Mit dem Mut der Verzweiflung: Noch Widerstand gegen Opel-Schließung
"Die Nachbeben der Krise erschüttern die Wirtschaft" titelt De Tijd. Dieses Jahr gingen schon 4.500 Arbeitsplätze verloren. Es ist damit zu rechnen, dass die Arbeitslosigkeit 2010 noch schneller zunimmt als vergangenes Jahr. Politiker und Gewerkschaften hoffen noch darauf, etwas für Opel Antwerpen 'rauszuholen, schreibt De Morgen. Europa ist der letzte Strohhalm.
De Standaard titelt: "Es muss schnell gehen! Der Opel-Chef macht sich nichts aus den Protesten". "Trotz 3,4 Millionen Gewinn macht Opel dicht", lesen wir im Grenz-Echo. Zusätzlich hatte das Opelwerk in Antwerpen auch noch 30 Millionen zur Sanierung der europäischen Gruppe beigesteuert. Herr Reilly hat eine falsche Entscheidung getroffen, zitiert die Zeitung einen Gewerkschafter.
"Mit dem Mut der Verzweiflung", heißt es in Het Laatste Nieuws. Ministerpräsident Peeters, der Antwerpener Bürgermeister Janssens und die Gewerkschaften versuchten alles Mögliche, um das Opel-Werk noch zu retten. Sie werden dabei von den deutschen Gewerkschaften unterstützt, weiß die Zeitung. Im Kommentar schreibt Het Laatste Nieuws: Es sieht schlecht aus. Der Kern des Problems ist, dass es für ein Drittel der in Europa produzierten Autos keinen Abnehmer gibt. Es ist nicht ein Werk zu viel, sondern ein ganzer Konzern. Opel hat sowieso den Anschluss verpasst und ist in keinem Segment mehr Marktführer.
La Libre Belgique stellt im Kommentar fest, dass die Krise Flandern sehr hart trifft. Dafür ist die angekündigte Schließung von Opel Antwerpen ein weiterer Beleg. Trotzdem ist die Basis der flämischen Wirtschaft gesund. Wenn Flanderns Wirtschaft von der Krise so hart getroffen wird, liegt das auch daran, dass sie auf weltweiten Märkten aktiv ist. Wenn die Weltwirtschaft sich wieder erholt, wird sich das auch auf Flandern sehr positiv auswirken. Abzuwarten bleibt, wie sich dann die Wirtschaft der Wallonie entwickelt.
Welche wirtschaftliche Strategie für Belgiens Zukunft?
Gazet van Antwerpen stellt fest, dass die Industrie unser Land verlässt. Große industrielle Gruppen werden abgebaut und durch effiziente Dienstleistungsbetriebe ersetzt. Das gilt auch für die Autobranche. Es ist Geldverschwendung, Energie in die Errichtung neuer industrieller Strukturen zu investieren, die langfristig doch verschwinden werden. Wir dürfen uns nicht an die Vergangenheit klammern, sondern müssen resolut in die Zukunft blicken.
Vers l'Avenir fragt im Leitartikel: Welche Möglichkeiten hat ein Staat überhaupt, um eine Beschäftigungspolitik zu führen, die Arbeitsplätze sichert, in einer globalisierten Welt, in der nur der schnelle und direkte Gewinn zählt?
Het Belang van Limburg hat hierfür ein Rezept parat: Nur wenn unsere Löhne konkurrenzfähig sind, werden die Unternehmen unser Land nicht verlassen und neue Betriebe gegründet. Dies ist nur möglich, wenn die Lohnnebenkosten sinken. Aber das geschieht nicht. Auch muss unsere Infrastruktur dauernd modernisiert werden. Die Ablehnung der "Lange Wapper"- Brücke in Antwerpen belegt, dass auch dies nicht geschieht. Deshalb sieht es nicht gut aus für unsere Wirtschaft.
ABInBev: Bierblockaden beendet, Entlassungen vorläufig verhindert
"ABInBev Belgien schließt wieder Frieden mit seinem Personal", titelt L'Echo. Der Bierkrieg ist zu Ende, die Blockaden der Brauereien wurden gestern beendet, nachdem der Konzern mitteilte, er werde auf die angekündigten 300 Entlassungen verzichten.
Auf den ersten Blick sieht es danach aus, dass die Gewerkschaften den Arbeitskampf bei ABInBev gewonnen haben, kommentiert De Morgen. Jetzt muss aber erstmal abgewartet werden, ob der angekündigte Stellenabbau tatsächlich ausbleibt. Die Gewerkschaften haben eine Schlacht gewonnen, aber noch ist der Krieg nicht vorbei.
De Standaard kommentiert: Im Grunde geht es aber um mehr. Unternehmen, die sich umstrukturieren wollen, müssen verhandeln und Respekt gegenüber ihren Arbeitnehmern zeigen. Das müssen sich sowohl ABInBev wie auch Opel Antwerpen hinter die Ohren schreiben.
De Tijd mahnt: Die jetzt zu beobachtende Polarisierung bringt überhaupt nichts. Die Betriebe und ihre Arbeitnehmer sitzen im selben Boot. Sie müssen Krisensituationen gemeinsam angehen. Gewerkschaften, Arbeitgeber und der Staat sind in diesen stürmischen Zeiten verpflichtet, gemeinsam eine Strategie zu erarbeiten. Hierbei darf es nicht nur um kurzfristige Eigeninteressen gehen.
Ein Jahr nach Kim de Gelders Bluttat
Vor genau einem Jahr richtete Kim De Gelder ein Blutbad in einer Kinderkrippe an. Het Laatste Nieuws stellt im Kommentar fest, dass sich inzwischen die Lage wieder beruhigt hat, und dass Gott sei Dank noch keine Polizeibeamten den Eingang der Kinderkrippen bewachen müssen. Jetzt wird es aber höchste Zeit, dass die Justiz endlich einen Schlussstrich zieht.
Leere Kirchen, bröckelnder Glaube
Und zum Abschuss noch ein Blick auf die Titelseite von Le Soir: Die Zeitung veröffentlicht die Resultate einer Meinungsumfrage. Demnach nennen sich 60 % der Belgier katholisch, von diesen besuchen aber nur 12 % am Sonntag die Messe. Die katholische Kirche befindet sich in einer tiefen Krise, schlussfolgert die Brüsseler Tageszeitung. Jeder dritte Katholik ist bereits vom Glauben abgefallen; dabei sind immer mehr Menschen auf der Suche nach einer neuen Spiritualität, heißt es im Kommentar. Der neue Erzbischof Léonard muss jetzt entscheiden, welche Kirche er will: Genügt ihm eine kleine homogene Gruppe überzeugter Kirchgänger, oder will er mehr Menschen erreichen?