
"Der Streik in Zaventem ist aber noch nicht vorbei", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Die Erklärung dafür steht auf der Titelseite von De Morgen: "Die Belegschaft von Swissport reagiert nicht enthusiastisch auf das Abkommen", so die Schlagzeile. Gazet Van Antwerpen ist deutlicher: "Arbeiter von Swissport verwerfen das Abkommen", titelt das Blatt.
Swissport - Streik vorbei und doch nicht
Die Angestellten sind demgegenüber offenbar bereit, die Arbeit wieder aufzunehmen. Der längste Streik am Landesflughafen Zaventem seit dem Ende der Sabena im Jahre 2001 neigt sich also doch dem Ende zu. Die Probleme wären aber damit nicht mit einem Mal gelöst. "Jetzt müssen wir nur noch dafür sorgen, dass 20.000 Gepäckstücke wieder zu ihren rechtmäßigen Besitzern kommen", sagt ein Sprecher des Flughafens in Gazet Van Antwerpen. Die geschädigten Passagiere haben allerdings wenig Aussicht auf eine Entschädigung, wie L'Echo darlegt. Die Flughafenleitung und auch die Fluggesellschaften können wohl "höhere Gewalt" geltend machen.
In seinem Kommentar macht L'Echo drei Schuldige für das Chaos der letzten Tage aus: zunächst natürlich die Gewerkschaften, die mit ihrem wilden Streik die Grundregeln des sozialen Dialogs verletzt haben. Die Geschäftsführung von Swissport ist aber ebenfalls nicht ohne Schuld. Die Direktion hat die Klagen und Forderungen der Belegschaft wissentlich überhört. Dritter Schuldiger: die Politik. Auf föderaler Ebene werden wilde Streiks nach wie vor nicht mit einer Geldbuße belegt. In der Wallonie gibt es schon eine solche Regelung, die etwa für die TEC gilt.
Arbeit vs. Kapital
Zum möglichen Ende des Streiks in Zaventem bringt Het Laatste Nieuws einen eher nachdenklichen Kommentar. Immer höhere Gewinne, immer niedrigere Kosten, das ist das Credo der Weltwirtschaft im 21. Jahrhundert. Doch gibt es da immer mindestens einen Verlierer: Entweder bezahlen die Verbraucher höhere Preise, oder werden die Mitarbeiter ausgebeutet. Oder beides.
Swissport ist auf dem Boden, was Ryanair in der Luft ist. Und es ist verständlich, dass das Personal gegen den stetig wachsenden Druck protestiert hat. Fakt ist: Wegen der Krise ist die Beziehung zwischen der Welt der Arbeit und der Welt des Kapitals nachhaltig gestört. Die Politik muss das zur Kenntnis nehmen und reagieren.
Unwort "Photovoltaik"
L'Avenir befasst sich mit der anhaltenden Verwirrung im Zusammenhang mit der wallonischen Photovoltaik. Jüngste Episode ist ja die Ankündigung, Sonnenpaneele mit einer Netzgebühr, also einer neuen Steuer zu belegen. Allein das Wort "Photovoltaik" ist in Namur inzwischen tabu, glaubt L'Avenir. Und im Zusammenhang mit der möglichen Einführung einer Netzgebühr, gibt die wallonische Regionalregierung den Pontius Pilatus, nach dem Motto: Wir sind unschuldig, verantwortlich sind die Netzbetreiber, also die Interkommunalen. Dieses Ping-Pong-Spiel verstärkt aber nur den allgemeinen Eindruck: Die wallonische Photovoltaik ist der Inbegriff für Kakophonie.
"Die Wallonie braucht 75 Jahre, um Flandern einzuholen", titelt La Libre Belgique. Untermauert wird diese Feststellung durch statistische Daten. Berechnungsgrundlage ist etwa das Wirtschaftswachstum; man schaut, wie lange es dauert, bis - bei unverändertem Wachstum - beide Regionen gleichauf sind. Und das würde also 75 Jahre dauern. "Das Wallonische Wunder", das ist jedenfalls nichts für morgen, schreibt La Libre Belgique.
Kommentierend fügt das Blatt hinzu: Das wirtschaftliche Ungleichgewicht innerhalb der belgischen Föderation ist unerträglich. Das führt in der Wallonie zu einem veritablen Komplex. Der Wallone glaubt am Ende selbst, dass er auf immer und ewig weniger gut, weniger reich, weniger produktiv, weniger risikofreudig sein wird als der Flame. Das macht die wirtschaftliche Belebung der Region bestimmt nicht leichter.
Robin Hood am Pranger
Viele flämische Zeitungen befassen sich heute mit Jean-Marie Dedecker. Der ehemalige Judo-Coach sitzt ja für die nach ihm benannte Partei in der Kammer. Heute droht ihm der Entzug seiner parlamentarischen Immunität. Dedecker will sich das aber nicht gefallen lassen und plant einen großen Auftritt bei der Plenarsitzung der Kammer. Den Zeitungen Gazet Van Antwerpen und Het Belang Van Limburg verrät er schon mal, was er zu sagen gedenkt.
Die Justiz ermittelt gegen Dedecker, weil er einen Privatdetektiv auf den früheren Vld-Präsidenten Karel De Gucht angesetzt hatte. Damit hat er eine rote Linie überschritten, urteilt Gazet Van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Auch für selbsternannte Robin Hoods gibt es Grenzen.
Arm = ungesund?
"Niedrig Geschulte sind kleiner, sind schwerer und finden sich selbst hässlich". Das ist die etwas überraschende Feststellung auf Seite eins von De Morgen. Ein Beispiel: Je höher jemand auf der gesellschaftlichen Leiter steht, desto größer ist er, je niedriger, desto fettleibiger.
Diese Feststellungen sind irgendwie beängstigend, meint De Morgen in seinem Leitartikel, bedeuten sie doch, dass ein ungesundes Leben nicht immer das Resultat einer freien Entscheidung ist. Viele Menschen sind in einem Teufelskreis: Wer arm ist, lebt ungesund, und wer ungesund lebt, wird schneller ausgegrenzt.
De Standaard beleuchtet in seinem Kommentar dieselbe Studie. Die Erhebung zeigt also noch mal ganz deutlich, die Folgen der sozialen Ungleichheit. Die Frage ist aber: Wie reagieren wir darauf? Das Problem: Die Antwort auf diese Frage kennt niemand.
"Paris pourri, Paris ist vergammelt", schreibt heute La Dernière Heure in Blockbuchstaben auf Seite eins. Das Blatt reagiert damit auf einen Artikel der französischen Zeitung Libération. Libé hatte vor einigen Tagen ein desaströses Portrait von Brüssel veröffentlicht. La Dernière Heure schlägt jetzt also zurück.
Archivbild: Aurore Belot (belga)