Opel-Antwerpen vor dem Aus !?
„2600 Arbeitsplätze stehen in Antwerpen auf der Kippe“, titelt heute L'Echo. Für andere Zeitungen gibt es keinen Zweifel mehr: „Opel schießt Antwerpen“, meint etwa Het Nieuwsblad auf Seite 1. Auf der Titelseite von Gazet Van Antwerpen heißt es lapidar: „Opel -over and out“. Heute könnte n Antwerpen der letzte Vorhang fallen. Die Direktion hat eiligst eine außerordentliche Sitzung des Betriebsrats anberaumt. Was in diesem Rahmen bekannt gegeben werden soll, darüber besteht für die Gewerkschaften kein Zweifel: die Direktion wird wohl aller Voraussicht nach die Schließung des Werkes an der Schelde ankündigen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es auf dieses Krisenszenario hinaus läuft, belaufe sich auf 99,9%, zitiert De Tijd einen Gewerkschaftler. Alle Zeichen stehen auf Sturm.
La Derniere Heure, die einen Reporter nach Deutschland entsandt hatte, kann das nur bestätigen. Am Opel-Stammsitz in Rüsselsheim gibt es jedenfalls keinerlei Signale, die den Antwerpener Opelianern Hoffnung geben könnten. Man darf nicht vergessen, seit Opel Antwerpen den Astra verloren hat, wird dort nicht mehr sehr viel produziert. Die meisten Modelle laufen aus, neue sind nicht in Sicht. Die Antwerpener Pipeline ist leer.
Schließung als Erklärung
Das ist aber allenfalls das letzte Kapitel in der Chronik eines angekündigten Todes, meint De Morgen in seinem Kommentar. Allein in den letzten zwölf Monaten wurde nicht weniger als siebenmal auf der Grundlage von Gerüchten oder unter Berufung auf betriebsinterne Quellen die Schließung von Opel Antwerpen angekündigt. Für die Mitarbeiter war diese permanente Unsicherheit die Hölle. Vor diesem Hintergrund wären selbst schlechte Neuigkeiten fast schon eine Erlösung. Im Nachhinein stellt sich die Frage, ob dieses Mürbemachen nicht längst Teil einer Strategie war.
Auch Het Nieuwsblad hebt hervor, dass die Mitarbeiter von Opel Antwerpen heute höchstwahrscheinlich endlich Klarheit haben werden. Sie haben nämlich längst nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera. Entweder man lebt weiter mit der Unsicherheit oder aber, man weiß, dass es vorbei ist. Keine von beiden Alternativen ist wirklich beneidenswert. Das ist aber immer noch besser als eine mögliche dritte Alternative: irgendeine vage Ankündigung, wo zwar von einer möglichen Schließung die Rede ist, man aber halbherzig verspricht, die Sache noch abschließend prüfen zu wollen. Wieder eine Nebelgranate zu werfen, wäre unverantwortlich.
Blick nach vorne
Heute kommt es in jedem Fall darauf an, einen kühlen Kopf zu bewahren, meint Gazet Van Antwerpen. Kommt es, wie es kommen muss, dann werden die Gewerkschaften sicherlich das Kriegsbeil ausgraben. Schon jetzt deutet sich ja eine Belagerung der Fabrik an. Das ist legitim, bringt uns aber letztlich keinen Schritt weiter. Im Vielmehr wird man schon bald mit Opel über einen angemessenen sozialen Begleitplan verhandeln müssen. Und später dann sollte man über eine mögliche neue Zukunft für das Werk nachdenken.
AB-InBev: Entschlossenheit auf allen Seiten
Während bei Opel zum jetzigen Zeitpunkt nur ein Sozialkonflikt droht, ist der beim Bierbrauer AB InBev bereits seit zwei Wochen im vollen Gange. Weil die Direktion im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen rund 260 Arbeitsplätze abbauen will, blockieren die Gewerkschaften die Produktionsniederlassungen von Löwen Jupille und Hoegarden. Die Auseinandersetzung zwischen Direktion und Gewerkschaften hat ein durchaus bemerkenswertes Ausmaß angenommen, meint dazu Le Soir. Das hat auch damit zu tun, dass es sich hier um ein Unternehmen handelt, das jeder kennt, weil es eben Produkte herstellt die jeder kennt. Der Löwener Bierbrauer, der inzwischen zu einem anonymen Multinational geworden ist, hat aber das Kunststück fertig gebracht, innerhalb weniger Jahre zu einem wahren Hassobjekt zu werden.
Mit dem belgischen Einfluss in dem Unternehmen ist auch dessen Gespür für die soziale Realität in Belgien verloren gegangen, fügt La Libre Belgique hinzu. Zugleich zeigt der Konflikt die Ohnmacht der Politik gegenüber der globalisierten Wirtschaft.
L'Echo indes ruft Direktion und Gewerkschaften zum Dialog auf. Das Blatt stellt sich zudem die Frage, wer hier langfristig mehr zu verlieren hat. Die Gewerkschaften sollten nicht vergessen, dass AB InBev auch nach der umstrittenen Umstrukturierung, immer noch ein großer Arbeitgeber in diesem Land ist.
Wirbel um „Daerden-Connection“
Viele Zeitungen beleuchten heute auch noch einmal das, was man längst die „Affäre Daerden“ nennt. Das von Michel Daerden gegründete und von dessen Sohn weiter geführte Buchprüfungsunternehmen war, bzw. ist ja für Institutionen der öffentlichen Hand tätig. Und das stellt einen Interessenkonflikt dar. Die wallonische Region hat jetzt 15 solche Verträge ausgesetzt. Der „Daerden-Stall“ wird jetzt ausgemistet, notiert dazu Le Soir.
Vers l'Avenir spricht in diesem Zusammenhang aber von Scheinheiligkeit. Die Vorwürfe der Interessenverquickung an die Adresse von Michel Daerden sind alt. Die Reaktion kommt viel zu spät. Außerdem haben auch MR und Ecolo, die jetzt am lautesten wettern, die umstrittenen Verträge zum Teil selbst abgesegnet, als sie in der Regierung saßen. Allgemeine Amnesie.
Solidarität mit Haiti
Viele Zeitungen schliesslich werfen einmal mehr einen Blick auf Haiti. Het Laatste Nieuws und auch De Standaard berichten auf mehreren Sonderseiten über die Folgen der katastrophalen Erdbeben. Dies auch im Hinblick auf die TV-Spendengala, die heute Abend sowohl in Flandern als auch in der Wallonie stattfinden werden. in beiden Landesteilen eine Gemeinschaftsproduktion der jeweils öffentlich rechtlichen und privaten Sendeanstalten. In seinem Leitartikel appelliert De Standaard an die Solidarität der Belgier.
Zwar stimmt es, dass seine korrupte Vergangenheit nicht unbedingt für Haiti spricht, das ist aber immer noch kein Grund die Menschen dort im Stich zu lassen.