"Oranges Fest in den Niederlanden" schreibt L'Echo auf Seite eins. "Abschied von Beatrix", so die Schlagzeile von De Standaard und Het Belang van Limburg. La Libre Belgique hat einen originellen Titel für ihren Sonderteil über das niederländische Königshaus gefunden: "Das Fenster zum Hof".
Die niederländische Königin Beatrix dankt heute offiziell ab. Die Nachfolge tritt ihr Sohn Willem Alexander an. Nach 120 Jahren wird wieder ein König das Nachbarland regieren. Viele Zeitungen widmen dem Thronwechsel in Holland ausgewachsene Sonderseiten.
Natürlich blickt man in Belgien mit besonderem Interesse auf das Ereignis. Königin Beatrix ist gerade 75 geworden, König Albert II feiert seinerseits in diesem Jahr schon seinen 79. Geburtstag. "Taugen die Niederlande zum Vorbild?" fragt sich denn auch unter anderem De Standaard. Anders gesagt: "Wann steht wohl der Thronwechsel in Belgien an?"
Zeit, die Krone an den Nagel zu hängen
Es wird jedenfalls höchste Zeit, dass man in Brüssel einmal darüber nachdenkt, glaubt Het Belang van Limburg. Dabei steht Belgien allerdings in schrillem Kontrast zu Holland. Das Nachbarland wird von einer orangen Welle überschwemmt, in Belgien nimmt demgegenüber das Interesse für das Königshaus rapide ab. Das liegt insbesondere an der Persönlichkeit von Kronprinz Philippe. Doch man darf nicht vergessen: König Albert wird nicht ewig leben.
Was ist schief gelaufen zwischen Prinz Philippe und der Nation? Fragt sich auch Gazet van Antwerpen. Eine mögliche Ursache ist wohl, dass der Prinz sich mit den falschen Beratern umgeben hat. Er ist umringt von Menschen, die ein Jahrhundert zu spät geboren sind. Prinz Philippe hat denn auch eine Reihe von Patzern produziert, jetzt steht er unter Beobachtung, was ihn weiter verkrampfen lässt. Da gibt es nur eine Lösung: Man sollte eine rein protokollarische Monarchie einführen, ohne jegliche politische Macht.
Arbeit zu teuer
"Belgien ist die Nummer eins der Steuern auf Arbeit", titelt derweil Le Soir. Nirgendwo in Europa wird Arbeit mehr besteuert als in Belgien. Das zumindest besagen neuste Erhebungen der EU-Statistikbehörde Eurostat. Betrachtet man den Steuerdruck in seiner Gesamtheit, dann belegt Belgien Platz drei hinter Dänemark und Schweden, wie L'Echo hervorhebt.
Auch Het Laaste Nieuws macht mit dem Thema auf, wählt aber einen anderen Ansatz: "Die Steuern werden immer schneller zurückgezahlt", so die Schlagzeile. In diesem Jahr haben schon 3,4 Millionen Belgier Geld von der Steuer zurückbekommen. Das sind knapp 250.000 Bürger mehr als zum selben Zeitraum im vergangenen Jahr. Das ändert aber nichts daran, dass Belgien unbedingt den Steuerdruck senken muss, meint Het Laaste Nieuws in seinem Leitartikel. Leider will niemand das Problem entschlossen anpacken. Die Reform der Steuergesetzgebung ist gerade wieder in einer Arbeitsgruppe geparkt worden. Dabei sind die Probleme längst bekannt. Das Land braucht Lösungen, und zwar jetzt!
"Der Jobmarkt staucht sich zusammen", so die beängstigende Schlagzeile von De Standaard. Het Nieuwsblad schlägt in dieselbe Kerbe: "Die Zahl der Jobs sinkt dramatisch", schreibt das Blatt auf Seite eins. Wegen der Krise werden immer weniger freie Stellen angeboten; die Zahl sank im Vergleich zu 2012 um 13 Prozent. Und es ist keine Besserung in Sicht, warnt De Standaard. Diese Zahlen betreffen Flandern, dürften aber einen allgemeinen Trend wiedergeben. "Ich fürchte, dass Belgien wieder in die Rezession schlittert", sagt ein Fachmann.
Kommentierend meint De Standaard dazu: Morgen feiert die sozialistische Arbeiterbewegung ihren "Tag der Arbeit". Wenn sich die Entwicklung fortsetzt, dann gibt es bald nicht mehr sehr viel Arbeit, die gefeiert werden kann. Und das ist mit die Schuld eben dieser sozialistischen Arbeiterbewegung. Allen voran die FGTB blockiert einige wichtige Reformpläne. Entscheidungen werden bis zum letzten Moment aufgeschoben. Dabei sind die strukturellen Handicaps des Landes himmelschreiend.
Selbst innerhalb der sozialistischen Familie gerät die FGTB zunehmend unter Druck. Auf der Titelseite von De Morgen startet der Chef des Sozialministers Frank Van Massenhove einen Frontalangriff gegen die sozialistische Gewerkschaft. Van Massenhove trägt einen deutlichen SP.A-Stempel. Und doch wirft er der FGTB vor, eine "Gewerkschaft für Faulpelze" zu sein. FGTB-Chef Rudy De Leeuw weist den Vorwurf entschieden zurück. De Morgen spricht denn auch von einem Clash der sozialistischen Galionsfiguren am Vorabend des 1. Mai.
Kein Tanz in den Mai
Die Sozialisten haben jedenfalls im Augenblick nicht sehr viele Gründe zum Feiern, konstatiert De Morgen in seinem Leitartikel. Die sozialistische Basis spricht der PS zunehmend das Vertrauen ab. Die FGTB will den Bruch mit der PS und sucht nach einer Alternative im linken Spektrum. Und jetzt nennt auch noch ein Spitzenbeamter die FGTB eine Gewerkschaft für Faulpelze. Überhören darf man diesen Vorwurf nicht. Heutzutage reicht es nicht mehr, kategorisch nein zu sagen. Stillstand ist Rückschritt. Bester Beweis sind die jüngsten Zahlen von Eurostat über die Steuern auf Arbeit.
Le Soir hingegen glaubt noch an den 1. Mai. Der Tag der Arbeit, das ist jedenfalls keine Kirmes unter Freunden, meint das Brüsseler Blatt. Die Linken, sowohl die Parteien als auch die Gewerkschaften, müssen ihre Werte verteidigen. Allerdings bedarf es auch ein bisschen Phantasie, um die Lösung für die Gleichung der heutigen Zeit zu finden, die da lautet: Wie bekommt man Wachstum und Solidarität unter einen Hut?
L'Echo sorgt sich um den Zustand des Projekts Europa. Immer mehr Europäer lehnen die EU radikal ab. Die Euroskepsis hat inzwischen auch Länder erfasst, die traditionell pro-europäisch eingestellt sind, wie Belgien oder die Niederlande. Das ist jedenfalls keine allgemeine Gemütsschwankung mehr, sondern eine existenzielle Krise. In Ermangelung eines Steins der Weisen gibt es nur ein Mittel: Es bedarf politischen Mutes: Man muss aufhören, Brüssel oder wahlweise Berlin zum Sündenbock zu stempeln. Die einzelnen Länder müssen vielmehr den Realitäten ins Auge sehen.
Bild: Patrik Stollarz (afp)