Das Ende der Welt
Vielfach wird die Zahl der Toten auf rund 50.000 geschätzt, doch geht Het Laatste Nieuws noch einen erheblichen Schritt weiter, indem es bis zu 500.000 Todesopfer befürchtet.
La Derniere Heure bringt die Schlagzeile "Wir haben das Ende der Welt erlebt", und La Libre Belgique fügt hinzu: Der Wettlauf gegen den Tod hat begonnen.
De Morgen fasst die Lage in der am stärksten betroffenen Hauptstadt Port-au-Prince mit den Worten zusammen: Das Wenige, was es dort gab, besteht nicht mehr. Nicht nur die Armenviertel sind am Boden zerstört, sondern auch die meisten Straßen, die Krankenhäuser und die Schulen. Vor diesem Elend fragt man sich, wie in diesem Land ein Wiederaufbau eines Tages möglich sein wird, zumal Haiti auch ohne die Naturkatastrophe seit Jahren bereits am Rande des Abgrunds lebte.
In diesen Abgrund, so beschreibt es die Korrespondentin der Zeitung De Standaard, ist das Land jetzt hineingestürzt. Weiter heißt es im Kommentar der Zeitung, Katastrophen bieten meistens auch eine Chance und dies wäre für Haiti der Fall, wenn die jetzt ins Land strömende Nothilfe in eine strukturelle Entwicklungszusammenarbeit übergehen könnte. Wenn die internationalen Hilfsorganisationen wieder abgezogen sind, muss die begonnene Arbeit durch die einheimische Bevölkerung fortgesetzt werden. Es darf absolut nicht so sein, dass die Welle der Solidarität nichts weiter ist als eine Stichflamme, die wieder erlischt, wenn Haiti aus den Weltnachrichten verschwunden ist, so urteilt De Standaard.
Wo bleibt das koordinierte Vorgehen der EU?
Le Soir berichtet über das innenpolitische Nachspiel des Bebens bei der gestrigen Sitzung der Kammer, wo der cdH-Abgeordnete Dallemagne vorschlug, Belgien sollte seinen EU-Vorsitz nutzen, um ein europäisches Hilfskorps auf die Beine zu bringen, das in Katastrophenfällen wichtige Hilfe leisten könnte. Derweil regte der sozialistische Abgeordnete Flahaut an, die Organisatoren der Brüsseler Automobilmesse sollten pro Besucher einen Euro für Haiti spenden. So könnte ein Betrag von rund 600.000 Euro zustande kommen.
Auch Gazet Van Antwerpen bedauert, dass Europa sich auf humanitärer Ebene zwar immer häufiger einsetzt, doch im Kampf gegen Naturkatastrophen bislang ein kohärentes Vorgehen vermissen lässt. Wenn jedes EU-Land individuell entscheidet, welche Hilfe es im Katastrophenfall leistet, ist das Chaos so gut wie vorprogrammiert. Deshalb sollte die Europäische Kommission einen Katastrophenplan ausarbeiten, damit die Regierung eines jeden Landes vorab weiß, was von ihr erwartet wird.
Mindestens ein Euro pro Belgier
Het Laatste Nieuws schlägt in seinem Leitartikel vor, Belgien sollte wenigstens einen Euro pro Einwohner für die Opfer der Katastrophe zur Verfügung stellen. Weiter heißt es: Eigentlich ist es eine Schande, dass Amerika als reichstes Land der Welt in unmittelbarer Nachbarschaft Haitis liegt und dort auch bereits des öfteren militärisch interveniert ist, doch es andererseits nicht geschafft hat, die Armut auf Haiti in ein Minimum an Wohlstand umzuwandeln. In dieser Hinsicht hat Obama zweifellos noch einiges nachzuholen.
La Libre Belgique begrüßt in ihrem Kommentar, dass sich hierzulande mehrere Hilfsorganisationen zusammengeschlossen haben, um möglichst effizient Hilfe anzubieten. Andererseits bedauert die Zeitung, dass andere Vereinigungen, die im humanitären Bereich aktiv sind (wie z.B. Ärzte ohne Grenzen) sich diesem Konsortium nicht angeschlossen, sondern sich für einen Alleingang entschieden haben.
Elektroauto als Star des Autosalons
Was das Inlandsgeschehen betrifft, berichten mehrere Zeitungen über die Eröffnung des Brüsseler Autosalons, auf dem - wie Vers l'Avenir hervorhebt - das Elektroauto die große Neuigkeit darstellt. Die grüne Revolution auf den Straßen, so mutmaßt die Zeitung, wird allerdings nur sehr langsam voran gehen, nicht zuletzt wegen des hohen Preises dieser Autos und der nötigen Batterie-Aufladestellen, die erst einmal geschaffen werden müssen.
Ein Erzkonservativer als Danneels Nachfolger?
Indessen kommentiert Het Nieuwsblad die Nachfolge von Kardinal Danneels, für die der Bischof von Namur, André-Mutien Léonard, offenbar die besten Chancen hat. Als Erzkonservativer könnte Léonard nicht nur die lauen Christen, sondern auch tiefgläubige Katholiken vor den Kopf stoßen, die die Kirche weiter modernisieren möchten. Ehe Papst Benedikt sich für den Bischof von Namur entscheidet, wird er abwägen müssen, ob die katholische Kirche Belgiens es sich leisten kann, die Menschen, die im Glauben noch guten Willens sind, einfach weg zu jagen.