Belgische Unternehmer verlangen Respekt
Mehrere französischsprachige und flämische Tageszeitungen machen heute mit einer Imagekampagne belgischer Unternehmer auf, die unter Federführung des Unternehmerverbandes aus der Rolle des Sündenbocks in wirtschaftlich schwierigen Zeiten entkommen wollen.
De Standaard titelt hierzu "Unternehmer verlangen Respekt", und notiert, dass im Vorfeld der für Freitag geplanten Massendemonstration der Gewerkschaften auch die Unternehmerverbände jetzt um die Gunst der Bürger buhlen. Nach den herben Rückschlägen der letzten Wochen wegen der geplanten Werksschließung von Opel Antwerpen und den sozialen Unruhen beim Bierbrauer ABInBev wollen die Unternehmen im Land mit einer Medienkampagne und dem Slogan "Lasst uns unternehmen" für ein besseres Image sorgen. Ziel der Operation, so meint De Standaard, sei es, deutlich zu machen, dass Unternehmer nicht das Problem sind, sondern einen Teil der Lösung darstellen. Im Leitartikel kommentiert das Blatt, dass diese Sicht der Dinge die richtige sei. Unternehmer durch Reglementierungen und hohe Kosten in die Enge zu treiben, sei nicht wünschenswert. Ohne die Unternehmen gehe es nicht. Die Forderung nach raschem Eingreifen sei auch korrekt.
Sozialpartnerschaft gefragt
Wenn die Gewerkschaften sozial unverantwortliches Vorgehen der Unternehmen an den Pranger stellte, sei auch das richtig. Unternehmer und Gewerkschaften machten allerdings einen Fehler, kommentiert De Standaard, wenn sie sich gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben würden. Es gelte zu einer Entente zu kommen, um durch Innovation unsere Betriebe und das Sozialsystem miteinander in Einklang zu bringen. Wenn dann auch noch die Regierungsparteien endlich regieren würden, dann bestände vielleicht Hoffnung für das Land.
Het Laatste Nieuws titelt hierzu: "Politiker, tut etwas!". Wenn die Regierung keine strukturellen Maßnahmen ergreift, so meint Belgiens auflagenstärkste Zeitung, dann drohe die Konkurrenzfähigkeit hiesiger Betriebe weiter abzubröckeln und werde das Land in einigen Jahren zu einem der schwächeren Partner in Europa. Um das zu vermeiden, müssten die Lohnkosten gesenkt und mehr Über-55-Jährige in ihrem Job bleiben. Nie zuvor, schreibt die Zeitung, hätten die Arbeitgeber hierzulande mit soviel Überzeugung am gleichen Strang gezogen und zusammen Alarm geschlagen. Die politisch Verantwortlichen müssten endlich handeln. Nirgendwo anders in Europa sei zum Beispiel der Unterschied zwischen dem gesetzlichen und dem effektiven Rentenalter so groß wie in Belgien. An die Adresse die Gewerkschaften gerichtet hätten die Unternehmer auf eine heißen Herbst verwiesen, in dem es neue Tarifverträge auszuhandeln gelte.
Strukturelle Reform des Arbeitsmarkts nötig
Auch das Wirtschaftsblatt De Tijd bringt das Thema auf die Titelseite und meint, dass die Unternehmer im Lande in die Offensive gehen. Immerhin elf Arbeitgeberverbände würden sich jetzt dafür einsetzen, den Verlust an Konkurrenzfähigkeit zurückzudrängen und eine strukturelle Reform des Arbeitsmarktes voranzutreiben. Die Arbeitgeber sprechen sich für längere Lebensarbeitszeit und ein bezahlbares Kündigungsrecht aus, notiert De Tijd.
Auch La Libre Belgique macht mit der Petition der Arbeitgeber heute auf und kommentiert im Leitartikel ebenfalls, dass die Industriekapitäne im Land mit ihrem schlechten Image Schluss machen wollten. Man könne sie verstehen. Viele von ihnen würden seit Monaten mehr schlecht als recht versuchen, ihren Betrieb über die Runden zu bringen und damit gleichzeitig auch Arbeitsplätze zu erhalten. Die Kernbotschaft der Unternehmer des Landes an die Adresse von Politik und Gewerkschaften sei eindeutig: Der Ausweg aus der Krise ist nur mit den Unternehmen und nicht gegen sie zu finden.
Bankgeheimnis behindert Steuerbehörden
Le Soir bringt heute Informationen über Missstände beim belgischen Fiskus auf die Titelseite. Ein Bericht des Rechnungshofes decke auf: Bei den Steuerbehörden fehlt es an Mitteln, häufen sich die Rückstände und erschwert eine unangepasste Gesetzeslage die Arbeit. Helfen würde dem Fiskus ein Ende des Bankgeheimnisses. Ein entsprechendes Gesetz, das von den Sozialisten als Vorschlag ins Parlament gebracht wurde, könnte in einigen Wochen im Finanzausschuss der Abgeordnetenkammer diskutiert werden. Für eine Verabschiedung müsste dann allerdings noch eine Mehrheit gefunden werden, meint Le Soir.
Schließung von Opel Antwerpen schon lange geplant
De Morgen macht erneut mit dem Ende von Opel Antwerpen auf und titelt, dass Bochum die Produktion der Antwerpener Fabrik übernehme. Das Blatt berichtet über ein Geheimdokument aus dem Management des Mutterkonzerns General Motors, in dem das Antwerpener Opelwerk bereits vor geraumer Zeit zur Schließung verurteilt wurde. Die Alternative, kleine Geländewagen in Antwerpen vom Band laufen zu lassen, die von Gewerkschaften und der flämischen Regierung als Hoffnungsschimmer beschrieben worden waren, wurden in dem jetzt bekannt gewordenen Papier als uninteressant vom Tisch gefegt.
Neues Leben: Haitische Waisen in Belgien
Het Nieuwsblad und Gazet van Antwerpen schließlich bringen die Rückkehr belgischer Einsatzkräfte aus dem Erdbebengebiet in Haiti auf die Titelseite. Zusammen mit den Helfern seien gestern auch 13 Kleinkinder aus dem Karibikstaat nach Brüssel gekommen, die durch das Erdbeben zu Vollwaisen wurden. Sie wurden am Militärflughafen von Melsbroek von ihren belgischen Adoptiveltern erwartet. Die Balkenüberschrift in Het Nieuwsblad hierzu lautet: "Aus der Hölle in den Himmel".