Der Lage gewachsen
Le Soir spendet allen Lob, die seit Beginn des Dramas vorbildlich gehandelt haben. In Lüttich herrscht eine auffallende innere Ruhe, die sich nur durch die große Professionalität der Hilfsdienste, der Experten, der Sozialdienste und sogar der effizienten Mandatsträger erklären lässt. Die Katastrophenpläne bestehen, die Helfer sind gut ausgebildet und trainiert. Die technischen Mittel, die eingesetzt wurden sind beachtlich. Es ist gut zu wissen, dass alle, auf die man sich verlassen muss, der Lage gewachsen sind.
La Libre Belgique stellt fest: Gleich nach der Katastrophe wurden viele Fragen laut, die beantwortet werden müssen. Vor allem im Internet wurden sehr schnell Menschen für das Drama verantwortlich gemacht. Schließlich werden alle, die unberechtigt verdächtigt wurden, für immer von dieser symbolischen Lynchjustiz gezeichnet bleiben. Dabei wird man am Ende der Ermittlungen vielleicht nur das Schicksal verantwortlich machen können.
Gewerkschaftskundgebung für mehr Arbeit
Die Gewerkschaften erwarten heute 30.000 Teilnehmer an ihrer Kundgebung für die Beschäftigung, heißt es in De Standaard. Die Demonstration ist die Folge des schlechten Klimas bei den Sozialverhandlungen. Aus diesem Grund rief Premierminister Leterme gestern alle dazu auf, den Dialog wieder aufzunehmen. Mit diesem Ziel lädt er die Sozialpartner zu Beratungen mit der Föderalregierung ein, die ihre Beschäftigungspolitik verbessern will.
Het Nieuwsblad meint jedoch, dass die Regierung nicht in der Lage ist, zu einer gemeinsamen Haltung der Koalitionspartner zu finden. Je mehr die Politik schweigt, desto lauter rufen Gewerkschaften und Arbeitgeber. Beide Seiten haben berechtigte Forderungen. Die Regierung will die interne Debatte nicht führen, weil sie befürchtet, damit ihre Spaltung ins Scheinwerferlicht zu stellen. Sie hat keine Idee, in welche Richtung sie den Dialog steuern soll.
Auch die Arbeitgeber sind Opfer der Krise
De Morgen unterstreicht: Die Gewerkschaftsforderung, dass jeder ein Recht auf Arbeit hat - besonders in Betrieben, die hohe Gewinne machen - ist berechtigt. Die belgischen Arbeitgeber forderten Verständnis für ihre Situation. Sie haben tatsächlich ein Wettbewerbsproblem, und sie sind teilweise auch Opfer einer Krise, die sie nicht verursacht haben. Daher täten sie gut daran, nicht die Konfrontation mit den Gewerkschaften zu suchen, sondern sich solidarisch mit den Arbeitnehmern zu verhalten, wissend, dass echte Wohlfahrt nur in Zusammenarbeit geschaffen werden kann.
Gazet Van Antwerpen behauptet: Belgien wird sehr schnell desindustrialisiert. Nur noch 14% der Arbeitnehmer arbeiten in der Industrie. Das einseitige Denken der Gewerkschaften hilft nicht. Durch die schlechte Wettbewerbsfähigkeit der belgischen Unternehmen verliert das Land Marktanteile. Nicht nur die Arbeitnehmer sind Opfer der Krise, sondern auch große Unternehmen, kleine und mittlere Betriebe und die Selbständigen. Wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften das gemeinsam feststellen würden, könnten sie auf dieser Grundlage eine gesunde Diskussion führen.
Het Belang van Limburg betont: Es ist ein absolutes Missverständnis, dass die Betriebe Arbeitsplätze schaffen müssen. Beschäftigung ist kein Ziel, sondern eine Folge. Unternehmer müssen unternehmen. Haben sie Erfolg, führt das automatisch zu Arbeitsplätzen. Die Forderung der Gewerkschaften, die Kontrolle der Arbeitslosen einzustellen, ist unvertretbar. Wer eine Arbeitslosenunterstützung erhält, muss solidarisch sein und für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
De Tijd notiert: Die Wirtschaftskrise hat eine neue Wende genommen. Betriebe, die gerettet wurden, werden jetzt hart angepackt. Die Gewerkschaften surfen auf dieser Welle. Die Unternehmer befürchten nicht zu Unrecht, dass man sie nicht mehr hören will.
Siquet oder Regierungskrise
Das Grenz-Echo widmet seinen Kommentar der bevorstehenden Wahl des deutschsprachigen Gemeinschaftssenators. Selbst wenn der bisherige Senator Collas die ihm von der Opposition angetragene Kandidatur nicht annehmen sollte, müssen sich die Abgeordneten der Mehrheit bei der geheimen Abstimmung ausnahmslos für den Kandidaten Louis Siquet entscheiden, weil die Vertreter der Opposition gegen ihn stimmen werden. Wenn auch nur ein Abgeordneter der Mehrheit gegen Siquet stimmt oder sich enthält, hätte Siquet keine Mehrheit und die DG wahrscheinlich die erste Regierungskrise ihrer Geschichte.