Nur ein Unglück oder steckt mehr dahinter?
Vor diesem Hintergrund wirft Het Nieuwsblad die Frage auf, ob hinter dieser Katastrophe nicht mehr zu suchen ist, als ein dramatisches Unglück. Ist der bereits am Samstag gemeldete Gasgeruch tatsächlich sorgfältig kontrolliert worden? Wie kommt es, dass niemand sagen kann, wie viele Leute in dem eingestürzten Haus wohnten? Und schließlich kritisiert die Zeitung, dass in allen größeren Städten bestehende Phänomen von übervölkerten, schlecht unterhaltenen, ja sogar gefährlichen Häusern, in denen überalterte Gasboiler, verrostete Leitungen, kurzum, menschenunwürdige Wohnbedingungen leider vielfach an der Tagesordnung sind.
Eine berechtigte Warnung an die Politik
Auch Le Soir widmet der Katastrophe von Lüttich seinen Kommentar und bringt darin die Hoffnung zum Ausdruck, dass die seit Jahren immer wieder vorgetragenen Forderungen der Sicherheitskräfte und vor allen Dingen der Feuerwehren jetzt endlich bei der Politik Gehör finden. Leider ist es nämlich zurzeit so, dass die über 12.000 freiwilligen Feuerwehrleute hierzulande noch immer nicht über ein Statut verfügen, das dieses Namens würdig ist. Die rund 5.000 Mitglieder der Berufsfeuerwehren fordern bisher genauso vergeblich eine wesentliche personelle Verstärkung sowie die Modernisierung ihrer Einsatzmittel, doch auch dieser Ruf blieb bislang ungehört. Dass die Sicherheit der Bürger unter diesen Umständen nicht mehr gewährleistet ist, wurde den Politikern durch das Geschehen in Lüttich hoffentlich wieder in Erinnerung gerufen.
Nie wieder Auschwitz
La Libre Belgique widmet ihren Leitartikel dem gestrigen 65. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers von Auschwitz. Dazu heißt es u.a., die systematische Vernichtung von 6 Millionen Juden im zweiten Weltkrieg wird für die heutige Jugend mehr und mehr zu einem weit zurück liegenden Geschichtsereignis, ähnlich wie die Kreuzzüge und die französische Revolution. Es ist genau diese Banalisierung des schlimmsten Verbrechens der Menschheit, die mit allen Mitteln bekämpft werden muss. Deshalb kann man eigentlich nur bedauern, dass gestern die Präsidenten der größten Nationen dieser Erde bei der Gedenkfeier in Auschwitz nicht dabei waren.
Belgische Asylpolitik funktioniert nicht
Kommen wir zurück ins eigene Land mit dem Thema der Asylproblematik, zu der es in Gazet Van Antwerpen heißt, dass der seinerzeit verabschiedete Plan zu einer gerechten Verteilung der Asylbewerber über das ganze Land noch immer nicht korrekt funktioniert. Die Folge ist, dass sich immer mehr Asylanten auf die Großstädte Brüssel und Antwerpen konzentrieren und dort nicht nur Probleme für die Ausländerbehörden sondern auch für die Bevölkerung mit sich bringt. Wenn das so weiter geht, darf man sich nicht wundern, wenn die in Großstädten lebenden Belgier mehr und mehr zu Rassisten werden.
Mit dem gleichen Thema befasst sich auch Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Dass Belgien mehr Asylbewerber anlockt als viele andere europäische Länder, hat nach Ansicht der Zeitung drei Gründe: 1) die jüngste Regularisierungskampagne, die vielen den Eindruck vermittelt, dass man in Belgien irgendwann sowieso akzeptiert wird. 2) die Tatsache, dass abgewiesene Asylbewerber nicht mehr wirklich des Landes verwiesen werden. Und 3) die finanzielle Unterstützung, die den hier eintreffenden Flüchtlingen neuerdings wieder gewährt wird, weil die Föderalbehörde es nicht schafft, allen ein Dach über den Kopf zu besorgen. Wenn das so weiter geht, werden die Rechtsradikalen in Flandern bei den nächsten Wahlen wohl wieder deutlich Stimmen hinzu gewinnen.
Videoüberwachung ist Standard geworden
De Standaard kommentiert die ständig wachsende Zahl von Sicherheitskameras sowohl in der Öffentlichkeit als auch im privaten Bereich. Noch vor wenigen Jahren gab es darüber parlamentarische Diskussionen, doch inzwischen hat man sich daran gewöhnt, an zahlreichen Straßenecken und Gebäuden per Videokamera überwacht zu werden. Inzwischen konnten sogar einige Verbrechen dank dieses Phänomens aufgeklärt werden, sodass die Technologie im Dienste einer größeren Sicherheit inzwischen von den meisten Bürgern akzeptiert wird.