"Zwei Tage Chaos", titelt Het Belang Van Limburg. Bei Het Laatste Nieuws heißt es auf Seite eins: "Zugunglück wird zur Giftkatastrophe". De Standaard fasst zusammen: "Ein Toter, knapp 50 Verletzte und über 500 Menschen evakuiert". Auf den Titelseiten zu sehen sind Luftaufnahmen von der Unglücksstelle in Wetteren bei Gent.
Ein Güterzug mit gefährlichen Chemikalien war am Samstagmorgen nahe der Ortschaft entgleist. Sechs der 13 Kesselwagons kippten um und fingen sofort Feuer. Während der Rettungsarbeiten gelangte verunreinigtes Löschwasser in die Kanalisation. Feuerwehr und Zivilschutz sind noch immer dabei, das Abwassersystem zu reinigen.
Höchstwahrscheinlich weil er giftige Dämpfe eingeatmet hat, starb ein 64-Jähriger in seiner Wohnung. 50 weitere Menschen wurden mit zum Teil heftigen Atemwegsbeschwerden in die umliegenden Krankenhäuser eingeliefert.
Wie Gazet Van Antwerpen berichtet, gibt es viel Kritik an den Behörden: So habe die großräumige Evakuierung zu spät begonnen. Der Schwiegersohn des tödlich verunglückten Rentners erhebt schwere Vorwürfe. Hätten die Sicherheitskräfte die Umgebung früher geräumt, wäre er noch am Leben, so der Angehörige.
Haben die Behörden zu spät reagiert?
Auch De Morgen fragt sich, ob die Behörden die Ausmaße des Unglücks anfangs falsch eingeschätzt haben. Experten warnen in der Zeitung vor den Folgen des Chemie-Unfalls. Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten sollten die Anwohner vorsorglich nicht mehr verzehren. Auch rät ein Toxikologe zu einer Blutprobe.
Der Zug hatte unter anderem das gefährliche Acrylnitril geladen, das zur Herstellung von Kunststoff gebraucht wird. Offiziell gibt es zur Unglücksursache noch keine gesicherten Informationen. Doch La Libre Belgique hat sich bereits festgelegt: Menschliches Versagen hat den schweren Unfall ausgelöst, so das Blatt auf seiner Titelseite. Der Lokführer habe bereits zugegeben, dass er an der Unglücksstelle viel zu schnell unterwegs war.
Het Belang Van Limburg führt eine weitere Ursache ins Feld. Möglicherweise war eine Weiche an der Unglücksstelle defekt. De Standaard bemerkt: Unfälle lassen sich zwar nicht vermeiden, trotzdem werden zwei Tage nach dem Unglück viele Fragen laut. Warum konnte der Zug entgleisen, und warum ausgerechnet an dieser Stelle? War das Schienennetz möglicherweise veraltet? Und was ist mit den Notfallplänen? Warum sind die Menschen erst so spät evakuiert worden?
Was wir jetzt brauchen, sind keine schnellen Antworten auf diese Fragen, sondern eine tiefgründige Analyse der Vorfälle, fordert De Standaard. Auch die Notfallpläne sollten im föderalen Parlament besprochen und überarbeitet werden. Le Soir hält fest, dass die Sicherheit im Schienenverkehr erneut Fragen aufwirft.
In nur einem Jahr ist es bereits das dritte Unglück mit Chemikalien auf dem belgischen Netz, schreibt L'Avenir. Warum wird Gefahrgut überhaupt entlang von Ortschaften transportiert? Nun, das lässt sich in einem dicht besiedelten Land wie Belgien nicht vermeiden, konstatiert Het Nieuwsblad. Allerdings sollte dringend ein Tempo-Limit für solche Züge eingeführt werden - ähnlich wie es bereits in den Niederlanden besteht.
Für Het Laatste Nieuws ist und bleibt die Schiene das beste Transportmittel für Gefahrgut, denn was wäre die Alternative? Noch mehr gefährliche Lastwagen auf unseren Straßen? Wohl kaum, hält die Zeitung fest und bemerkt abschließend: Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es leider nicht.
Israel wirft Bomben ab, EU steckt in Dilemma
La Libre Belgique befasst sich auf ihrer Titelseite außerdem mit den israelischen Luftangriffen auf Damaskus. Das Blatt befürchtet, dass in den Bürgerkrieg in Syrien immer mehr Nachbarländer hineingezogen werden. De Morgen notiert dagegen: An den Hintergründen hat sich nichts geändert. Die israelischen Angriffe richten sich nicht gegen die Gräueltaten des Assad-Regimes, sondern sind einzig und allein zur eigenen Sicherheit bestimmt.
Israel wollte nach eigenen Angaben Raketenlieferungen aus Syrien an die verfeindete Hisbollah im Nachbarland Libanon verhindern. Auch die Europäer stecken weiterhin in einem Dilemma: Mit Machthaber Assad zu verhandeln, ist wegen des ganzen Leids, das er angerichtet hat, ausgeschlossen.
Die Opposition mit Waffen zu versorgen, erscheint zu gefährlich, weil dadurch modernes Kriegsgerät in die Hände von Terroristen gelangen könnte. Europa schaut also weiter zu und unternimmt nichts gegen das größte Blutbad der Welt, resümiert die Zeitung.
Vorwärts rollen fürs Rekordbuch
Wie Het Laatste Nieuws berichtet, ist in Antwerpen am Wochenende ein neuer Weltrekord aufgestellt worden und zwar im Vorwärtsrollen. Auf dem Großen Markt direkt vor dem Rathaus haben 1.300 Kinder hintereinander Rollen vorwärts gemacht - so viele wie vor ihnen noch keine. Die ganze Aktion hat über zwei Stunden gedauert. Antwerpen ist derzeit europäische Sporthauptstadt.
akn - Bild: Nicolas Maeterlinck (Belga)