Het Laatste Nieuws bringt auf seiner Titelseite die Stellungnahme der Polizeigewerkschaften: Null Toleranz bringt Null Resultat und die Warnung: Es wird Tote geben. Die Zeitung kommentiert: Wenn man verhindern will, dass Brüssel in Pariser Zustände versinkt, muss nicht nur die Polizei eingreifen, sonder man muss auch auf die Gesellschaft einwirken. Man braucht einen Marshallplan für die Hauptstadt, mit finanzieller Hilfe der Föderalregierung, weil Brüssel das Problem mit seinen beschränkten Finanzen nicht alleine regeln kann. Es ist höchste Zeit. Es hat auch keinen Sinn, Null-Toleranz einzuführen, wenn das Gericht nicht mitmacht, und wenn es keinen Platz in Gefängnissen und Jugendeinrichtungen gibt.
Het Nieuwsblad notiert: Böse Buben sollen festgenommen, gerichtlich verfolgt und verurteilt werden. Doch dieser schöne Plan hielt nur einige Stunden: Während die Polizei und die Staatsanwaltschaft sich hinter die frommen Wünsch der Minister scharten, machte das Brüsseler Gericht eine einfache Rechnung auf und kam zu dem Schuss, dass dies mit der heutigen Zahl von Richtern unmöglich ist. Für den Plan ist das eine Katastrophe. Was nützt es, Personen festzunehmen, wenn es keinen Richter gibt, der ein Urteil fällen könnte. Die Strafen können jetzt schon nicht ausgeführt werden, weil es in den Gefängnissen keinen Platz mehr gibt.
Auch über Null-Toleranz sind Flamen und Frankophonen uneins
Gazet van Antwerpen erklärt: Ab sofort gilt in einigen Vierteln der Brüsseler Gemeinde Anderlecht Null-Toleranz. Viel wird von der Mitarbeit der Gerichte abhängen, die für jede Übertretung des Gesetzes ein Urteil fällen müssen. Es wird sich schnell herausstellen, ob diese Art der Bestrafung Früchte tragen wird. Die frankophonen Parteien lehnen bereits eine Zusammenlegung der sechs Polizeizonen in Brüssel ab, weil das eine flämische Forderung ist.
De Standaard stellt fest: Es gibt nicht einmal Übereinstimmung über die Probleme. Wenn man die frankophonen Politiker und Medien hört, geschieht eigentlich nichts. Wenn man das Problem nicht erkennen will, kann man auch keine gemeinsame Diagnose erstellen und bestimmt keine Übereinstimmung über einen Aktionsplan erzielen. Wenn die Flamen doch noch etwas verändern wollen, müssen sie Geld auf den Tisch legen. Ist das der Hintergrund?
Vor allem ein soziales Problem
De Morgen findet: Das Brüsseler Problem ist, dass die potentiell explosiven Viertel mitten in der Stadt liegen. Verwahrloste öffentliche Infrastruktur, hohe Arbeitslosigkeit, Armut und ein unangepasstes Unterrichtswesen bilden ein brisantes Gemisch, das bisher eigentlich noch nicht oft explodiert ist. Es ist naiv zu glauben, dass ein hartes Durchgreifen der Polizei die Ursachen dieser Situation bereinigen könnte. Ein Viertel der Brüsseler Bevölkerung ist arbeitslos, und sogar jeder dritte Jugendliche. Eine Brüsseler Politik gibt es nicht, denn Brüssel ist ein institutionelles Monster, in dem elf verschiedene Behörden zuständig sind. Die neunzehn Gemeinden und die sechs La
Libre Belgique behauptet: Man muss dem Lehrpersonal, den Sozialarbeitern und Arbeitgebern die Mittel geben, die Lage zu entschärfen, ehe es zur Explosion kommt. Die Politiker müssen sich darum kümmern und nicht Angst und Hass schüren und sich in dummes gemeinschaftspolitisches und repressives Gerede stürzen.
Polizeizonen stehen jeder Koordination im Weg.
Die Flamen kennen Brüssel nicht richtig
Für Le Soir kommen die Meinungsverschiedenheiten zwischen den großen Gemeinschaften über Brüssel daher, dass die Flamen die Hauptstadt gar nicht mehr richtig kennen, sondern nur noch karikaturenhaft wahrnehmen. Sie kennen die Stadt nur als Pendler, die morgens und abends durch die abbruchreifen Bahnhofsviertel laufen. Brüssel ist trotz seiner verrufenen Viertel und seiner Strolche eine Stadt, in der es sich gut leben lässt. Vielleicht muss man die sechs Polizeizonen zusammenlegen, um der Bevölkerung eine größere Sicherheit zu gewährleisten.