Südeuropäische Schwachstelle
"Der Euro verliert an Wert, die Börse fällt, da ist sie wieder, die Krise", das ist die wichtigste Schlagzeile in Le Soir. Spekulanten nehmen die Krise in Südeuropa zum Anlass, um die europäische Einheitswährung zu destabilisieren und die Börsenkurse in den Keller zu jagen, schreibt die Brüsseler Zeitung.
"Börsen in der Krise" titelt De Tijd. Der Bel-20 verlor in den vergangenen beiden Tagen 5,4 Prozent. Die Märkte sind im Bann der südeuropäischen Haushaltsschwierigkeiten.
Keine Panik
Die Leitartikler befassen sich mit den Ursachen und den Konsequenzen dieser Krisenstimmung an den Finanzmärkten.
Het Nieuwsblad will nicht panikieren. Die roten Zahlen der Börsen müssen nicht bedeuten, dass wir schon wieder vor einer neuen Finanzkrise stehen. Vorsicht ist aber geboten, und das vor allem in Europa, wo wir eine Sozialversicherung finanzieren, die der Rest der Welt für ein Wirtschaftshandicap hält. Nicht verwunderlich also, dass Spekulanten mit Griechenland, Portugal und Spanien die Schwachstellen Europas angreifen, um sich so zu bereichern.
Het Laatste Nieuws meint im Kommentar: Noch ist das Vertrauen in unser Finanzsystem sehr brüchig. Es muss nicht viel geschehen, und die Anleger lassen die Börse wieder im Stich. Anfang nächster Woche wird sich zeigen, ob dieser Negativtrend noch aufzuhalten ist.
Kann die Eurozone explodieren?
Der Leitartikler von La Libre Belgique wirft die Frage auf, ob die Eurozone, der Belgien und 15 andere europäische Länder angehören, explodieren könnte. Diese auf erste Sicht absurde Hypothese motiviert die Spekulation gegen den Euro seit einigen Tagen. Die Mitgliedsstaaten der Eurozone müssen jetzt sehr bestimmt klar machen, dass sie keinen Staat fallen lassen. Sie müssen beweisen, dass es eine monetäre Solidarität gibt und dass diese einen Sinn hat.
De Morgen meint: Wenn wir einen Dominoeffekt verhindern wollen, wird eine europäische Schuldenpolitik gebraucht. Leider ist es so, dass die verschiedenen Staaten der Eurozone sich so gut und so schlecht wie möglich alleine durchschlagen. Europa ist halt nur eine Freihandelszone, aber noch immer keine wirtschaftliche, finanzielle und politische Union. Deshalb können Spekulanten noch immer die Schwachstellen der Eurozone angreifen.
Vertrauenskrise auch positiv
Das sieht auch L'Echo ähnlich: Die Vertrauenskrise, der die Eurozone derzeit ausgesetzt wird, ist nicht nur eine Bedrohung aber auch eine Chance. Wir brauchen eine weitaus größere Integration der öffentlichen Finanzen. Europa braucht eine gemeinsame Wirtschaftspolitik. Das ist das fast unausweichliche und gleichermaßen wünschenswerte Schicksal der Eurozone.
De Tijd kommentiert: Die Tatsache, dass die Börsen jetzt einige Länder unter Druck setzen, ist gar nicht so schlecht. Denn das erhöht deren Bereitschaft zu einer besseren Haushaltsdisziplin. Diese Medaille hat aber auch eine Kehrseite. Länder, die zu viel sparen, setzen ihre Wirtschaft unter Druck, weil dann weniger Geld im Umlauf ist. Das verschärft die Wirtschaftskrise und sorgt für noch schlechtere Resultate an den Börsen.
Spekulanten das Handwerk legen
Le Soir meint im Leitartikel: Der Ausweg aus der jetzigen Krise besteht nicht nur in einer sowieso notwendigen Reform der Institutionen der Eurozone, auch die versprochene aber immer noch nicht umgesetzte Reform der Finanzsysteme ist dringend notwendig. Die Spekulation muss eingedämmt werden und der internationalen Finanzwelt müssen die schlechten Gewohnheiten endlich ausgetrieben werden. Hier ist der Gesetzgeber gefordert.
Gazet van Antwerpen macht sich im Kommentar auch Sorgen über die Entwicklung in unserem Land. Premier Leterme behauptet zwar, das die belgischen Staatsfinanzen in nichts mit denen Griechenlands zu vergleichen sind, aber auch hier wird viel zu wenig unternommen, um die sich abzeichnenden Probleme anzugehen. Genannt sei nur die Finanzierung der Renten.
König Albert nach Kinshasa?
Het Belang van Limburg kommentiert die Frage, ob König Albert den Feierlichkeiten zum 50. Jubiläum der kongolesischen Unabhängigkeit in Kinshasa beiwohnen soll. Wenn der König dies tut, muss er wohl oder übel Probleme wie die Korruption, die allgemeine Verarmung und die Schändung der Menschenrechte zur Sprache bringen. Wenn König Albert nicht nach Kinshasa reist, bedeutet dies garantiert das Ende der belgisch-kongolesischen Beziehungen und bekommen Kabila und seine Freunde freie Hand. Das ist das allerletzte, worauf die kongolesische Bevölkerung hofft.
Nichts fährt mehr in Flandern
De Standaard schließlich kommentiert den schlechten Zustand der flämischen Autobahnen, wo die Frostschäden schon seit Wochen zu riesigen Staus führen. Im Kommentar heißt es: Flandern rühmt sich seiner zentralen Lage, seines Hafens, seiner guten Verbindungen und seiner Logistik. Aber der wichtigste Weg vom Hafen zum großen Nachbarn Deutschland und nach Zentral- -und Osteuropa ist schon seit Wochen nicht mehr befahrbar; hier steht der Verkehr still. Flandern hat zu wenig in seine Straßeninfrastruktur investiert, so die Schlussfolgerung von De Standaard.