"Der neue Yves Leterme"
Le Soir und Het Laatste Nieuws bringen auf Seite 1 ein ausführliches Interview mit Premier Leterme. "Mein Offensivplan für Belgien" heißt es in Le Soir. In zehn Jahren will Leterme das Land aus der jetzigen Krise führen. Er sieht den EU-Vorsitz in der zweiten Jahreshälfte als günstige Gelegenheit für eine allgemeine Mobilisierung der Kräfte im Lande. Für Le Soir hat sich Leterme inzwischen zum Teamspieler entwickelt. Vergessen sind die Zeiten der Ineffizienz der gemeinschaftspolitischen Krise.
"Der neue Yves Leterme" heißt es auch in Het Laatste Nieuws. Die Zeitung fasst einen seiner konkreten Vorschläge auf Seite 1 zusammen. Nach 65 soll jeder unbegrenzt hinzuverdienen können, soviel er will. Rentner, die sich für eine bezahlte Arbeit entscheiden, sollen dazu ermutigt werden. Sobald die Wirtschaft wieder anzieht, werden aktive Senioren gebraucht, meint der Premier in Het Laatste Nieuws.
Politische Entscheidung zum Kopftuchverbot gefordert
"Kopftuchverbot, die Politik wacht auf", das ist in La Libre Belgique die wichtigste Schlagzeile. Nach der Justizentscheidung von Mons, der zufolge eine Lehrerin im Unterricht wohl ein Kopftuch tragen darf, fordern jetzt alle Parteien Deutlichkeit. Die Neutralität im Unterricht soll durch ein entsprechendes Dekret geregelt werden. Im Kommentar meint die Zeitung: was Lehrer betrifft, besteht überhaupt kein Zweifel. Sie müssen Autorität und eine Vorbildfunktion ausstrahlen. Deswegen muss ihnen das Tragen von Symbolen, die die Zugehörigkeit zu einer Religion belegen, kategorisch untersagt werden. Das gilt natürlich nicht für die freien Schulen und für den Religionsunterricht, schreibt La Libre Belgique.
Le Soir kommentiert zum gleichen Thema: diese ganze Affäre belegt wieder einmal, dass zur Vermeidung von Entgleisungen die Politik gefordert ist. Beim Tragen von religiösen Symbolen im Unterricht darf es keine Grauzonen geben, in denen alles erlaubt ist. So viel muss klargestellt werden: eine Lehrerin einer Gemeinschaftsschule darf außer im Religionsunterricht kein Kopftuch tragen.
Gewalt in Brüssel
Gazet Van Antwerpen titelt: "Kriminalität um die Hälfte reduziert", erhöhte Polizeipräsenz in Anderlecht wirft Früchte ab. Das bestätigte Innenministerin Turtelboom, die erste Resultate der Null-Toleranz vorlegte, die in der Brüsseler Gemeinde Anderlecht seit dem 6. Februar gilt. In den ersten drei Wochen ging z.B. die Zahl der Handtaschendiebstähle um 66 % zurück.
Im völligen Kontrast hierzu steht die Schlagzeile in La Dernière Heure: "Schon wieder wurde eine Mutter auf offener Straße erschossen". Am Freitag wurde in der Brüsseler Gemeinde Berghem-Sainte-Agathe eine 42-jährige Frau marokkanischer Abstammung kaltblütig von ihrem Ex-Mann ermordet.
"Brüssel lebt in Angst", heißt es dazu im Kommentar der Zeitung. Wenn nicht bald etwas dagegen unternommen wird, dass sich die Straßen der Hauptstadt in einen Schießstand verwandeln, dann besteht das Risiko der Lynch-Justiz. Um das zu verhindern muss endlich in der ganzen Stadt Null-Toleranz gegen Kriminalität eingeführt werden.
Wahlen in Frankreich, Rücktritt in den Niederlanden
Auch die internationale Politik beschäftigt die Zeitungen. Vers l'Avenir befasst sich mit den Regionalwahlen in Frankreich. Sie sind der erste große Test für die Rechtskoalition von Sarkozy vor den Präsidentschaftswahlen von 2012.
In der flämischen Presse ist die Politik in den Niederlanden das wichtigste Thema. De Morgen titelt: "Wouter Bos überrascht die niederländische Politik mit seinem plötzlichen Rücktritt". Der Parteivorsitzende der niederländischen Sozialdemokraten war es, der Ende Februar die Regierungskoalition mit den Christdemokraten in die Luft jagte. Er hinterlässt eine verwaiste Partei, schreibt De Morgen.
Im Kommentar meint Het Laatste Nieuws: niederländische Politiker wissen nicht mehr, wie sie mit dem Rechtspopulisten Wilders umgehen sollen. Deshalb kapitulieren sie.
De Tijd kommentiert: auch der niederländische Premier Balkenende kündigte an, er werde sich von der Politik verabschieden, wenn er nach den Wahlen nicht erneut Regierungschef werde. Das Problem in unserem Nachbarland ist, dass für die kommenden Jahre ein Sparprogramm angesagt ist. Dazu braucht es Politiker mit einem außergewöhnlichen Talent, die für diese Sanierungsmaßnahmen auch die notwendige Unterstützung der Bevölkerung finden. An Politikern dieses Kalibers fehlt es aber nicht nur in den Niederlanden.
Sanatorium und Doppelhut
Das Grenz-Echo schließlich titelt auf Seite 1: "Die CSP sagt weiter Nein zum Sanatorium". Im Kommentar meint die Zeitung: "CSP - Doppelhüte zwicken gewaltig". Die Ämterhäufung in Ostbelgien wird zum Problem. Creutz und Meier tragen einen Doppelhut, der an der Krempe mächtig zwickt. Mehrheit in Eupen, Opposition im DG-Parlament. Für den Erhalt des Sanatoriums, gegen den Umzug des Parlaments. Das klingt konsequent und widersprüchlich zugleich. Um diese Doppelrolle sind die beiden Eupener Schöffen weder zu beneiden noch zu bemitleiden. Es ist längst an der Zeit, der Ämterhäufung einen Riegel vorzuschieben, meint das Grenz-Echo.