Urteil enttäuscht Opfer von Ghislenghien
Le Soir titelt beim Richterspruch im Strafprozess nach der Explosionskatastrophe von Ghislenghien zur Wut der Opfer und meint, dass die Staatsanwaltschaft wohl in Berufung gehen werde da nur drei der vierzehn Angeklagten vom Gericht schuldig gesprochen wurden. Die Explosion in einem Gewerbegebiet hatte 2004 24 Tote und 132 Verletzte gefordert. Dass jetzt viele der vermeintlich Verantwortlichen für die Katastrophe von der Justiz freigesprochen werden enttäusche die zahlreichen Nebenkläger in diesem Prozess. Sechs Jahr habe man auf diesen Augenblick gewartet. Man habe mit allem gerechnet aber nicht damit, zitiert Le Soir eines der Opfer der Katastrophe. Die Brüsseler Tageszeitung notiert zudem, dass eine Entschädigung wohl noch auf sich warten lasse. Zumindest für all diejenigen, die eine von den betroffenen Versicherungen letztes Jahr angebotene, außergerichtliche Entschädigung ausgeschlagen hatten.
Auch Vers l'Avenir bringt das Thema heute auf die Titelseite und meint, dass viele der Nebenkläger nicht verstehen würden weshalb das Gericht dem Plädoyer und den Schlussanträgen der Staatsanwaltschaft nicht gefolgt ist. Gleichzeitig glaubt Vers l'Avenir nicht, dass das gerichtliche Nachspiel der Explosionskatastrophe damit erledigt ist. Der Fall, so meint die Zeitung, könnte durch ein Berufungsverfahren in Mons weitergehen. Auch die Anwälte vieler Nebenkläger seien vom Urteil überrascht gewesen, schreibt Vers l'Avenir und zitiert den Rechtsbeistand einer guten Hundertschaft von Klägern mit den Worten: dieser Richterspruch kommt völlig unerwartet.
Auch für De Standaard sind viele der Opfer von Ghislenghien zornig und enttäuscht. Als der Freispruch für Fluxis, das Unternehmen, das für das Gasrohrleitungsnetz im Land verantwortlich ist, erging, hätten zahlreiche Opfer der Katastrophe von Ghislenghien demonstrativ den Gerichtssaal verlassen. Das Urteil sei eine Schande, ja eine zweite Katastrophe, zitiert De Standaard eines der Opfer. Es habe Unverständnis nach dem Urteil gestern geherrscht, meint das Blatt und schreibt, dass wohl alle Opfer gleichermaßen verbittert auf den Richterspruch reagierten. Für viele sehe es so aus, als hätten die Versicherungsgesellschaften gute Lobbyarbeit geleistet oder sei der Prozess eine persönliche Abrechnung des Gerichts mit der Staatsanwaltschaft. Die hätte es nämlich vom Gericht knüppeldick bekommen. Viele Spekulationen, viele Anschuldigungen aber keine harten Beweise, zitiert De Standaard den vorsitzenden Richter.
Auch La Libre Belgique macht mit dem Urteil im Prozess zur Explosion von Ghislenghien auf und meint im Leitartikel, dass man es im Prozess mit zwei Logiken zu tun habe. Bei der Lektüre des Urteils, kommentiert das Blatt, könne man sich nur wundern, dass zwischen den Standpunkten und Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft und dem schlussendlichen Urteil eine tiefe Kluft liege. Wie soll man verstehen, dass auf der einen Seite ein hohes Strafmaß verlangt wird und die andere Seite einen Freispruch beschließt. Für La Libre Belgique ist nur ein Schluss zulässig. Urteile werden von Menschen gesprochen und die können sich irren. Auch für La Derniere Heure sind die 286 Seiten des Urteils zum Prozess Ursache für Unverständnis und Konsternierung. Auch diese Zeitung glaubt, dass viele Opfer den Wunsch haben in den nächsten 14 Tagen in Berufung zu gehen.
Politische Aufarbeitung von Zugunglück Buizingen
De Morgen hat neben dem Urteil zu Ghislenghien die gestrige Anhörung im Kammerausschuss zu Fragen der Sicherheit bei der Bahn auf Seite 1. Beim politischen Nachspiel des schweren Zugunglücks der letzten Woche gerate der ehemalige SNCB-Chef Etienne Schouppe ins Visier der Kritiker. In den 90-er Jahren müsse ein Vakuum in der Sicherheitspolitik der Bahn festgestellt werden. Das sei das Ergebnis der gut siebenstündigen Anhörung gestern. Die für Staatsbetriebe zuständige Ministerin Vervotte habe derweil in der Ausschusssitzung gestern zugegeben, dass Belgien traditionelle Sicherheitssysteme zu spät eingeführt und europäischen Zugsicherungssystemen zu früh den Vorzug gegeben habe. Im Leitartikel kommentiert De Morgen, dass man den Eindruck gewinne, dass der Einsatz eines effizienten Sicherheitssystems auf der Schiene nie eine Top-Priorität war.
Angst um Stellenkürzungen bei Carrefour
Die beiden Wirtschaftsblätter De Tijd und L'Echo machen heute mit befürchteten Arbeitsplatzverlusten und Filialschließungen bei der Supermarkt und Warenhauskette Carrefour auf. Bei einem für heute anberaumten Betriebsrat würden wohl 20 Filialschließungen und die Streichung von 2 bis 5000 Arbeitsplätzen bei Carrefour in Belgien angekündigt.
Comeback von Fraya Vanden Bossche.
Het Nieuwsblad hat heute u.a. das Comeback der flämischen Sozialistin Fraya Vanden Bossche auf der Titelseite. Die Politikerin habe gestern nach langem Mutterschaftsurlaub ihre Arbeit als Mitglied im Genter Stadtrat wieder aufgenommen und wolle nächste Woche auch als flämische Regionalministerin wieder an die Arbeit gehen.