Gedenkminute für die Opfer der Eisenbahnkatastrophe
"Eine Schweigeminute für Halle", titelt heute La Libre Belgique. Vers l'Avenir meint auf Seite 1: "Eine emotionale Minute in allen Bahnhöfen." Le Soir spricht auf seiner Titelseite von der "Ehrerbietung eines ganzen Landes".
Gestern wurde landesweit mit einer Schweigeminute der Opfer der Zugkatastrophe von Buizingen gedacht. Bislang wurden 18 Tote geborgen und identifiziert. Über 160 Menschen wurden verletzt. Mehr denn je stellt sich die Frage nach der Ursache der Kollision der beiden Personenzüge. Dies, zumal es nicht der erste Unfall auf dem Streckenabschnitt Halle-Buizingen ist.
Sicherheit keine Priorität für SNCB?
Wie Het Nieuwsblad auf Seite 1 berichtet, hat es in den 80er Jahren dort schon zwei vergleichbare Unfälle gegeben. 1982 wurden 25 Fahrgäste verletzt, als eine Lokomotive ein Haltesignal missachtete und anschließend mit einem Personenzug kollidierte. Drei Jahre später kam es zu einem ähnlichen Zwischenfall, damals wurden acht Menschen verletzt. Natürlich nicht zu vergessen: die Zugkatastrophe von Aalter von 1982 mit fünf Toten und das Drama von Pécrot 2001 mit acht Toten.
Für De Standaard hat man aus all diesen Vorfällen nichts gelernt: "Sicherheit hatte bei der SNCB nie Priorität", urteilt das Blatt.
Heftig gestritten wird derzeit in Brüssel über die politische Aufarbeitung der Katastrophe von Buizingen. Konkret: Soll sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss über die Sache beugen?
Das Ausmaß der Katastrophe und die brennenden Fragen in diesem Zusammenhang würden einen solchen Schritt sicherlich rechtfertigen, notiert dazu La Libre Belgique. Die Frage ist nur, ob es für einen Untersuchungsausschuss nicht zu früh ist. Wie schon in der Fortis-Akte könnte die Arbeit der Parlamentarier mit den Ermittlungen der Justiz kollidieren. Es wäre vielleicht besser, zunächst einmal die Sitzung des zuständigen Kammerausschusses vom Montag abzuwarten, bei der ja die SNCB-Verantwortlichen angehört werden sollen. Danach sehen wir weiter, meint La Libre Belgique.
Parteipolitische Spielchen um Untersuchungsausschuss
Auch Het Laatste Nieuws empfiehlt, jetzt nichts zu überstürzen. Derzeit laufen unabhängig voneinander drei Untersuchungen. Wir sollten jetzt etwas Geduld haben und abwarten, wie die Experten urteilen.
Wie dem auch sei: In diesem Zusammenhang wird derzeit in der Brüsseler Rue de la Loi ein trauriges Schauspiel zum Besten gegeben, kritisiert De Morgen. Für die meisten Parteien geht es hier gar nicht um die Frage nach der Zweckmäßigkeit oder dem richtigen Zeitpunkt für eine Untersuchungskommission. Einziges Argument ist, welcher Partei die verschiedenen Hauptverantwortlichen bei der SNCB zugeordnet werden. Wer in den letzten Jahren keinen Bahnchef und auch keinen SNCB-Aufsichtsminister gestellt hat, der hat natürlich nichts gegen die Schaffung eines Untersuchungsausschusses. Die anderen, die sich unschöne Fragen würden gefallen lassen müssen, schieben derweil scheinheilige Argumente vor, um einen Untersuchungsausschuss zu verhindern.
Doch könnte dieser Schuss nach hinten losgehen, warnt Le Soir. Wenn etwa PS-Chef Elio Di Rupo jetzt zur Besonnenheit aufruft, dann unterschätzt er die Lage. Viel zu groß ist das Ausmaß der Katastrophe, viel zu beunruhigend sind die Fragen, die sich seither gestellt haben. Eins ist sicher: Die Aufarbeitung der Katastrophe von Buizingen ist eine politische Zeitbombe. Früher oder später muss die Politik ihrer Verantwortung gerecht werden.
Verlässt Carrefour Belgien?
Verschiedene Zeitungen sorgen sich um den Verbleib der französischen Warenhauskette Carrefour in Belgien. Carrefour hatte vor gut zehn Jahren den belgischen Branchenriesen GB übernommen. In den letzten Jahren hat Carrefour Belgien aber stetig Marktanteile verloren.
Jetzt kommt "Der Plan der letzten Chance", warnt De Tijd auf Seite 1. Am Dienstag soll der Belegschaft eine neue Rosskur verordnet werden. Und sollten die Gewerkschaften die bittere Pille nicht schlucken, dann wird Carrefour nicht zögern und Belgien de Rücken zuwenden, bemerkt auch L'Echo.
Bahnpolizisten misshandeln Obdachlose und Illegale
De Morgen und La Dernière Heure berichten auf ihrer Titelseite über einen neuen Polizeiskandal. 14 Beamte der Brüsseler Bahnpolizei müssen sich vor Gericht verantworten. Ihnen werden Rassismus, Diebstahl, und das Abfassen falscher Protokolle zur Last gelegt. Unter anderem sollen sie wiederholt Illegale oder Obdachlose willkürlich festgenommen und buchstäblich gefoltert haben.
Vier belgische Politveteranen fordern atomwaffenfreies Europa
De Standaard bringt heute auf seiner Titelseite den bemerkenswerten Appell von vier belgischen Staatsministern. Louis Michel, Guy Verhofstadt, Jean-Luc Dehaene und Willy Claes rufen zu einem atomaffenfreien Europa auf. Die taktischen Kernwaffen, die die USA immer noch in Europa stationiert haben, sind nicht mehr von militärischem Interesse. Bezeichnend ist, dass ein solcher Aufruf von zwei ehemaligen Premiers und zwei ehemaligen Außenministern kommt, meint De Standaard in seinem Leitartikel. Bislang galt eine kernwaffenfreie Welt nur als Utopie von weltfremden Idealisten. Fazit: Die Zeiten ändern sich.
Roger Pint