Le Soir veröffentlicht einen offenen Brief an die Politiker, der von den Chefredakteuren der frankophonen Zeitung Le Soir und des flämischen Morgen unterzeichnet ist: Die Bevölkerung hat sie nicht gewählt, um ständig neue Feindseligkeiten auszudenken, oder um ein echtes Brüsseler Problem auch noch mit Gemeinschaftspolitik zu belasten. Brüssel verdient Besseres als die Karikaturen, die auf beiden Seiten der Sprachengrenzen von der Stadt gemacht wurden. Brüssel ist Hauptstadt von Belgien, von Flandern und Europa. Alle Machtebenen müssen zusammenarbeiten, um Lösungen zu finden.
Gazet van Antwerpen meint: Viel zu schnell wird darauf hingewiesen, dass Brüssel als Hauptstadt hohe zusätzliche Kosten hat. Einverstanden für das Brüsseler Zentrum, doch in anderen Gemeinden haben sich höchstens einige Botschaften niedergelassen. Es ist an der Zeit, die Finanznöte der Stadt objektiv zu betrachten und die chronische Unterfinanzierung peinlich genau zu messen.
Die wahren Probleme Brüssels sind sozialer Art
Het Belang van Limburg behauptet: Um die Sicherheit in Brüssel zu verbessern, braucht man zweifellos mehr Polizei und auch das Schnellrecht. Doch man muss auch die Probleme anpacken, die der großen und kleinen Kriminalität zugrunde liegen. In Brüssel sind über 600 Jugendliche in keiner Schule angemeldet. Die Arbeitslosigkeit beträgt 21 Prozent. Das kann man nicht an einem Tag lösen. Das nötige Geld fehlt. Man muss versuchen, mit dem vorhandenen Geld besser auszukommen.
Het Laatste Nieuws fragt: Was nutzen Null-Toleranz und Schnellrecht, wenn die Jugendgefängnisse überfüllt sind, und die Richter nachmittags nicht arbeiten wollen? Minderjährige sind schneller wieder frei als die Polizei benötigt, um sie festzunehmen. Die frankophonen Politiker wollen nur mehr Geld und mehr Personal. Sie verkennen sogar den Ernst der Lage. Und so geht es weiter, Frankophone gegen Flamen, und ein Minister gegen den anderen.
Neue Haftanstalten noch nicht für morgen
De Morgen berichtet auf seiner Titelseite, dass sich der angekündigte Bau neuer Gefängnisse verzögert, und kommentiert: Der ehrgeizige Plan des Justizministers, sieben neue Gefängnisse, ein Jugendgefängnis und zwei psychiatrische Anstalten vor 2016 zu bauen, zögert sich schon wieder hinaus. Es scheint, als könne kein Politiker dieses Ministerium je in den Griff bekommen.
Die Jagd auf Steuersünder
Finanzminister Reynders will die deutsche Regierung um Einsicht in die umstrittene Steuersünder-CD und die Liste der belgischen Kunden von Schweizer Banken bitten. L'Echo meint dazu: Belgien will deutlich machen, dass hinterzogenes Steuergeld nirgendwo mehr sicher ist. Man will den Steuersündern Angst einjagen. Das ist legitim, doch es rechtfertigt nicht das Interesse für eine gestohlene Liste. Damit unterstützt Belgien die Haltung des Hehlers Deutschland. Das ist ethisch unannehmbar.
De Tijd ist überzeugt: Das Bankgeheimnis ist dem internationalen Druck nicht mehr gewachsen. Es dient jetzt dazu, das Vermögen von Kriminellen und Diktatoren zu schützen und also auch von Personen, die ihr Geld vor der nationalen Steuerbehörde verstecken. Die Schweiz hat zu lange das Bankgeheimnis als Wettbewerbsvorteil genutzt. Das rächt sich jetzt.
Neue Rangordnung im Staatsprotokoll
La Libre Belgique meldet: Senatspräsident De Decker hat eine Arbeitsgruppe damit beauftragt, dem Staatsprotokoll eine neue Rangordnung zu geben. Noch ist der neue Primas von Belgien, Monseigneur Léonard, nicht zum Kardinal ernannt. De Decker will das ausnutzen, um seinen Platz im Protokoll zu verschieben. Kardinal Daneels war bisher an erster Stelle. Léonard soll hingegen hinter den Vorsitzenden von Kammer und Senat, den Präsidenten des Europäischen Rats und der Kommission, dem Premierminister und den Vizepremiers sowie den Vorsitzenden der höchsten Gerichtshöfe rangieren.